Himmel über Wien

Alternative Messekonzepte sind in den großen Metropolen zeitgenössischer Kunst längst Standard. Mit Fruits, Flowers, and Clouds, der neuen Wiener Messe für Gegenwartskunst, hat nun auch Wien eine längst fällige Alternative zur Massenabfertigung im Labyrinth der Kojen.

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300 Galerien aus 36 Ländern mit Werken von mehr als 2.500 Künstlern. Diese stolzen Zahlen stammen aus dem Abschlussbericht der 41. Ausgabe der Art Basel, der weltweit bekanntesten Messe für zeitgenössische Kunst. Selbst wenn man Besitzer zweier geschulter Profiaugen ist, empfindet man diese Dichte als eine Zumutung. Das Problem an diesem Messetypus ist die oft wahllose Zusammenstellung von Kunstwerken, die trotz vereinzelter Solopräsentationen den Blick auf das individuelle Werk eines Künstlers unmöglich machen.

Eine Messebeteiligung kostet natürlich Geld, viel Geld. Also versuchen die Galerien möglichst flächendeckend die Arbeiten ihrer Künstler auszustellen – um dann hoffentlich viel zu verkaufen. Im schlechtesten Fall decken die Verkäufe nicht einmal die Kosten der Messe, im Idealfall gibt es satte Gewinne. Die österreichischen Galerien können dabei – im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern aus den anderen Ländern – auf die Unterstützung des Staates zählen, denn der stellt für internationale Messebeteiligungen jährlich bis zu 300.000 Euro zur Verfügung.

Kunstschau mit Ausstellungscharakter

Kunst muss verkauft werden, damit die Künstler und die Galeristen davon leben können, und das ist auch gut so. Das Problem ist aber die Gier und die in diesem Umfeld erzeugte Stimmung, die die ausgestellte Kunst in den Hintergrund drängt. Eine gänzlich andere Philosophie verspricht das Programm und das Konzept von Fruits, Flowers, and Clouds. Auch hier geht es ums Geld, aber auf Augenhöhe mit den ausgestellten Künstlerpositionen, die allesamt als Einzelausstellungen konzipiert wurden.

Neben freiem Eintritt räumt die Messe auch mit der größten Lächerlichkeit auf, die einem im Zusammenhang mit der zeitgenössischen Kunst einfallen konnte und sich allerorts wie ein Geschwür ausgebreitet hat: den VIP-Veranstaltungen. Es wird auch keine Previews geben, an denen sich der oft beschworene Demokratiegedanke in der Kunst im Besonderen ad absurdum führt. Es sollen Inhalte vermittelt werden, die neben dem Verkauf der ausgestellten Arbeiten als ebenso wichtig, weil notwendig empfunden werden.

Bis zu 25 Künstlerpositionen, nationale wie internationale, werden an drei Tagen zu besichtigen sein. Dabei wird auch auf die Ausstellungsarchitektur viel Wert gelegt, die im Gegensatz zu den üblichen Kojen in verschiedenen Größenordnungen auf eine einheitliche Größe mit einem offen gestalteten Display Rücksicht nimmt. Die Messe wird vermutlich mehr Ausstellungscharakter besitzen als jene Formate, die auf den reinen Verkauf angelegt sind, schon alleine deshalb, weil die ausgestellten Künstler vom Kurator Maximilian Geymüller und der Künstlerin Rita Vitorelli bewusst ausgesucht wurden. Geymüller ist zugleich auch der Messeleiter von Fruits, Flowers, and Clouds und hat sich freundlicherweise für ein Interview zur Verfügung gestellt.

Warum dieser ungewöhnliche Messename?

Schon der Titel drückt aus, dass es keine ganz konventionelle Messe ist, sondern formal wie auch inhaltlich eine Mischform zwischen Gruppenausstellung und Kunstmesse. Der Name erinnert ja eher an einen Ausstellungstitel und entspricht unserem Konzept der kuratierten Auswahl von einzelnen Künstlern und deren Werken, die aber natürlich käuflich zu erwerben sind.

Wie gestaltete sich die Vorbereitungszeit?

Die ersten konzeptuellen Gedanken zu dieser Messe wurden vergangenen Sommer entwickelt, konkrete Arbeitsschritte erfolgten ab Oktober. Wir mussten uns dann relativ schnell für einen Veranstaltungort entscheiden, und die Wahl fiel auf das MAK. Die Messe ist allerdings mobil, das heißt, wo sie nächstes Jahr stattfinden wird, ist noch nicht klar.

