Foo Fab Four

Bloc Party über ihr neues Album, Bassist Gordon Moakes und Drummer Matt Tong erzählen uns im Rahmen des FM4 Frequency Festivals über ihr brandneues Album „Four“, ihre wichtigsten musikalischen Einflüsse und ihre wieder gefundene exzellente Bandchemie.

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Bei Festivals gibt es hie und da so etwas wie den „perfekten Moment“, ein Zeitpunkt, an dem alles passt, Gemütslage, Witterung, Lichtstimmung, die einen umgebenden Personen und natürlich die gerade auf der Bühne agierende Band. So geschehen beim Auftritt von Bloc Party beim FM4 Frequency Festival: die Hitze des Tages verebbt langsam mit der untergehenden Sonne, die Stimmung rundherum ist prächtig und Sänger Kele fordert zum gegenseitigen Umarmen auf. Dazu spielt die Band Songs wie „So Here We Are“, „This Modern Love“ oder „One More Chance“ – und alles ist gut.

Nur wenige Stunden davor traf The Gap Bassist Gordon Moakes und Drummer Matt Tong zum Interview. Moakes ist gerade dabei, ein paar Schachfiguren zu verschieben. Ob ich ihn jetzt bei seinem Spiel störe? Nein, er versuche nur gerade, ein paar spezielle Züge zu probieren, antwortet der etwas ausgelaugt wirkende Bassist & Keyboarder mit sehr leiser Stimme, während sich Drummer Matt Tong von Beginn an sehr höflich-zurückhaltend gibt. Die Veröffentlichung des neuen vierten Studioalbums, simpel „Four“ betitelt, steht kurz bevor, die beste Gelegenheit also, um ein wenig über das neue Werk zu plaudern.

Auf der Band-Website findet sich ein Brief von Sänger Kele, in dem er über “Four” schreibt: “It is the best thing that we have ever done… it is the sound that only the four of us could make and I am prouder of it than any record we have ever made.” Wie sehen das die anderen Bandmitglieder?

Gordon Moakes: Es ist wahrscheinlich das am meisten gleichberechtigte Album, das wir bisher gemacht haben, was den Input der ganzen Band betrifft. Wir sind immer sehr froh, wenn wir ein Album fertig gestellt haben. Dabei ist es manchmal schwierig selbstreflektiert zu sein, aber es ist ein Album geworden, auf das wir stolz sein können, jeder einzelne von uns. Wir sind glücklich darüber, weil es in gleichen Maßen von uns allen stammt, es ist mehr ein Band-Album geworden als die anderen davor.

Wie sieht das bei euch aus, schreibt ihr die Songs gemeinsam oder individuell?

GM: Meistens kommt Kele mit einer ungefähren Idee oder Struktur für einen Song, das können ein paar Akkorde sein, oder es beginnt mit einem Gitarrenriff, das von Russell (Russell Lissack, Gitarrist, Anm.) stammt. Das ist erst mal eine grobe Skizze, wie der Song ungefähr aussehen soll. Und manchmal geben wir dann Elemente dazu oder verändern ein wenig die Richtung. Das heißt, die Grundidee stammt meist von einer Person und die Details und Arrangements werden in der Band gemeinsam erarbeitet.

Mein erster Eindruck war, dass es sehr rockig geworden ist. War das beabsichtigt?

GM: Nachdem wir ein Band-Album machen wollten, basierend auf Gitarre, hat es sich so ergeben. Jeder von uns hat auf der Gitarre experimentiert, es war wie ein Erforschen der Möglichkeiten, was alles mit Gitarre möglich ist. Als wir als Band begonnen haben, hat man uns als Rockband gesehen, aber wir haben immer versucht, verschiedenste Elemente und Einflüsse zu integrieren. Diesmal haben wir uns hingesetzt und uns auf unsere Einflüsse konzentriert, die mehr in Richtung straight-out rock gingen.

Was waren zum Beispiel die Einflüsse für euer neues Album?

GM: Nun, Bands wie Smashing Pumpkins, Sonic Youth, Weezer, in diese Richtung.

Ich habe hier ein weiteres Zitat aus Kele´s Brief: “We have to challenge ourselves by not relying on Pro Tools…”. (Pro Tools ist eine Profi-Software zur Musikproduktion, Anm.) War das ein selbst auf erlegtes Credo für das neue Album?

GM: Nun, es ist witzig, denn wir haben erst im Laufe der Jahre gelernt, gut zu spielen und gute Musiker zu sein.

MT: Ich denke wir wollten etwas kreieren, das etwas mehr nach uns klingt, so wie wir live performen, was wir davor noch nie probiert haben. Der Fokus lag also auf unserer musikalischen Interaktion, besonders in den Wochen, bevor wir mit den Aufnahmen zum Album begonnen haben. Wir haben viel Zeit mit unserem Produzenten Alex Newport verbracht, um Arrangements auszuarbeiten und um die Songs richtig gut spielen zu können. Und ich denke, das hat uns geholfen, unsere Abhängigkeit von Computern etwas zu lösen.


Das erinnert mich an ein Statement von Dave Grohl, der mit den Foo Fighters vergangenes Jahr auf diesem Festival gespielt hat, wobei er sagte: “no computers, just fucking rock´n´roll”, ist das eine vergleichbare Haltung?

GM (lacht): Ich wäre sehr überrascht, wenn das letzte Foo Fighters Album wirklich ohne Computer entstanden ist. Aber im Prinzip schätze ich das sehr, auf Tonband aufzunehmen und sich mehr auf seine musikalischen Fähigkeiten zu konzentrieren als Dinge zu programmieren, sich also auf die Stärke des Musikers zu verlassen und nicht auf die des Tontechnikers. Natürlich kann man hier auch einen Mittelweg gehen, aber unsere Idee war es, eine Platte zu machen, die klingt als wäre sie live eingespielt worden.

