Im Wald, ein Beat

Nicht nur weil Star-Produzent Paul Epworth ein Auge auf sie geworfen hat, könnten die Glass Animals einmal größer als Alt-J werden: Sie perfektionieren den von Dub, Shoegaze und RnB aufgepeppten "Odd-Pop" zu einem Dance-Album, das so klingt, als hätte man es in einem Urwald aufgenommen.

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Als Paul Epworth für seinen James Bond-Song 2013 und 2012 reihenweise ausgezeichnet wurde, blieb sein neuestes Projekt, das Label "Wolf Tone", unerwähnt. Das verwundert, weil der Brite nach seiner Arbeit mit den großen Pop-Acts wie Adele, Florence And The Machine oder Kate Nash, gerade dabei ist eine vielversprechende und spannende Indie-Plattform aus dem Boden zu stampfen: Bereits 2012 ins Leben gerufen, wird sich die Roster-Maschinerie aber voraussichtlich erst dieses Jahr warm laufen: Neben Dominic Betmead des Hip-Hop Kollektivs The Nextmen und Mattie Safer, Ex-Bassist der Raptures erscheint Anfang September auch die Debüt-EP des kanadischen Produzenten Zodiac alias Jeremy Rose, der sich mit der Single "Come" bereits in Chillwave-Gefilde warm läuft.

Einhorngeflüster

Und dann wären da natürlich noch die Glass Animals aus Oxford: Jene Newcomer in der Sparte "Nerd-Pop" die das Potenzial dazu hätten, einmal größer als Alt-j zu werden: R&B und Soul liegt in der Luft ebenso wie Psychedelic, Afrobeat und Synthesizer-Säuseln getrieben von diesem mystischen, hauchenden Männerfalsett. Die Band beschrieb ihren Sound selbst in einem der wenigen Interviews als "Einhorngeflüster" – das ist mindestens so hipsteresque wie ihr Haarschnitt, aber für Romantiker ein sehr treffender Vergleich.

Glass Animals perfektionieren das, was man im Vorjahr noch nicht ganz und eigentlich nie so richtig benennen konnte und sich deshalb mit "Odd Pop" aushalf: Denn das was Bands wie Blood Orange, Yeasayer, Troumaca, Wild Beasts, Sizarr und Alt-j die letzten Jahre ins Netz stellten, war mehr als nur Synth,- und Dance-Pop: Sounds, ganz klar aus der elektronischen Ecke aber mit wilden Beats und Chören auch nicht unorganisch. Diese Bands nannte man dann trotzdem Indie-Popper, obwohl sich ihre Musik stärker an Keyboard, Dub, Shoegaze und Chillwave orientierte als an Gitarrenriffs.

Alles wächst

Dass die Glass Animals Flying Lotus-Fans sind, hört man nicht nur immer wieder, sondern sieht auch in ihren wirklich großartigen Sci-Fi-"Outdoor"-Videos: Sei es in "Exxus" oder "Pools", ein mit Stop-Motion und Knetmasse umgesetzer, farbenfroher Fabel-Zauberwald oder "Psylla", wo aus den Wunden der Bandmitglieder kleine Pflänchzchen wachsen. Im Anschluss beginnt der Waldboden ein Eigenleben zu entwickeln: Um und aus den unbeweglichen Körper am Boden kriechen Äste wie Raupen, bilden Formen und sprießen zarte Pflanzen. Auch "Black Mambo" spielt im Wald und zeigt den Sänger, wie im allerhand Larven, Würmer und Schnecken über das Gesicht kriechen. Wachstum, Natur, Artenvielfalt- überall pulsiert und wuchert es: In solchen Momenten empfindet man die Glass Animals mehr als Folk, als Synthpop-Band.

Odd-Pop-Gott

"Zaba" träumt am hellichten Tag, "Zaba" ist ein Zungenkuss in Zeitlupe, eine in hookige Songs gezimmerte Geräuschekulisse, wild und fragil zugleich: Zu "Intrux" und seiner Soundkulisse möchte man meditieren – es klingt entfernt orientalisch und afrikanisch zugleich: Es ist nicht mehr als wie wenn man im Wald innehält und lauscht. Der Refrain der Single "Pools" ist mit seinem hookigen Refrain nahe an Is Tropical und Friendly Fires dran – ein potenzieller Kandidat für das kommende Kitsuné Sommermixtape also. "Hazey" pendelt zwischen japanischen Synthesizeperlen, R&B-Beats und einer einsamen Soul-Stimme. Manchmal hört man Sounds die klingen, als würde es in einem Sumpf brodeln und zischen – Dubstep mit anderen Mitteln.

Zu den Glass Animals lässt es sich wunderbar wegdriften, jetzt könnten sie sich aber nicht mit Alt-j messen, wenn ihr Sound nicht tanzbar wäre. Und er ist tanzbar – so innig hat man schon lange nicht mehr bewegt. Wenn Odd der neue Pop ist, dann sind Glass Animals seine neuen Anführer.

"Zaba" von Glass Animals erscheint am 9. Juni via Wolf Tone.

Die Autorin auf Twitter: franziska_tsch

Bild(er) © (c) Liam Cushing 
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