Seer-Gitarrist Thomas Eder kann sich auf Facebook nur schwer mit seiner Meinung zurückhalten – und torpediert dabei gern Klischees.
Der Niederösterreicher Thomas Eder hat sich den Traum wohl vieler junger Menschen erfüllt: Er lebt davon, in Bands Gitarre zu spielen. Als Grunge-Fan in den 90er Jahren hat er dabei wohl nicht daran gedacht, eines Tages Mitglied der Schlager-Band Die Seer zu sein – genau das ist er aber nun bereits seit 2003. Und er ist es gern. Und während Die Seer darum bemüht sind, dezidiert unpolitisch zu agieren, lässt Thomas Eder, der auch einige Jahre in der Liveband von Andreas Gabalier gespielt hat, es sich privat nicht nehmen, auf seinem Facebook-Profil äußerst aktiv seine Meinung zu allerlei gesellschaftspolitischen Themen abzugeben. Er äußert sich gegen Homöopathie und andere esoterische Spielarten und ist dagegen, dass etwa Religionen sich einen Vorteil verschaffen oder den Alltag aller bestimmen. Und auch wenn er sich parteipolitisch ungern einordnen lässt, so ist doch klar, dass seine Meinung nicht dem entspricht, was man klischeehafterweise oft mit Schlager in Verbindung bringt.
Wie bist du zum Schlager gekommen?
Mit dem Genre »Schlager« hatte ich so gut wie kaum Kontakt, bis ich 2003 zu den Seern kam, die damals auf der Suche nach einem Gitarristen waren. Mit deren Schlagzeuger Wolfgang spielte ich damals in einigen anderen Bands in Wien und er hat mich damals dem Bandleader der Seer, Fred Jaklitsch, empfohlen. 14 Jahre und Hunderte Konzerte später bin ich noch immer froh und dankbar darüber. Etwas Besseres hätte mir wohl nicht passieren können, sowohl aus musikalischer als auch aus menschlicher Sicht.
»Ich habe vier Jahre lang in der Band von Andi gespielt … dass da teilweise sehr unterschiedliche Weltanschauungen aufeinandergeprallt sind, wird jetzt niemanden überraschen.«
Welche Rolle hat es dabei gespielt, dass es oft heißt, Schlager sei eines der weniger Genres, in denen überhaupt noch professionell Geld verdient werden kann?
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass Geld keine Rolle spielt. Natürlich war es immer mein Ziel – schon als Jugendlicher – von der Musik leben zu können. Allerdings war der finanzielle Aspekt nie der wichtigste. Langfristig will man Spaß an der Musik haben und mit coolen Leuten auf der Bühne stehen. Ich habe noch immer, bei jedem einzelnen Konzert, genauso viel Spaß wie vor 15 Jahren, die Stimmung in der Band ist großartig, ich habe Freude an dem, was ich mache.
Gibt es für dich heute einen Unterschied zwischen dem, was du als deine Musik bezeichnen würdest, und dem, was du beruflich tust?
»Meine Musik« ist ein sehr schwieriger und schwammiger Begriff, den nicht mal ich selbst ordentlich definieren kann. Es gibt so vieles, was mir gefällt, aus den verschiedensten Gründen, dass ich mich gar nicht auf eine gewisse Stilrichtung festlegen könnte. Auch bei meinen Engagements war ich immer sehr offen. Ich war und bin der Meinung, dass man immer und überall noch was lernen kann und niemals den Fehler machen darf, ein Genre oder eine Musikrichtung zu belächeln. Ich war auch auf Tour mit Brunner & Brunner oder dem Musikantenstadl, und auch wenn ich mir privat eher andere Musik reinziehe: Aus musikalischer Sicht waren diese Erfahrungen um nichts weniger anspruchsvoll als sonst irgendwas.
Wer dir auf Facebook folgt, sieht von dir viele meinungsstarke Postings und Kommentare mit klaren und eindeutigen Aussagen. Was ist dein Ansporn?
Es tut mir einfach weh, wenn ich Tag für Tag sehen muss, dass logisches Denken und Rationalität mehr und mehr an Bedeutung zu verlieren scheinen. Und es gibt einfach zu viele Themen und Punkte, bei denen ich meinen Senf dazugeben muss. Ich nehme mir immer wieder vor, mich etwas zurückzuhalten, schaffe es aber dann doch nicht. Es ist wie ein Ventil, das ab und zu geöffnet werden muss.
Klischeehafterweise rechnet man »volkstümliche Musik« eher konservativen Strömungen zu. Wie ist da deine persönliche Erfahrung, dein Einblick?
Grundsätzlich stimmt das vermutlich, auch wenn es – auf beiden Seiten – viele Ausnahmen gibt. Die volkstümliche Musik behandelt natürlich Themen, in denen sich konservativere Menschen eher wiederfinden. Es liegt aber auch immer an der Band selbst und an den Messages, die vermittelt werden. Ich kenne sehr viele moderne oder neue Volksmusik-Acts wie etwa Folkshilfe, die alles andere als konservativ sind. Auch wir bei den Seern versuchen größtmöglich, politische Themen auszuklammern, weil wir es als Aufgabe sehen, einfach nur Musik zu machen, in der sich wirklich jeder wiederfinden kann, egal ob konservativ oder liberal.
Ich würde dich als Skeptiker bezeichnen, der kritisch bis ablehnend gegenüber Religion ist, noch mehr gegenüber Esoterik, Spiritualität und auch Homöopathie?
Das trifft es recht gut, ja. Aber eines gleich vorweg: Ich bin nicht »gegen« Spiritualität oder Glauben. Ich selber brauche nichts Übersinnliches oder Spirituelles in meinem Leben, aber offensichtlich gibt der Glaube sehr vielen Menschen Halt, was ja auch okay ist. Die Grenze ist für mich halt dann überschritten, wenn dieser Glaube plötzlich nicht mehr Privatsache ist. Ein schöner Spruch zu diesem Thema ist: »Don’t pray in my school and I won’t think in your church.« Wenn zum einen die Rationalität mit Füßen getreten und zum anderen den Leuten auch noch ihr Geld aus der Tasche gezogen wird, ist das halt doppelt bitter. Deshalb auch meine Ablehnung gegenüber Esoterik, Homöopathie und ähnlichem Firlefanz.
Auf der nächsten Seite: Thomas Eder über seine Zeit in der Liveband von Andreas Gabalier und darüber, wie Fans und Sponsoren auf seine Äußerungen reagieren.