Im Keller beim Dungeon Master

Was auf den ersten Blick wie ein nettes Gemeinschaftsspiel wirken mag, war früher als satanistisches Killerspiel verschrien und gilt heute noch als Vorlage für unzählige Computerspiele. Das Spielsystem wurde beispielsweise in der Eye-of-the-Beholder-Trilogie, Baldurs-Gate, Planescape: Torment oder Icewind-Dale abgekupfert. Neverwinter Nights ist das erste D&D-Computerspiel das mit einer 3D Engine auf die dritte Edition elektronisch aufbaut. Die D20-Regeln, die auf dem D&D System basieren, wurden ausserdem als Grundlage für Star Wars: Knights Of The Old Republic verwendet.

Ein Grund für den Erfolg von D&D ist neben der Vielfältigkeit der Figuren auch die Gruppendynamik unter den Spielern. Mit unterschiedlichen Kräften und Fähigkeiten sind diese nämlich in Spielsituationen verschieden einzusetzen und kreieren ein unberechenbares Spannungsfeld. Einer der anwesenden Spieler hat seine Figur durch ein paar Bleistiftskizzierungen am Papier porträtiert und so für sich zum Leben erweckt. "Noctua heißt er und wie der Name schon verrät bin ich ein Schattenmensch, ein Rogue, der ziemlich hinterlistig agiert."

Dabei ist das Zusammenstellen der eigenen Figur zu Beginn schon ein extrem durchdachtes Prozedere. Rassen und Klassen werden individuell aber vor allem auch strategisch kombiniert und in das ganz persönliche Character Sheet eingetragen. Zu raten ist es natürlich ein ausbalanciertes Team auf die Beine zu stellen. Es schadet aber auch nicht, selbst ein paar Badass-Moves drauf zu haben.

Möge der Würfelgott mit dir sein

Die Spieler tappen oft im Dunkeln, denn nur der Dungeon Master weiß genau, wo die Reise für alle hingeht. Er besitzt das passende Buch zu dem jeweiligen Abenteuer und behält stets den Überblick. Seine Stimme ist allgegenwärtig im Raum und ist das feinmotorische Gehirn hinter der Operation. Während er gewisse Umfelder ausmalt und in Gedanken die raffiniertesten Festungen errichtet, weiß er schon, dass hinter der großen Zugbrücke eine Horde blutrünstiger Kreaturen wartet. Warnen darf er die Spieler allerdings nicht. Wenn die Zugbrücke nach unten schnellt und die Freunde quasi dem Tod ausgeliefert sind, fragt er nur, wie sie nun vorgehen wollen. Der Würfel entscheidet darüber wie stark oder schwach der Gegenangriff ausfällt.

Für Christian und seine Freunde läuft das Abenteuer nun schon ein gutes Jahr. Vor einem Monat ist einer der Spieler ausgestiegen und letzte Woche wurde dessen Figur zum Amusement aller halbiert. "Sie stand im Weg eines Gegners, der sich mit einem Kreis teleportieren wollte. Der Kreis hat sie einfach in Zwei geschnitten", erklärt Christian, der die feingestrickte Narration des Dungeon Masters nur loben kann. Wie lange das Spiel noch so weitergeht, weiß keiner von ihnen. Zwischen Ereignissen auf dem Tisch wird ausgelassen gelacht, geplaudert, getrunken und geraucht. Dabei wirkt das Team fast harmonisch. In der kurzen Rauchpause am Balkon werden mögliche Szenarien diskutiert und heroische Momente bejubelt. Größte Freude an diesem Abend: der D&D Drache frisch aus dem 3D Drucker eines Spielers. Ein wahres Prachtstück.

Neben einigen Lachern, hitzigen Diskussionen und schrägen Szenarien verbringen die Freunde fünf solide Stunden miteinander in denen sie wirklich Spaß haben und das so gut wie jede zweite Woche. Man könnte fast meinen, die liebevollste Bromance-Geschichte ever. Aber nur fast. Denn am Ende des Abends, als das Spiel schon längst beendet ist, die Spieler abgereist und der Dungeon Master seinen Keller zusammenräumt, kommt der wahre D&D Charakter ans Tageslicht: "Der **** muss sterben! Das wissen wir alle, nur er noch nicht."

Für Neulinge und Interessierte sind Youtube Tutorials in Form von Introduction Videos und einer D&D Session zu empfehlen. Das Players Handbook gibt es auch als reduzierte PDF-Version gratis herunterzuladen und zusätzlich kann ein speziell angefertigtes Starter Set erworben werden.

Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Praxis-Seminars am Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW entstanden.