Schwedische Popmusik hat den Soul für sich entdeckt. Eine der neuen Hoffnungsträgerinnen, Mapei, hatten wir aufgrund der baldigen Release ihres sehr empfehlenswerten Debüts "Hey Hey" an der Strippe.
Es wird wahrscheinlich der Tag kommen, an dem Schweden nicht mehr eine riesige gold-glänzende Pop-Schmiede sein wird. So ähnlich wie beim Pisa-Test, bei dem die Skandinavier dann doch irgendwann mal absteigen mussten. "Die Schule dort ist viel zu liberal, keine Disziplin", sagt Mapei am Telefon. Das mit dem Pisa-Test hätte sie vermutlich schon früher prophezeien können, hätte man sie gefragt. Doch der Grund, warum Mapei gerade jetzt um Wortmeldungen gebeten wird, ist nicht schulpolitischer Natur, sondern heißt "Don’t Wait". Mapei ist eine von vielen jungen Musikerinnen, die gerade für die Qualitätssicherung schwedischer Popmusik sorgen.
Astreiner Pop
Und was für eine Vorabsingle, was für ein Video, dieses "Don’t Wait". Astreiner Pop mit dem richtigen Maß an Melancholie auf reduzierten aber treibenden Beats. Was voriges Jahr Solanges "Losing You" war, ist heuer "Don’t Wait" mit dem Made-In-Sweden-Unterschied. Inspirieren ließ sich die junge Künstlerin, die schon früher mit der Conscious Rap-Ep "Cocoa Butter Diaries" auf sich aufmerksam machte und ein unveröffentlichtes Album mit Justice in der Tasche hat, von brasilianischem Folk und vom Reisen, erzählt sie.
Das Debütalbum "Hey Hey", das im September erscheinen wird, wurde dann innerhalb von wenigen Monaten aufgenommen. Mapei spricht von Freiheit, vom Wunsch Musik zu teilen, vom Ausloten verschiedener Persönlichkeitsfacetten und deren Übertragung auf Musik. Ihrem Produzenten, Magnus Lidehäll, nannte sie unter anderem Farben und Stimmungen und der gute Mann kannte sich aus, so die Kurzfassung.
Geht auch ohne Twerken
Dass er sich auskannte, fällt nicht schwer zu glauben: Lidehäll arbeitete bereits mit Namen wie Britney Spears, Katy Perry und Sky Ferreira und ist maßgeblich daran beteiligt, neben Mapei eine zweite schwedische Sängerin zum Soulexportgut aufzubauen: Seinabo Sey. Die enigmatische Übernummer "Younger" stammt ebenso aus seiner Beatschmiede. Auch Seys Debütalbum wird noch 2014 erwartet.
Auf die Frage, warum so viel gute Popmusik aus dem Norden kommt – erzählt Mapei vom Konkurrenzbewusstsein der Schweden, davon, dass Musiker lange an ihren Skills geschraubt haben und jetzt im internationalen Business mitspielen wollten. Wenn Mapei also die Entstehung des Albums romantisiert, ist das nur die halbe Wahrheit. Zwar bedient sich ihr Auftritt, musikalisch und in der Bildsprache an DIY und allem, was man mit natürlich gewachsenem, alternativem Pop verbindet, dahinter steht aber eben doch eine Industrie, die erkannt hat, dass die Nische – coole, weibliche Sängerinnen mit Ecken und Kanten nach Vorbild Lorde und Sia – längst keine mehr ist und sich auch gar nicht so schlecht vermarkten lässt.
Grundsätzlich ist das nichts Böses und macht die Musik, die dabei entsteht, nicht weniger gut, eröffnet Möglichkeiten wie einen Frankie Knuckles Remix – einer der letzten, bevor "The Godfather of House" verstarb und vermittelt darüber hinaus, dass man als junge Frau auch ohne Twerken oder besonders ausgefallener Künstlerpersona bei einem Major unter Vertrag stehen kann.
Hey Hey
Auf Mapeis Debüt wird sich an den Genres Rap, RnB, Pop und Soul eklektisch bedient, Streicher-Loops, Bläser, typische Elemente der Klavierballade, ein Chor und ein paar exotische Drums fügen sich da locker flockig und je nach Bedarf zu zwölf sehr hörenswerten Stücken zusammen, von denen keines nur annähernd schlecht ist. "Step Up" sollte dringend auf den Soundtrack der nächsten Girls-Season, "Keep It Cool" hat den unerwartetsten Kirchenchor seit langem.
Mapeis großartige Stimme passt sich den Gegebenheiten, die von Song zu Song variieren und durch eine recht glatte Produktion zusammengehalten werden, spielerisch an – inklusive dem ein oder anderen Rappart. Das ist insgesamt ein abwechslungsreiches Hörerlebnis, aber ein bisschen zu brav, um lange nachzuwirken. Ein durchweg gutes Album einer guten Sängerin mit der Hoffnung, dass man sich da in Zukunft noch mehr traut.
"Hey Hey" erscheint am 19. September via Columbia UK. NPR streamt das Album gerade zur Gänze hier.
Die Autorin ist mehr so ein Lurker, aber ihr könnt sie trotzdem antweeten: @oidaamira