Lloyd Cole hat sich schon früher über sein aktuelles Ich in Songs lustig gemacht. Ein Interview über selbst-finanzierte Alben, politischen Protest und Poeten in der Musik.
Der junge britische Philosophiestudent Lloyd Cole galt in den 80er Jahren als einer der großen Nachwuchshoffnungen der britischen Musikindustrie. Mit seiner Modern Soul Band The Commotions machte er zunächst mit seinen feinsinnigen Songs in seiner näheren Umgebung Glasgow auf sich aufmerksam.
Sein Debütalbum „Rattlesnakes“ (1984) brachte den erhofften Durchbruch und Cole wurde schnell zu Everybody’s Darling – zumindest in der Indie Society. Mit Singles wie „Perfect Skin“, „Brand New Friend“, „Lost Weekend“ oder „Jennifer She Said“ und den beiden Alben „Easy Pieces“ (1985) und „Mainstream“ (1987) folgten weitere Highlights. Danach entkoppelte er sich von seiner Stammformation, um fortan als Solokünstler seinen Weg zu gehen. Auch in dieser Phase gelangen Cole anfangs noch zahlreiche kleinere Indie Hits wie „No Blue Skies“ oder „She’s a Girl and I’m a Man“, an die man sich heute noch gerne zurück erinnert.
Seit Ende der 90er Jahre ist es auf dem musikalischen Mainstream Sektor aber etwas ruhiger um seine Person geworden, was ihn aber nicht davon abhielt, weiterhin großartige Musik zu komponieren. Bis heute hat Cole mehr als 15 Studioalben auf den Markt gebracht. Im Zuge seines Wien Konzerts Anfang Dezember in Szene konnten wir ihm einige Fragen stellen.
Gerald C. Stocker: Es war sehr schön, bei deinem Konzert in Wien auch viele deiner alten Songs wieder zu hören. Hast du dich in deiner frühen Songwriterkarriere textlich oftmals hinter fiktiven Charakteren versteckt?
Cole: Nein, ich denke nicht, dass ich mich früher oder heute hinter etwas versteckt habe oder verstecke. Die Songs sind keine Memoiren oder Bekenntnisse – zumindest nicht für mich. Aber wenn die Songs mal veröffentlicht sind, mag es sein, dass sie das für die Zuhörer sind. Somit sind meine persönlichen Absichten auch eigentlich irrelevant.
Deine frühen Alben waren oftmals sehr literarisch. Waren Texte immer wichtig für dich? Hast du dich in erster Linie als Poet gesehen oder doch mehr als Rockstar?
Cole: Texte und Musik müssen beide gut sein. Die Songwriter, die sich heute Poeten nennen haben oftmals zwar tolle Texte, sind aber in Wahrheit keine Poeten. Wenn ich selbst ein Poet hätte werden wollen, dann hätte ich eben nur Gedichte geschrieben.
Ich hab im Internet ein nettes Foto von Billy Bragg gefunden, auf dem er vor einem deiner Tourplakate posiert. Darauf seid ihr beide ähnlich gekleidet und der Kommentar dazu lautet: “Gentlemen in einem gewissen Alter”. Befindest du dich eventuell gerade in jener Periode, über die du dich noch vor Jahren in deinen Songs – wie etwa in “To the Church” – etwas lustig gemacht hast? Und wie fühlt sich das heute an?
Cole: Das war in Wirklichkeit mein Kommentar! Ja, es ist schon interessant, jetzt eben in dieser Welt zu sein, über die ich mich damals noch sehr gewundert habe. Aber es ist besser, als ich es mir vorgestellt habe – meistens zumindest.