Hinter den Kulissen

Sound:frame ist mittlerweile mehr als nur ein Festival, das jeden Frühling Licht und Clubmusik künstlerisch vereint. Mittlerweile ist es auch Agentur und Label.

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Im fünften Jahr sind die Organisatorinnen des Sound:frame an einem Punkt angelangt, wo die Professionalität nach außen gleich in mehreren Belangen spürbar wird: Das diesjährige Programm (siehe Infobox) ist weitaus schlanker, überlegter und konkreter als in den Jahren davor. Die Ausstellungen sind nicht mehr dezentral vom übrigen Festival angelegt, sondern finden direkt – wie im Falle des Eröffnungswochenendes – in der jeweiligen Spielstätte statt. Das Buchen von Superstars ist nicht nötig, weil es keine Bestrebungen auf Massenkompatibilität gibt, sondern auf die eigenen Erfahrungen gebaut wird und das Wissen über das anzusprechende Publikum vorhanden ist. So stellen sich die Veranstalter neue Aufgaben, um das Projekt Sound:frame abseits des Festivals auf die nächste Ebene zu katapultieren.

Kein Zuckerschlecken

Eva Fischer – Kuratorin, Organisatorin, Österreicherin des Jahres 2010 im Bereich Kreativwirtschaft und Neo-Bookerin – ist sich sicher, dass der Zenit an Besuchern noch nicht erreicht ist. Geschätzte 12.000 waren es im vergangenen Jahr und nach oben hin ist ihrer Meinung nach noch Luft. Für 2011 sind die Rinderhallen in St. Marx als neue Location hinzugekommen, bei freiem Eintritt wird ein ausgeklügeltes Programm geboten und so wird mit einem ähnlich großen Besucheransturm wie im letzten Jahr bei der Eröffnung am Karlsplatz gerechnet. In derartigen Bestrebungen, ein neues, interessiertes Publikum zu gewinnen, liegt auch genug Restrisiko, um ein Festival in den finanziellen Ruin zu stürzen. Zwar bekommt Sound:frame die Rinderhallen zu sehr günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt, weil sich die Stadtentwicklung Neu Marx dafür einsetzt und das Festival auch finanziell unterstützt. Doch bleiben die Besucher aus und fallen die damit verbundenen Gastroeinnahmen weg, wird aus einem Kalkül schnell ein Desaster – wovon natürlich nicht ausgegangen wird.

Ähnlich verhält ist es sich mit der Ottakringer Brauerei: Die Räumlichkeiten werden zwar vom Sponsor ebenfalls nahezu gratis zur Verfügung gestellt, doch sind Nebenkosten wie Strom, Security, Polizei, Rettung, Mieten für Anlagen und Beamer horrend. Da stellt sich die Frage erst gar nicht, ob sich ein derartiges Festival irgendwann von alleine tragen kann und das große Geld damit gemacht wird. Ohne die Förderungen von Departure und der Unterstützung der WKO bleibt eine Realisierung in diesen Dimensionen unvorstellbar. So entziehen sich die Verantwortlichen auch nicht der eigenen Verantwortung, indem sie – wie viele andere in der Branche – zur Risikominimierung weitere Firmen gründen, um im Notfall diese in Konkurs schicken, womit die Marke bestehen bleibt, die Party weiter geht und die Gläubiger durch die Finger schauen.

Auf Umwegen

Neben der gerade erst gegründeten Agentur samt Label bleibt das Festival zwar das größte Projekt, aber nicht mehr das einzige. Das über die Jahre dazu gewonnene Wissen wird nun vermarktet, um sich finanziell abzusichern. Die Neuausrichtung als umfassende Eventorganisation – von der Auswahl der Künstler (DJs, VJs, AV-Acts) bis zum eigenen Technikteam – wird in Zukunft via Agentur angeboten und als Gesamtpaket monetarisiert.

Auf diesem Weg kommen Showcases und Präsentationen auch international zustande: die Ausstellung Sound:frame Remix im Austrian Cultural Forum in New York, eine Partizipation beim Mapping Festival in Genf oder wie dieses Jahr eine Sound:frame-Nightline mit dem Melbourne Symphony Orchestra down under. Derartige Kooperationen funktionieren nur durch eine enge Zusammenarbeit mit Sponsoren, interne Arbeit mit den eigenen Künstlern und einem starken Willen zur Umsetzung.