Aber es gibt schon noch elektronische Elemente auf dem Album, oder?

GM: Nun (pausiert), wir haben Pro Tools benutzt (lacht). Aber was die akustischen Elemente betrifft, gibt es nichts Elektronisches, es gibt keine Synthesizer und keine Programmierungen auf dem Album.

Gibt es einen Kontext, unter dem man das neue Album sehen kann? „A Weekend In The City“ drehte sich um das Leben in London, „Intimacy“ hatte sehr persönliche Texte von Kele, gibt es eine Art Grundthema, von dem das neue Album handelt?

GM: Bezüglich dem was ich bei Interviews aufgeschnappt habe, die Kele gegeben hat, gibt es keines (lacht). Er sagt, er hat sich beim Schreiben der Texte nur auf das konzentriert, was ihm im Moment eingefallen ist, ohne es zu viel zu überdenken. Vielleicht hatte er manchmal ein Thema in seinem Kopf, aber es war mehr eine unmittelbare Reaktion auf die Musik. „Four“ ist vermutlich das am wenigsten konzeptionelle Album, die Songs stehen mehr für sich selbst.

Es ist schade, dass das Album erst kommende Woche erscheint, da viele Leute hier am Festival die neuen Songs noch nicht kennen werden, wie präsentiert bzw. wie verkauft ihr dem Publikum neue Songs?

MT: Nun, das Album gibt es online zu hören, als Stream auf unserer Homepage. Daher sind die Songs schon manchen bekannt, und bisher hatten wir durchwegs gute Erfahrungen beim Spielen der neuen Songs.

Bevorzugt ihr es auf Festivals zu spielen oder mögt ihr lieber kleinere Club-Gigs?

MT: Es kommt drauf an, man kann sich seiner Sache nie sicher sein, wenn man auf Festivals spielt, da man nicht immer nur vor seinen Fans spielt. Von Zeit zu Zeit kommt dabei ein Auftritt heraus, der wirklich großartig und aufregend ist. Ich persönlich aber bevorzuge es, auf Tournee zu gehen und Einzelkonzerte zu geben, da ich Festivals sehr entfremdend finde.

Wir haben zuerst von Einflüssen gesprochen, das Gitarrensolo auf eurer neuen Single „Octopus“ erinnert ein wenig an das Intro des AC/DC-Songs „Thunderstruck“, würdet ihr mir da zustimmen?

GM (lacht): Wirklich? Ich kenne den Song gar nicht. Kennst Du ihn (zu Matt)?

MT: Ja, es ist eine Art Finger-Tapping. Es gab vor ein paar Jahren einen sehr populären Remix davon.

GM: Ist das nicht der berühmte Daft Punk-Song (singt die Gitarrenlinie nach)? („Aeordynamic“ von Daft Punk orientiert sich stark an der Melodie von „Thunderstruck“, Anm.) Ich denke, Daft Punk hat einen größeren Einfluss auf uns als AC/DC. Das Schöne daran ist die Art wie Classic Rock in einer Art und Weise benutzt wird, die nichts mit Rock zu tun hat. Nun kann man sagen, dass man einerseits von Classic Rock beeinflusst wurde oder durch die Neuinterpretation. Glücklicherweise spielt Russell gut genug, er könnte in diesen klassischen Rockbands spielen.

Russell hat zwischendurch bei Ash gespielt, richtig?

GM: Ja, stimmt, Ash würde ich zwar nicht als klassische Rockband bezeichnen, aber als klassische Indieband (lacht). Manche seiner Solos klingen auch nach Ash, vor allem die Wah-Wah-Solos.

Als ich das erste Mal etwas von Bloc Party hörte, war ich natürlich einerseits von den Songs beeindruckt, was mich aber ebenso verblüfft hat, war deine Art Schlagzeug zu spielen, Matt. Hast du deinen eigenen speziellen Stil kreiert?

MT: Nein, nicht wirklich. Ich habe schon vor Bloc Party Schlagzeug gespielt, aber nie in einer Band. Erst als ich in einer Band war, habe ich mich auf Songwriting und individuelle Spielweise konzentriert. Ich denke, die Energie, die man in unseren Alben hört, kommt von mir. Aber diese Spielweise mit dem schnellen 16tel-Beat und die Mischung aus Dance und Punk war davor nicht mein Ding. Diese Art zu spielen habe ich erst durch das Zusammenspiel mit meinen Bandkollegen gelernt.

GM: Aber auf dem neuen Album gibt es weniger von diesen Beats, oder? Ist das nicht mehr dein natürlicher Stil?

MT: Ja, ich denke auf dem neuen Album spiele ich mehr in der Art, wie ich normalerweise spiele. Aber es kommt ja nicht immer drauf an, wie gut jeder individuell ist, bei diesem Album ging es uns darum, eine gemeinsame Stimme als Band-Kollektiv zu finden.

GM: Ich finde, du bist viel zu bescheiden, du bist ein großartiger Drummer. Dein Beitrag in der Band ist sehr inspirierend. Auch wenn du glaubst, du bist erst durch uns zu deinem Still gekommen, denke ich, dass sehr viel aus dir selbst heraus passiert ist, dass du deinen eigenen Matt Tong-Stil kreiert hast.

MT (hörbar erfreut): Oh, vielen Dank!

"Four" von Bloc Party erscheint am 24. August via Universal.

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