Die vielen Leben des Le Corbusier

Le Corbusier ist 50 Jahre tot – sein Einfluss als womöglich wichtigster Architekt des 20. Jahrhundert aber deutlich spürbar. Grund genug, 10 überraschende Fakten über ihn hervorzukramen, die die Baustellen seines Lebens offenlegen.

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Der Architekt mit dem Psyeudonym Le Corbusier setzte nicht nur während seiner Lebenszeit neue Maßstäbe in der Welt der Architektur, die Nachwehen seiner teilweise revolutionären architektonischen Ansätze waren auch noch über sein rätselhaftes Ableben hinaus spürbar. Viele Rätsel gibt sein Leben aber auch sonst noch auf – vor allem an jenen Ecken und Enden des Architekten-Lebens, die direkt an die Abgründe führen. Dieser Lebensweg führt verschlungen an utopischen Stadtbildern, der französischen Stadt Vichy, Mussolini und Salvador Dali vorbei.

Le Corbusier war im Höhenflug nach Utopia unterwegs

In seinen Entwürfen für Ville Contemporaine, eine Ansammlung von Hochhäusern mit jeweils sechzig Stockwerken, die niemals gebaut wurden, hatte er geplant, alle mit eigenen Flugplätzen am Dach auszustatten. So sollte man ganz bequem von einem zum nächsten fliegen können – was wie ein Super Mario Videospiel klingt, war vom Architekten mit den dick umrahmten Brillengläsern durchaus ernst gemeint.

Le Corbusier wollte aufräumen. Sie ließen ihn aber nicht

Le Corbusier machte sich nicht nur mit seinen utopischen Hirngespinsten, sondern auch mit real-politischen Anmaßungen ein wenig unbeliebt – seine Ideen verpackte er 1935 in "La Ville Radieuse". Der damit einhergehende Aufruhr ist auf seine Annahme zurückzuführen, dass pure und industrialisierte Architektur – "ein gesäubertes Stadtbild" – der einzige Weg zur Verhinderung einer Klassen-basierten Stratifizierung ist.

Le Corbusier verbaute sich seine politische Zukunft

"La Ville Radieuse" markiert auch den Startpunkt von Le Corbusiers wachsender Unzufriedenheit mit dem Kapitalismus und seiner Hinwendung zum rechten Syndikalismus von Hubert Lagardelle. 1934 lud Benito Mussolini Le Corbusier für eine Vorlesung nach Rom ein und in den 1940ern wollte ihn die Vichy Regierung dafür einspannen, ganze Städte umzuplanen. Als seine Pläne aber abgelehnt wurden, kehrte er aber der Politik den Rücken zu. Geschmollt hat er wohl ein bisschen, aber besser war das wohl so.

Le Corbusier romantisierte nicht lange

Und schreibt ein Manifest, in dem er sich fragt, was nach dem Kubismus passiert ist, oder passieren muss – „Après Le Cubisme“ heißt das Werk. Kubismus als Kunstform wurde ihm schließlich zu romantisch – woraufhin er ein Manifest als Ode an den Purismus verfasste.

Le Corbusier war mit Salvador Dali befreundet / oder auch nicht

Dass Freundschaft nicht immer wechselseitig sein muss, bewies Salvador Dali, der Le Corbusiers Gebäude als "die hässlichsten und inakzeptabelsten der Welt" bezeichnete und sogar seine Freude über den Tod des Architekten mehr als deutlich ausdrückte. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Le Corbusier machte einen auf Möbelix

Mit Charlotte Perriand und seinem Cousin Pierre Jeanneret probierte sich Le Corbusier als Möbeldesigner und entwarf allerhand ikonisches und modernistisches Krims-Krams. Sein Statement dazu ist auf merkwürdige Art und Weise unaussagekräftig aussagekräftig – "Chairs are architecture, sofas are bourgeois". Alles klar. Was bleibt ist die offene Hand – "La Main Ouverte" als seine Lieblingssymbolik, die er mit etwas Pathos in der Stimme so bezeichnet: "a sign of peace and of reconciliation meant to receive the created riches, and to distribute them to the peoples of the world. That should be the symbol of our epoch".

Le Corbusier dachte mathematisch

Und seine Entwürfe waren durchgängig inspiriert von den mathematischen Konzepten, wie zum Beispiel dem Goldenen Schnitt und der Fibonacci-Folge, die er als Maßstäbe für Proportionen heranzog.

Le Corbusier war doch ein Freund schöner Formen

Die Schauspielerin Josephine Baker regte seine Fantasie an – nach einem zufälligen Treffen auf einem Dampfer von Europa nach Südamerika suchte er sich für seinen Erregungszustand ein künstlerisches Ventil – er zeichnete sie. Nackt.

Le Corbusier dachte monolithisch aber nicht monogam

Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte – ein G‘schichtl hatte er auch noch mit der Schwedisch-Amerikanischen Erbin Marguerite Tjader Harris am laufen, und das während er mit dem Model Yvonne Gallis verheiratet war. Ja nichts anbrennen lassen.

Le Corbusier starb einen formal schönen Tod

Am 27. August 1965 überkam Le Corbusier plötzlich die Lust auf eine Runde Planschen im Meer. Sein lebloser Körper wurde etwas später von anderen Badegästen aufgefunden. Mehr (unabsichtliche) Inszenierung geht fast nicht – Form geht hier klar der Funktion voraus.

Le Cobusier ist am 27.8.1965 gestorben. Das Internet widmet sich in diesen Tagen vermehrt der komplexen Verortung Le Corbusiers irgendwo zwischen Weltarchitektur und Faschismus, wie man hier und hier noch im Detail nachlesen kann.

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