Hochstand versus Hochhaus

Im wörtlichen Sinn einen Höhepunkt der Vienna Design Week hat uns Konstantin Schmölzer beschert: Der Salzburger wurde mit Verdarium zusammengespannt, einem schicken Concept Store für urbanen Grünraum im „stilwerk“, der Shopping Mall im neuen Jean Nouvel-Tower am Donaukanal.

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Und anstatt dem reichen Warenangebot in dem menschenleeren Kühlhaus ein weiteres Produkt hinzuzufügen, hat der Jungdesigner in den angrenzenden Lichthof einfach einen Hochstand bauen lassen. Warum er dies tat, erläutert er selbst.

Wieso ausgerechnet ein Hochstand?

Konstantin Schmölzer: Ich hatte mit Nora Stalzer und Clemens Lutz, den beiden Betreibern des Verdarium, ein langes Gespräch, bei dem es unter anderem über aktuelle Werte in der Gesellschaft ging und auch darum, wie der Innen- und der Außenraum zusammenspielen. Von Beginn an gab es die Idee, diesen begrünten Lichthof zu bespielen.

Der Hochstand ist ein archaisches Motiv, die einzige Architektur im Wald. Etwas vom Land mitten in der Stadt. Wofür steht er in Deinem Projekt?

Der Hochstand ist Symbol für das, was mit den Menschen passiert. Die grundsätzliche Frage lautet: Wie verhält sich der Mensch inmitten von Hochhäusern, sprich: in einem vertikal verbauten Raum? Ich glaube, er hat noch nicht gelernt, in der Vertikalen zu denken. Er muss sich erst zurechtfinden mit der Tatsache, dass im Untergeschoß ein Casino und über ihm ein Krankenhaus sein kann. Und der Mensch ist heute ein passiver Beobachter der Umwelt, wenn man etwa an jemanden denkt, der in einem Hochhaus aus dem Fenster sieht: Er beobachtet von oben, ohne direkten Bezug zu dem, was er sieht. Er erlangt dadurch auch ein anderes Bewusstsein von sich selbst, wie unter anderem Rem Koolhaas und J.G. Ballard schon analysiert und berichtet haben.

Wie der einsame Jäger?

Heute verbindet man den Hochstand sofort mit dem Jäger. Doch er hat ursprünglich ja mit dem Förster zu tun, der von oben den Forst überblicken und die Tiere beobachten kann, ohne auf die Jagd konzentriert sein zu müssen. Was die Einsamkeit betrifft, gibt es natürlich Ähnlichkeiten zum Hochhaus: Denn die Gänge sind ja die einzigen Kommunikationsflächen zwischen den Leuten in einem Hochhaus. Es gab bisher noch keine architektonische Lösung für dieses Problem.

In einen schmalen Lichthof so etwas zu bauen, dürfte nicht einfach gewesen sein.

Es war schon schwierig, jemanden zu finden, der das überhaupt noch kann. Ganze elf Tischlereien und Zimmereien haben den Auftrag abgelehnt. Mir ging es ja auch darum, einen Know-how-Transfer vom Land in die Stadt zu haben. Es gibt eben dort derzeit einen generellen Mangel an Personen in gewerblichen Funktionen, Tendenz wachsend. Das Aufbauen vor Ort war dann tatsächlich Schwerstarbeit. Denn die Baumstämme wurden zu groß geliefert und waren frisch, das heißt extrem schwer. Stundenlang wurde zwischen Architekten, Zimmerern und allen weiteren Beteiligten diskutiert, wie man die Sache angeht: Zuerst alles bis ins Detail planen? Oder einfach aufstellen und Hand anlegen? Schließlich wurde die zweite Variante gewählt, wobei sich etwas Faszinierendes heraus stellte: Jeder musste sich beim Aufbau hundertprozentig auf den anderen verlassen und wusste zugleich, dass er selbst absolut wichtig ist. In dem Moment, wo das gegenseitige Vertrauen da war, funktionierte es.

Es wäre zu wünschen, wenn man die Installation auch noch länger im Stilwerk sehen würde. Habt Ihr Euch tatsächlich diese Mühe nur für 10 Tage Design Week gemacht?

Derzeit ist geplant, dass der Hochstand bald nach der Design Week abgebaut wird.

www.viennadesignweek.com/event.php?id=254

www.verdarium.at

www.tischlerei-pascher.at

www.konstantin-schmoelzer.com

www.iropartners.at/?cat=19

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