Andreas Klinger, Co-Gründer von Garmz, über die Hauptaufgabe des Projekts: Die Suche nach Manufakturen, die Mode-Designs in kleinen Serien zu vernünftigen Preisen herstellen. Auch für Garmz war der Weg dorthin nicht ganz einfach.
Wir sind unglaublich froh, wie gut die Idee von Garmz bisher angekommen ist und wie schnell sich in den letzten Wochen einzelne Designer zu kleinen Community-Lieblingen entwickelt haben. Ganz besonders stolz sind wir auf die Auswahl der ersten Designs, die wir nun in den Webshop bringen werden: Ende September ist es soweit. Zunächst werden Einzelstücke produziert, und bei genügend Vorbestellungen kommen sie ab Oktober auch in Serie in unser Lager. Doch: Das Aufstellen der Stoffe, Materialien, Knöpfe, Zipper, Schnallen, Garn und vor allem die qualitative Serienproduktion ist ähnlich einer Quadratur des Kreises. Hierfür die Partner zu finden, diese zu überzeugen und sich wirtschaftlich zu einigen ist die größte Herausforderung unseres Projektes.
Manufacturing
Mindestbestellmengen bringen junge Designerlabels um. Zitat eines Produzenten: „Yeah, we can do that. You will produce more than 50.000 of this, right?“ Mehrere Hundert Stück als Zielgröße? Was für einzelne Designer viel ist, ist für die Industrie nicht mal Kleinserie. Genau das sollte ja auch der Schritt sein, wo wir mit Garmz einsteigen. In dutzenden Reisen nach Osteuropa konnten wir für die Produktion einigermaßen vernünftige Konditionen aushandeln. Bulgarien war jedesmal interessant. Im Norden top professionell. Richtung Süden wurden Straßen zu Löchern und Löcher zu Straßen. An der südlichen Staatsgrenze angekommen merkten wir, dass die lokalen Manufakturen auch immer dubioser wurden. Wir sahen Stickereien, in denen alle großen Brands hergestellt werden. Nike Logos, Lacoste, Adidas … alle versammelt. Nur, dass die vielleicht gar nichts davon wissen. »No, this room is not for you« in gebrochenen Bulgaroenglish hörten wir so oft, dass wir doch wieder zurück Richtung Norden fuhren. Dort waren die Manufakturbesuche überzeugender. Professionelle, große Fabriken mit top Arbeitsbedingungen und hoher Qualität.
Sourcing
Was viele Leute vergessen: Wer billig produzieren möchte, geht schon lange nicht mehr nach Osteuropa, sondern nach Asien. Länder wie Bulgarien, die Ukraine und andere können bei europäischen Kunden nur noch mit Qualität punkten. Und nur wo die Arbeitsbedingungen passen, stimmt auch die Qualität. Und dort wo die Qualität passt, produzieren paradoxerweise im selben Haus deutsche Handelsketten mit familientauglichen Discounter-Endpreisen und nordische Toplabels mit Produkten über 400 Euro und mehr. In Bulgarien hoffen wir die richtigen Partner für unsere Serienproduktion gefunden zu haben. Für die besten Stoffe Europas mussten wir übrigens nach Holland. Die dortigen Warehouses sind sogar noch strikter in Sachen Bestellmengen als die Manufakturen; aber auch dort konnten wir eine Art Sonderstatus herausfeilschen.
Prototyping
Der wirklich spannendste und wichtigste Schritt in der Produkterstellung ist die Erstellung des Prototyps, des ersten Stücks. Und diesen machen wir stets Team-intern direkt in Wien in Online-Absprache mit dem Designer. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, ob wir unsere ersten Herausforderungen meistern konnten und sehen möchte, was Kreative weltweit eingereicht haben: Mitte September geht der Webshop mit den ersten Produkten für Vorbestellungen online. Für uns ist die Modewelt immer noch eine Welt voller Klischees und Verblendungen, geschickt inszeniert durch Vorurteile und Marketing. Wir hoffen, durch unser Projekt hier Transparenz zu bringen und neue Möglichkeiten für nachkommende Talente zu schaffen. Ob es uns gelingt, darüber kann sich am „FashionCamp“ Ende September jeder gerne selbst ein Urteil machen.
Wer an Mode interessiert ist und einmal persönlich mit Garmz (www.garmz.com) und anderen österreichischen Modeprojekten plaudern möchte – oder gar selbst eigene Ideen für Projekte hat – sollte sich den 25. September im Kalender vormerken. Dann findet nämlich das FashionCamp im Rahmen der Wiener Fashion Week statt. Mehr Informationen und die Registration auf i>www.FashionCamp.at
PS: Ein Start-up? Wer bist du? Zahlen zählen, nicht Konzepte oder Ambitionen. Potenzial ist egal. „NO! WE ARE NOT INTERESTED!“ in Großbuchstaben in Reply-Emails ist eine Sache, an die man sich gewöhnt. Denn Stoffhändler und Manufakturen sind eine Welt für sich. Eine Welt der Skalen.