"Narrationen" zeigt Werke von drei österreichischen Künstlern, die eine Affinität zur so genannten Graphic Novel verbindet. Im Kunst Haus Wien stellen Arnulf Rödler, Hannes Kiengraber und Michael Liberatore ihre Werke aus. Im Interview beantworten sie Fragen zur Identität und Arbeit.
Wie kam es zu der Ausstellung, und warum in der Kellergalerie im Kunst Haus Wien?
Arnulf Rödler: Die Auswahl des Raumes hing auch am ehesten mit den Vorraussetzungen zusammen die so ein Ort bieten sollte. Papier ist ein empfindliches Material, nicht so verzeihend wie andere Materialien. Wir haben da schon alle sehr schlechte Erfahrungen gemacht, wenn die Räumlichkeit zum Beispiel zu feucht war. Da leiden die Werke sehr.
Wie kamen sie zur Illustration? Gibt es Vorbilder?
Zum einen bin ich da durch meinen Vater vorbelastet, zum anderen konnte ich mir nie eine andere Ausdrucksform vorstellen, abgesehen von "Noise", "elektro-akustischer Improvisation" und "Grindcore", die mir die Möglichkeit eröffnet, meine Standpunkte und Ansichten klarer zu machen.
Es stand also eigentlich niemals zur Debatte etwas anderes in die Hand zu nehmen als einen Stift. Schon gegen Pinsel habe ich eine gesunde Abneigung. Vorbilder wechseln, aber das Comicmagazin "Metal Hurlant" war eigentlich der Auslöser, die Initialzündung wenn man so will.
Sie besuchten die höhere graphische Lehranstalt in Wien. Ist das ein guter Nährboden für junge Künstler in Wien?
Die "Graphische", insbesondere die Zeit in der wir sie besuchten hatte den Vorteil, dass der Schritt ins digitale Zeitalter noch nicht wirklich gemacht war. Das streifte man peripher, und hat dadurch handwerkliche Dinge gelernt, die heute nicht mehr verwendet werden. Das war ein enormer Vorteil, man hat sich Sitzfleisch… Geduld erarbeiten müssen. Man hat sozusagen der Farbe beim Trocknen zugesehen, man hat gelernt was es mit dem Werkstoff Papier und den Materialien die man darauf anbringen kann auf sich hat. Das war eine Ausbildung die ich an keiner anderen künstlerischen Institution erfahren habe.
Eine ihrer Werkserien, die man auf ihrer Webseite ansehen kann, beschäftigt sich zum Beispiel mit folgender Thematik: „Vexierbilder modernen Gewaltunternehmertums als nekrotische Szene/ Portrait/ Landschaft zur Spiegelung symbolischer Macht der Staatsapparate“. Die Bilder selbst sehen aus wie aus einem uralten außerirdischen Sachbuch. Können sie zu diesen Werken etwas erzählen?
Es gibt Themenkreise die mich fesseln, also Gedankengänge oder Taten, die entweder menschliches Unvermögen oder Abweichungen von einer Norm aufzeigen. Das kann geschichtlichen oder sozialpolitischen Hintergrund haben, wichtig ist, dass es ein Extrem ist, also eine unfassbare Frechheit, etwas das mich sowohl empört, als auch in der Nachvollziehbarkeit schwer fassbar ist. Da habe ich natürlich ein breites Spektrum weil ich grundlegend eine ablehnende Haltung gegenüber der Welt und der Zeit in der wir leben habe.
Es folgt eine Recherche und letztendlich der Versuch das Thema durch serielle Graphiken aufzulösen, die sich sowohl einer Krytographie, wie auch einer Verwesung, einer zerstörten Struktur bedienen. Ich versuche etwas darzustellen das vernichtet wurde, aber sich auch noch immer in einem Prozess permanenter explosiver Zersetzung befindet, eine "ruinierte" Definition des zuvior gefassten Themenkreises.
Der Begriff „Graphic Novel“ hat sich mittlerweile in den Medien durchgesetzt. Wie stehen sie als Künstler dazu? Gibt es einen Unterschied zwischen Graphic Novel und Comic?
Meines Wissens ist das Wort "Graphic Novel" eigentlich eine Erfindung des Buchhandels, um sich einen breiteren Markt zu erschliessen, obwohl es bereits für Druckwerke Will Eisners im amerikanischen Raum genutzt wurde. Das erste Mal, kann ich mich erinnern, tauchte der Begriff im deutschsprachigen Raum nach der Veröffentlichung von "Black Orchid" von Dave McKean auf. Ich glaube das hat der damalige Verlag sogar auf das Cover gedruckt, nur anfangen konnte damals niemand was damit.
Ich habe eine Abneigung gegen den Begriff, er versucht etwas zu spalten, das nicht spaltbar sein sollte. Das ist genauso wie der Begriff "Manga" oder "Bande Dessinée". Das schafft falsche Erwartungshaltungen und nationale Abhängigkeiten.
Was für Bereiche der modernen Kultur sind für sie als Künstler inspirierend oder interessant?
Viel Inspiration kommt aus der Musik, vornehmlich wie schon erwähnt eher aus dem Experimentalbereich. Den Begriff "moderne Kultur" verstehe ich nicht ganz, schon wenn man bedenkt das ja teilweise ägyptische Hieroglyphen oder die Felszeichnungen in Lascaux bei einigen Historikern in den Bereich des Comics fallen, den viele als Ausgeburt des 20. Jahrhunderts sehen.
Spiderman oder Batman?
Hier weiter zum Interview mit Michael Liberatore.