In Janine Wegers Ausstellung »A Creator of Epic Pictures« trifft Licht auf Malerei. Das Ergebnis ist ein Bild, dessen Künstlichkeit festgestellt werden kann, während die Wahrnehmung der Malerei verzerrt wird. Was Fragen nach dem Wahrheitsgehalt von Bildern sowie den Tücken der Wahrnehmung aufwirft. Und welche Rolle spielt dabei eigentlich Technologie?

Dass Bildern nicht getraut werden kann, wusste schon Plinius der Ältere, der im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebte. In seiner »Naturalis historia« erzählt er von Zeuxis und Parrhasius, zwei griechischen Malern, die schon zu Plinius’ Zeiten lange tot waren. Die beiden stritten darüber, wer der bessere Maler sei, und malten beide ein Bild, das die Frage entscheiden sollte. Zeuxis malte Trauben, die so echt aussahen, dass Vögel versuchten, sie zu essen. Dann war Parrhasius an der Reihe, sein Bild zu zeigen, und Zeuxis forderte ihn auf, den Vorhang beiseite zu schieben, um das Bild sehen zu können. Natürlich war der Vorhang gemalt.
Die Geschichte zeigt auch, dass der Begriff der Kunst früh mit dem des Scheinhaften und Falschen, der Fähigkeit, etwas vorzugaukeln, verbunden war. Ich lehne mich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, noch immer mache das Vorspielen von Künstler*in-Sein einen großen Teil des Künstler*in-Seins aus. Je nachdem bedeutet das das eine oder andere, muss so oder so gespielt werden. In den 1940er- und 1950er-Jahren gehörte es beispielsweise zum Künstler*innen-Spiel dazu, ein Mann zu sein, Amerikaner zu sein, Maler zu sein und irgendwie gegen gesellschaftliche Normen zu sein. Das Paradebeispiel dafür ist nach gängiger Meinung jemand wie Jackson Pollock, der ein Mann und ein Amerikaner war, der malte und von dem angeblich alle in seiner Highschool dachten, er sei Kommunist. Seine und die Kunst seiner Kollegen wurde durch Mega-Werkpreise und Ausstellungen in Europa ziemlich berühmt.
Stellt sich raus, das Ganze war zu einem nicht unerheblichen Teil von der CIA finanziert. Einer wie Pollock passte einfach sehr gut zum Bild Amerikas als Land der Freiheit und des Fortschritts (das der Freiheit und dem Fortschritt so sehr verschrieben war, dass sogar so etwas wie Pollocks Bilder als Kunst gelten konnten) – und das musste in Zeiten des Kalten Krieges gepusht werden. Janine Weger greift diese dokumentierte Manipulation von Kunstbegriffen, Nationalmythen und Menschenbildern auf, um Parallelen zur heutigen Zeit zu ziehen. Vorstellungen von absoluter Beständigkeit zentraler Begriffe (»Kunst«, »freier Westen«, »Wahrheit«) zeigen sich in ihren Arbeiten transparent in deren Porosität. Wake up!
Die Ausstellung »A Creator of Epic Pictures« von Janine Weger ist Teil des Jahresprogramms »Chronopolitische Erkundungen« der Künstler*innen Vereinigung Tirol. Sie ist noch bis 9. August in der Neuen Galerie in Innsbruck zu sehen.
Unsere Heftrubrik »Golden Frame« ist jeweils einem Werk zeitgenössischer Kunst gewidmet. In The Gap 211 ist dies: »A Creator of Epic Pictures« von Janine Weger.