Agentur

Bis jetzt umfasst die Agentur 30 Künstler, die bis auf drei Ausnahmen alle aus Wien stammen. Grund dafür ist vor allem die erst kurze Anlaufzeit dieses Projekts. Im Laufe der Zeit wird es eine zunehmend internationale Ausrichtung geben, um den Spielraum zu vergrößern und als ernst zu nehmender Mitbewerber gesehen zu werden. Mit dem Melt!-Festival, das ebenfalls eine eigene Bookingagentur gegründet hat, gibt es ein erfolgreiches Beispiel, wie ein solches Konzept funktioniert und aufgehen kann.

Neben den Veranstaltungen und der Agenturarbeit wird auch das Sound:frame-AV-Label weiter ausgebaut. Wann und ob es physische Veröffentlichungen geben wird, steht noch nicht fest. Ob es sich dabei dann um Platten, CDs oder DVDs mit Performances von AV-Acts handelt, ebenso wenig. Klar ist jedoch, dass die Künstler durch das Label nach außen hin repräsentiert werden und sich gut aufgehoben wissen dürfen. Eva Fischer hegt auch Überlegungen für Fernsehproduktionen, wie sie bereits ihre Kollegen Luma Launisch unter dem Titel »60 Seconds Somewhere« für Servus TV realisiert haben.

Markenwert

Um das Labelprojekt weiter ausbauen zu können und selbst auch noch einen Rest an Freizeit übrig zu haben, sucht Eva Fischer derzeit Verstärkung für die Bookinganfragen. Jemand, der sich mit der Materie auskennt, über die nötigen Kontakte verfügt und so auch das Label weiter ins Rollen bringt – und im Idealfall die Idee für ebenso unterstützenswert hält wie die vielen anderen freiwilligen Helfer und Mitarbeiter, die jedes Jahr Hand anlegen, um das Festival möglich zu machen.

Der Lohn ist der gemeinsame Erfolg, die gesammelte Erfahrung und ein zufriedenes Publikum, das wiederkommt. Von derartigen immateriellen Werten kann aber das Kernteam des ganzjährigen Unternehmung Sound:frame nicht überleben. Neben den drei regelmäßigen Mitarbeitern werden während des Festivals zwei bis drei Personen zusätzlich mit geringer Entlohnung beschäftigt. »Danke, danke, danke!« bringt Eva Fischer an dieser Stelle an, denn sie weiß genau, dass es ohne die Unterstützung dieser Freiwilligen nicht funktionieren würde.

Umso befriedigender ist es dann mit anzusehen, dass nach fünf Jahren ein Insidertipp unter den Festivals zu einem kostendeckenden Unternehmen im Bereich der Kreativwirtschaft herangewachsen ist und seinen Weg kontinuierlich mit Sinn für das Wesentliche fortsetzt.

Die Glanzlichter im Programm:

Das Sound:frame Festival steht 2011 im Zeichen der Performance:

Am Eröffnungswochenende (25./26.03.) in der Ottakringer Brauerei wird es neben einer interaktiven Vernissage Live- und DJ-Sets von Lindstrøm, John Roberts, Magaret Dygas und Pariah geben. The Gap ist mit dabei und bespielt am Freitag die Techno-Straßenbahn.

Am 31.03. wird im Schikaneder-Kino »Beatroit – A Documentary Film About The Roots Of Detroit Techno« gezeigt.

Das zweite Festival-Wochenende steht ganz im Zeichen der Theorie: Nach Workshops, Panels, Live-Screenings und AV-Performances bleibt an den Abenden genügend Zeit, den DJs Agnès aka Cavalier (01.04., Market) und Pangea (02.04., Loft) zu lauschen.

Am 07.04. gibt es im Salon 5 den »Rilke Zwischenstand«, bei dem literarische Kost mit visueller Malerei verbunden und damit die Prosa durch Projektionen auf die nächste Metaebene transferiert wird.

Am 08.04.wird bei freiem Eintritt Atom mit einem AV-Act der anderen Art das Publikum in der Rinderhalle verzaubern. Das große Finale findet am 09.04. im gesamten Fluc am Praterstern statt, wo Ogris Debris und Dave Aju nicht nur Katzen miauen lassen werden.

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