Wir haben in sehr intensiven Gesprächen mit der jüngeren Generation von Galeristen herausgefunden, was deren Bedürfnisse sind und versucht, diese so gut es geht in unsere Konzeption einfließen zu lassen. Man kann junge internationale Galerien nur über sehr niedrige Standmieten gewinnen. Um unsere Kosten dennoch abzudecken, haben wir eine Art Patensystem entwickelt. Wir suchen Unternehmen oder Privatleute, die einen bestimmten Beitrag bezahlen, und so die Teilnahme der Galerien unterstützen. Die Suche nach diesen Förderern ist noch nicht abgeschlossen … (lacht)

Wie waren die ersten Reaktionen?

Man muss zwischen den internationalen und den österreichischen Reaktionen unterscheiden. Spike hat als internationales Kunstmagazin Kontakte zu Künstlern, Kuratoren und Institutionen im Ausland, die uns großes Interesse entgegengebracht haben. Begeistert waren die Künstler und Galerien deshalb, weil wir kuratierte Solopräsentationen zeigen und sie sich mit unseren Ideen, die Messe anders zu gestalten, identifizieren können.

Viele der jungen Galeristen sind davon überzeugt, dass man über inhaltliche Auseinandersetzung die Kunst auch besser verkaufen kann. Außerdem ist wichtig, dass auch Kuratoren und Kritiker eine Messe besuchen. In Wien war es schon schwieriger, weil die bereits bestehende Messe, die Viennafair, von verschiedenen Protagonisten der Wiener Kunstszene als gefährdet gesehen wurde. Was wir nicht so sehen, weil unsere Messe ein gänzlich anderes Konzept verfolgt und von uns immer auch als Ergänzung gesehen wurde.

Es gab dann aber letztlich auch sehr positive Reaktionen aus Österreich, und es sind ja österreichische Künstler und Galerien vertreten, allerdings nicht so viele, wie wir uns das gewünscht hätten. Die Zahl der Absagen war hier leider doch recht hoch. Am Schluss sind es vier heimische Galerien geworden: Layr, Mezzanin, Senn und nächst St. Stephan.

Warum fühlte sich die Viennafair, die vom Messegiganten Reed Exhibitions veranstaltet wird, bedroht? Immerhin ist Reed mit diversen Veranstaltungen in 36 Ländern vertreten.

Das hat uns auch sehr gewundert. Vor allem in Anbetracht der unterschiedlichen Budgets, mit denen hier gearbeitet wird. Fruits, Flowers, and Clouds ist ein Low Budget-Projekt.

Gibt es jetzt in irgendeiner Form eine Zusammenarbeit mit der Viennafair?

Nicht inhaltlicher Natur, aber man wird versuchen, die eine oder andere organisatorische Kooperation einzugehen.

Wie viele Künstlerpositionen wird es geben, und wie ist das Verhältnis national zu international, renommiert zu jung?

Der überwiegende Teil der gezeigten Künstler kommt aus dem internationalen Umfeld. Die Überlegung dahinter ist, dass es auch zu einem Austausch mit der heimischen Kunstszene kommt und Positionen gezeigt werden, die man ist Österreich erst selten oder nicht in diesem Umfang sehen konnte. Unter den 25 Positionen sind sowohl renommierte Künstler wie Ernst Caramelle und Andreas Slominski als auch ganz junge wie Carina Brandes und Helen Marten. Bei den Galerien verhält es sich ähnlich: Neben der Galerie Neu oder Johann König aus Berlin werden Balice Hertling aus Paris oder die Londoner Gallery Vela teilnehmen.

Wie sieht die Infrastruktur im MAK aus und wird es ein Rahmenprogramm geben?

Neben dem Ausstellungsbereich wird in der unteren Ausstellungshalle des MAK eine Bar eingerichtet, die über die Öffnungszeiten der Messe hinaus bis zwei Uhr früh geöffnet hat. Im erweiterten Barbereich werden Kunstmagazine und Fanzines sowie Künstlerbücher des amerikanischen Verlegers Brian Kennon angeboten. Tagsüber wird Schorsch Böhme kochen, am Abend wird es dort Performances und DJs geben. Es soll ein Ort geschaffen werden, wo man sich nach der Messe trifft und gemeinsam trinkt und feiert.

Fruits, Flowers, and Clouds

12. bis 14. Mai

MAK (Museum angewandter Kunst), Stubenring 5, 1010 Wien

Öffnungszeiten:

12. und 13. Mai: 13:00–21:00

14. Mai: 12:00–19:00

Bar-Öffnungszeiten:

12. und 13. Mai: 19:00–02:00

Abschlussparty mit Vinnie Who:

14. Mai 22:00, Location wird bekannt gegeben

Freier Eintritt

www.fruitsflowersandclouds.at

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