Feist im Interview

„Es klingt nach Herbst, es ist sechs Uhr abends und ein Sturm nähert sich dir.“ Leslie Feist über Kreativpausen, Erfolg und das neue Album „Metals“.

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Lange war es still um Feist: Nach dem internationalen Charterfolg des Albums “The Reminder“ verweilte die Gruppe im Rückzugsgebiet des post-kommerziellen Durchbruchs. Hit-Singles und ein Werbedeal mit Apple machten die Indie-Band plötzlich berühmt und Formatradio tauglich. Was folgte, war ein Rückzug, vorangestellt mit der künstlerischen Frage, warum man eigentlich Musik macht. Die Stille hat nun Früchte getragen: Im Herbst erscheint mit “Metals“ (VÖ: 30.9.) nach vierjährigem Schweigen das dritte Album der Band. Was von der neuen Platte zu erwarten ist, warum eine Kreativpause nötig war und wie sie mit dieser Sache namens Erfolg umgeht, darüber gab Frontfrau Leslie Feist in einem Interview in Paris Rede und Antwort.

Seit dem zweiten Feist Album “The Reminder“ sind mittlerweile vier Jahre vergangen. Wie hast du die Zeit verbracht?

Zwei davon habe ich mit Touren verbracht, die anderen zwei Jahre bestanden aus einer Auszeit. Wir waren ohne Pause unterwegs, es war einfach an der Zeit, “Stop“ zu sagen. Ich habe ein langes Kapitel meines Lebens damit verbracht, in Bewegung zu sein. Wenn man die Zeit vor “The Reminder“ mit dazu rechnet, waren es nicht zwei, sondern sieben Jahre ständiges Touren und Unterwegs-Sein. Ich brauchte eine Vollbremsung und Zeit, um alleine zu sein. “Metals“ ist exakt das: Das Kapitel der endlosen Tourneen und der langen Pause. Die Musik ist moody und roh, sie ist viel privater und intimer ausgefallen als die ersten zwei Alben.

Wie war die Atmosphäre im Studio bei den Aufnahmen der neuen Songs?

Die Aufnahmen fanden an der kalifornischen Küste, in einer felsigen, wilden Gegend bei Big Sur statt. Es war der epischste Ort auf der ganzen Welt für mich. Die Klippen waren hunderte Meter hoch, die Trennlinie zwischen Ozean und Land war so klar und schön. An einer dieser Klippen haben wir unser Aufnahmestudio aufgebaut. Es ist ein kleines, in einen Fels gemauertes Haus, das vorher als Malstudio verwendet wurde. Die Aufnahmen selbst verliefen für mich in Anbetracht des “being there“-Gefühls in dieser wunderschönen Landschaft ganz kurz: In zweieinhalb Wochen hatten wir das gesamte Material eingespielt.

Als du mit Feist begonnen hast Musik zu machen, wart ihr hauptsächlich in der Indie-Szene bekannt. Seit “The Reminder“ kennt euch aber so ziemlich jeder. Wie gehst du mit dem Erfolg um? Hat er dein Leben als Musikerin und/oder dein Privatleben verändert?

Natürlich haben sich die Dinge verändert – aber nur ein wenig. Am meisten sind mir die Veränderungen jedenfalls im Live-Setting aufgefallen: Auf einmal kam eine ganz andere Art von Leuten zu den Konzerten, die Gigs und Bühnen wurden immer größer. Aber ich habe immer Versucht, meinen Teil der Gleichung im Gleichgewicht zu halten. Meine Motivationen, Songs zu machen, haben sich nicht verändert. Es geht mir darum, die Musik zu machen, die mir wichtig ist. Die Motivation beim Songschreiben ist, das “Unbekannte“ zu ergründen und es in eine Rahmung zu bringen, zu verarbeiten: Die Komplikationen der zwischenmenschlichen Erfahrungen, Dinge, die wahr geworden sind, und Dinge, die sich als falsch erwiesen haben. Das Leben kann so schnell in Unordnung versinken – Songwriting ist mein Weg, Sinn und vielleicht auch ein wenig Klarheit in das alles zu bringen. Es ist ein Weg, sein Leben in Kapitel aufzuteilen.

Wie glaubst du, werden deine Fans auf das neue Album reagieren? Ist “Metals“ mehr Pop- oder Indie-orentiert ausgefallen?

Ich selber wäre mit beiden Bezeichnungen glücklich. Und natürlich würde ich mir wünschen, dass das Album positive Reaktionen hervorruft. Aber am Ende geht es darum, ob die Leute darin etwas sehen oder finden, das sie ehrlich mögen. Dann müssen Bezeichnungen wie “Indie“ oder “Mainstream-Pop“ keine Widersprüche zueinander sein – ich bringe Dinge in mein Leben, die ich mag, und halte mich von Dingen fern, die ich nicht mag. Am meisten wünsche ich mir ehrliche Reaktionen hinsichtlich des Albums.

 

Gibt es Lieder auf dem neuen Album, auf die du besonders stolz bist?

Das ist schwer zu sagen. Ich glaube, ich tue mein Bestes, um keine Favoriten haben zu müssen. Es gibt Musiker, die wissen während der Aufnahmen bereits: Der Track kommt aufs Album, das wird eine B-Seite, das wird eine Single. Ich kann und will die Songs nicht nach so einem Muster ordnen. Gewissermaßen sind sie alle meine Kinder, ich könnte nicht sagen, welcher mir lieber als der Andere ist.

 

Welche Jahreszeit assoziierst du mit “Metals“? Frühling, Sommer, Herbst oder Winter?

Eine gute Frage (lacht). Ich glaube, es klingt nach Herbst, es ist sechs Uhr Abends und ein Sturm nähert sich dir.

Was bedeutet der Albumtitel für dich?

Der Raum um mich herum ist voller Metall: Metall-Lampen, ein Metall-Fernseher, dekorative Metall-Schwäne. Es geht um das Physische von Metall: Es ist schwer, es ist hart, es schmilzt, es ist veränderbar, es entsteht im Kern der Erde. Metall ist im Zentrum des Planeten und überall um uns herum – es kann in schöne Objekte, in Gebäude, in Technologie, in Space-Shuttles verwandelt werden. Metalle sind “rohe“ Elemente, die schon immer vom Menschen verwendet wurden und deren Form und Gebrauch einem steten Wandel unterliegen. Der menschliche Geist formt die Gestaltung des Elements – es geht darum, was wir daraus machen, welche Form und welchen Sinn wir ihm geben.

 

 

„Metals“ von Feist erscheint am 30. September via Universal. Einen Vorgeschmack auf das neuer Material gibt es auf www.listentofeist.com

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