Frequency, sei Dank!

Was bringt das FM4 Frequency Festival der Stadt St. Pölten? Bürgermeister Matthias Stadler über das neue Image der Stadt, die New Design University, das umstrittene Lames-Kulturareal – und warum St. Pölten europäische Kulturhauptstadt werden soll.

Abgesehen vom neuen Standort in der alten Glanzstofffabrik: Der New Design University ist mit der Bestellung des neuen Rektors Schmidt-Wulffen ein ziemlicher Coup gelungen. Wo sehen Sie die NDU in fünf oder zehn Jahren?

Die NDU sehe ich erstmals an einem anderen Standort, nämlich im Wifi Gebäude und nicht mehr im ehemaligen Glanzstoffareal! St. Pölten ist laut Wirtschaftskammer das Zentrum für Kreativwirtschaft in Niederösterreich. In diesem Sektor wollen wir uns noch verbessern. Aber auch Schwerpunkte wie "Technik" sollen stärker eingebunden werden. Meiner Meinung nach muss es mit der NDU und der FH St.Pölten nicht vorbei sein, was universitäre und Hochschuleinrichtungen betrifft. Eine Stadt, die wirklich ernsthaft Landeshauptstadt sein will, braucht universitäre Einrichtungen und Hochschulen, um junge Köpfe und die Intelligentesten und Qualifiziertesten einer Generation in der Stadt zu halten. Was die Fachhochschule betrifft, wollen wir uns in den nächsten Jahren vor allem auf drei Schwerpunkte konzentrieren: Kreativwirtschaft und Innovationen, Klein- und Mittelbetriebe, Gesundheitssektor. Ich sehe aber auch im Bereich vieler technischer Felder und mit FH-Studiengängen wie "Eisenbahntechnik" eine Möglichkeit, sich stärker zu vertiefen.

Wenn sich St. Pölten mehr und mehr als Bildungsstandort etabliert. Wie sieht es denn mit der Wohnsituation für Studierende aus?

Wir haben mit 600 Plätzen in Studentenwohnheimen und mehreren privaten Unterbringungen momentan genügend Wohnplätze für Studierende. Städtebaulich geht sich da also noch so einiges aus. Wenn wir in St.Pölten etwas haben, dann ist das Entwicklungsfläche!

Ein nicht verordnetes, sondern organisch gewachsenes Projekt der vergangenen Jahre ist das Kulturareal Lames mit dem Festival Parque del Sol. Die Aktivisten dahinter lagen lange im Clinch mit der Stadt, wurde aber vom Land unterstützt. Wie ist aktuell das Verhältnis?

Die Stadt liegt nicht im Clinch mit Lames, ganz im Gegenteil: Wir haben diese Projekt immer gerne gefördert. Von Seiten der Stadt gibt es allerdings folgendes Problem: Das Areal ist seit Jahren an einem Wohnbauträger verkauft, weswegen es vom Land Niederösterreich auch grünes Licht für Großraumprojekte gibt. Ich schätze die Arbeit von Lames sehr und habe auch immer versucht, den Akteuren alternative Grundstücke und Areale für längerfristige Verträge zur Verfügung zu stellen. Die Gruppe Lames will ihren jetzigen Standort beibehalten – was ich angesichts bisheriger Investitionen durchaus verstehe. Allerdings hat man immer gewusst, dass dieses Grundstück eine Übergangslösung ist. Das ist der einzige Konfliktpunkt.

Ist das der Grund,warum sich die Stadt das Projekt Lames im Gegensatz zum Frequency Festival nicht auf die Fahnen heftet?

Ich habe den Eindruck, dass die Gruppe Lames ein derartiges Engagement als Vereinnahmung durch die Stadt sehen würde. Während der Jahre wurde meiner Meinung nach auf eine eigenständige und unabhängige Öffentlichkeitsarbeit Wert gelegt. Durchaus erfolgreich, wie man anhand ihres Jahres-Events "Parc del Sol" sieht.

Es gäbe sicher auch andere Formen der Unterstützung, ohne Lames gleich zu vereinnahmen…

Bei mir sind grundsätzlich alle Türen offen. Aus Erfahrung weiß ich, dass manche Künstler Vorbehalte haben, etwa aus Angst, einer politischen Farbe zugeordnet zu werden. Ein Problem bei der Gruppe Lames ist aber auch, dass die Exponenten beispielsweise für eine "Youngsters of Art"-Auszeichnung mittlerweile zu alt sind, für den Prandtauer-Preis für ein Lebenswerk allerdings noch zu jung.

Es gibt das Gerücht, dass sich St. Pölten als europäische Kulturhauptstadt bewerben möchte. Was ist da dran?

Die Entscheidung wird irgendwann in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts anstehen, wenn Österreich wieder an der Reihe ist, eine Kulturhauptstadt zu stellen. Ich war bei der letzten Situation, als Linz den Zuschlag bekommen hat, noch nicht Bürgermeister, aber der Meinung, dass sich St.Pölten hier unbedingt positionieren soll. Graz und Linz waren bereits an der Reihe, Salzburg und Wien haben sich bereits als kulturelle Zentren Österreichs etabliert und eine derartige Auszeichnung nicht mehr nötig. Meiner Meinung nach hat St.Pölten eine realistische Chance für 2020. Allerdings ist St.Pölten vom Bevölkerungs- und Finanzvolumen nicht Graz und nicht Linz. Falls man sich finanziell nicht übernimmt und trotzdem die die Attraktivität einer Kulturhauptstadt erhalten bleibt, kann ich mir das sehr gut vorstellen.

Was fehlt St.Pölten denn noch zur Kulturhaupstadt?

Kultureinrichtungen wie Ateliers, in denen Künstler sich über einen gewissen temporären Raum verwirklichen können. Aber auch die Idee eines Skulpturenparks, die Verknüpfung von Kunst und Natur unter dem Namen "Kunst am See" und ein größeres Kongresszentrum waren im Gespräch. Vor allem aber müssen bis dahin Land, Bund, Sponsoren, EU und die Bürger gleichermaßen überzeugt sein.

Sollten Sie 2020 noch Bürgermeister sein, werden sie sich also bewerben?

Wenn ich bis dahin auch die Gemeinde überzeugen kann, werde ich das tun, weil ich darin eine nachhaltige Chance sehe, die Stadt Imagemäßig und kulturell zu positionieren. Wenn man sich innerhalb Österreichs etablieren möchte, braucht man eine Veranstaltung wie die Kulturhauptstadt: um ernst genommen zu werden.

Mathias Stadler, 47, ist Bürgermeister der Stadt St.Pölten und seit der Landtagswahl im März 2013 geschäftsführender Landesvorsitzender der SPÖ Niederösterreich.

Bild(er) © Der St.Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler im Gespräch mit Franziska Tschinderle und Thomas Weber. ©Josef Vorlaufer 
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