Aggression, Chaos, Suderei: Die Hitze bringt alle an den Rand des Wahnsinns. Das kann man derzeit nicht nur jeden Tag erleben, sondern sich auch Filme darüber ansehen.
Hundstage, Ulrich Seidl, 2001
In Wien weiß man zu sudern und menschliches Elend hochleben zu lassen. So auch in diesem Episoden-Drama von Ulrich Seidl: Ein Wochenende im Süden Wiens, während der sogenannten Hundstage, der heißen Tage im Sommer vom 23. Juli bis zum 23. August, sprich: jetzt. Es ist drückend heiß, im Niemandsland zwischen Autobahnzubringern, Einkaufsmärkten und Einfamilienhaussiedlungen. Die Temperatur steigt, die Aggression steigt. Asphaltdecken brechen auf, Kerzen werden in Ärsche geschoben und dazu wird gesungen. In dieser Atmosphäre erzählen sechs Geschichten, deren Ort und Zeit des Geschehens gemeinsam ist, von Alltag und Aggression; von Nächten voller Spiele, Sex und Gewalt und von Tagen voller Einsamkeit und der Sehnsucht nach Liebe.
Falling Down, Joel Schumacher, 1993
Dieser Klassiker mit Michael Douglas ist wohl der Inbegriff des Hitze-Wahn-Films: In glühender Hitze, im endlosen Stau von L.A. dreht "D-Fens" (Michael Douglas) durch und entschließt sich, zu Fuß zum Heim seiner Exfrau zu gelangen. Dieser lange Marsch mit einigen rassistischen Untertönen wird zu einem Rachefeldzug im Dschungel der Großstadt. Ein nervenzerreißender Wettlauf auf dem Weg in den Wahnsinn beginnt.
Do the Right Thing, Spike Lee, 1989
In Spike Lees Drama wird die Sommerhitze zum Hintergrund der Spannungen zwischen den Ethnien auf den Straßen New Yorks. In Brooklyn steigen mit den Temperaturen auch die Aggressionen. Harter Rap von Public Enemy und lautstarke Auseinandersetzungen geben den Ton an. Im Mittelpunkt der Konflikte stehen die Pizzeria des Viertels und ihr Besitzer, der Italo-Amerikaner Sal. Ein falsches Wort genügt und in der Sommerhitze bahnt sich die nur schwach unterdrückte Gewalt ihren Weg. Die Polizei greift ein, ein Schwarzer stirbt. Wem das bekannt vorkommt, der hat heuer wohl einmal Nachrichten gesehen.
Der Tag, an dem die Erde Feuer fing, Val Guest, 1961
In diesem Science Fiction-Film aus den Zeiten des Kalten Kriegs sorgt die Sonne sogar für den drohenden Untergang der Zivilisation. Seltsame Naturkatastrophen brechen plötzlich über die Erde herein. Wüsten werden überschwemmt, Hitzewellen rollen über Europa. Panik bricht aus. Die Reporter Maguire und Stenning finden heraus, dass Russen und Amerikaner zeitgleich auf den beiden Polen Atomexplosionen ausgelöst haben. Dabei wurde die Erde aus ihrer Umlaufbahn geworfen und steuert auf die Sonne zu. Gebannt verfolgen Maguire, Stenning und seine Geliebte die Anstrengungen der Supermächte, die Erde zu retten. Für die kommenden Jahre erwarten wir mehr Katastrophenfilme mit Plots, die von drückender Hitze ausgelöst werden und Menschen darin ums nackte Überleben kämpfen.
Mad Max, 1979 - 1986 bzw. 2015
Das Ende der Zivilisation ist gekommen, diesmal in Australien. Nach einem Nuklearkrieg ist die Welt ein wüsten-artiges Kriegsgebiet, in dem Wasser und Benzin die wichtigsten Ressourcen sind und Motoradbanden ihr Unwesen treiben. Auch in George Millers Endzeit-Actionreihe regiert der hitzebedingte Wahnsinn, sei es in den ersten drei Teilen bis 1986 mit Mel Gibson oder im grandiosen Reboot von 2015 mit Tom Hardy. Menschen fahren auf Maschinen, die Feuer spucken, sind drogenabhängig und generell am Rande dessen, was man sich unter Zivilisation gemeinhin vorstellt. Irre, was Hitze anrichten kann.
Body Heat - Eine heißkalte Frau, Lawrence Kasdan, 1981
In diesem Neo-Film-Noir führen die heißen Temperaturen sogar zu einem Mordfall. In der Hitze Floridas begegnet Rechtsanwalt Ned der verheirateten Matty und lässt sich auf eine Affäre mit ihr ein. Sie beschließen, Mattys reichen Mann Edmund zu ermorden, um an sein Geld zu kommen. Bald nach der als Unfall getarnten Tat schöpft die Polizei Verdacht, und auch die Fälschung von Edmunds Testament läuft nicht reibungslos. Während immer mehr Indizien gegen Ned sprechen, hofft er vergeblich auf die Unterstützung Mattys. Er muss erkennen, dass er für sie nur ein Mittel war, ihren Mann loszuwerden.
100.000 Dollar in der Sonne, 1964
Auch die Wüstenhitze lässt die Menschen kriminell werden. Gangster Rocco klaut zusammen mit seiner Freundin Pepa einen LKW samt geschmuggelten Waffen im Wert von 100.000 Dollar. Doch der geprellte Fernfahrer Steiner und Roccos alter Kumpel Marec kleben dem Pärchen dicht auf den Fersen – eine bleihaltige Verfolgungsjagd durch die unwegsame Sahara beginnt.
Mit der Hitze kommt der Wahnsinn. Viele merken das in diesen Tagen gerade in ihrem Alltag. Ob auf dem Weg zur Arbeit, in der Arbeit selbst, allgemein im Verkehr oder einfach nur in der eigenen, nicht klimatisierten Wohnung.
Die Hitze macht viele Menschen unkonzentrierter, lustloser aber auch aggressiver. Das ist nicht nur der subjektive Erfahrungswert vieler Sommeropfer, sondern auch das Ergebnis wissenschaftlicher Studien. So erforscht beispielsweise der Psychologe Craig Anderson von der Iowa State University seit Jahren die sogenannte "heat hypothesis". Diese besagt, dass große Hitze negative Gedanken verstärkt und Menschen somit feindseliger und impulsiver macht. Das aggressive Fahrverhalten vieler Autofahrer und eine erhöhte Unfallrate in den Sommermonaten sind das beste Beispiel hierfür.
Die Studie besagt auch, dass Konflikte während Hitzeperioden zunehmen. Im kleinen Maß kann man das etwa beim rücksichtlosen Spiel mancher Basketballspieler beobachten. Oder in ganz Großem: die meisten chinesischen Dynastien gingen in heißen Dürreperioden unter. Random history fact? You’re welcome.
Hitze sorgt also für Aggressivität, Krieg und Chaos. Aber Kunst hat die Fähigkeit so etwas transparent zu machen, Gedankenspiele vorzuführen, auf dass wir am Ende alle eine heiße Katharsis erfahren und wissen was passiert, wenn man dem inneren Hund während der Hundstagen nachgibt. Auch die filmische Zunft hat sich dem Thema oft angenommen. In welchen Filmen heiße Temperaturen für ziemlich viel Irrsinn, Chaos und Drama sorgen, kann man in unserer Galerie nachlesen.
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