Theater am Arsch der Welt

Werk X – unter diesem Namen arbeiten das Palais Kabelwerk und die Garage X jetzt gemeinsam. Wir haben uns mit dem künstlerischen Leiter über Theater, Meidling und U-Bahnfahren in Wien unterhalten.

Wie ist Ihr bisheriger Eindruck von Meidling als Standort für Kunst und Kultur?

Mittlerweile hab ich mir schon einen ganz guten Eindruck verschafft, und wir möchten auf Meidling auch als Kulturinstitution eingehen. Zum Eröffnungswochenende haben wir ein Minifestival, bei dem wir 8 Autoren den Auftrag gaben auf den Mythos Meidling einzugehen. Wir haben alle irgendwelche Klischees von Meidling im Kopf, und meistens sind die falsch. Meine Vorstellung von Meidling war ein riesiger Arbeiterbezirk, der ganz weit draußen am Stadtrand von Wien ist. Tatsächlich ist Meidling nicht mal ein Randbezirk, und er ist nur doppelt so groß wie Margarethen, Wiens kleinster Bezirk.

Rund um den Meidlinger Markt entwickelt sich gerade sehr viel, da gibt es Stände wo Künstler einbezogen werden, oder wo Kabarettisten am Abend servieren. Das fängt gerade erst an sich zu entwickeln, aber das wird ein sehr schönes Biotop.

Die Siedlung Kabelwerk ist ein sehr schönes Beispiel für modernen Wohnbau, da kommen Architekturklassen aus China angereist um sich anzuschauen, wie man so etwas mit Bürgerbeteiligung entwickelt.

Das Werk X – Eldorado am Petersplatz wird als offen kuratierter Ort der Freien Szene zur Verfügung stehen. Nach welchen Kriterien werden die Produktionen für das Eldorado ausgewählt?

Es gibt ein eigenes Kuratorium für Theater, Tanz und Performance. Die Gruppen melden sich bei uns, und wenn uns Produktionen gefallen stellen wir uns als Spielstätte zur Verfügung. Und wenn sie dann eine Zusage für eine Förderung bekommen, wird das Projekt bei uns realisiert.

Wir haben ja schon immer freie Projekte unterstützt, weil uns die Nachwuchspflege am Herzen liegt. Man kann Innovation als das Bindeglied der beiden Standorte sehen, das ist der rote Faden bei all unseren Produktionen.

Ihr Fazit über die Freie Theaterszene in Wien im Jahr 2014?

Eine aktuelle Tendenz die ich sehe ist, dass vieles sehr performancelastig wird, das ist aber neutral anzusehen.

Eine eher traurige Entwicklung ist, dass sich vieles auf singuläre Projekte beschränkt. Companies gründen sich, machen ein Projekt und gehen wieder auseinander. Früher war es eher üblich, dass Companies 2-3 Jahre kontinulierlich gearbeitet haben, so Projekte wie God’s Entertainment wurden dann riesig und haben auch international gearbeitet. Diese aktuelle Entwicklung macht es für junge Regisseure und Regisseurinnen ziemlich schwierig.

Ihre persönlichen Highlights der neuen Saison?

Ein Highlight ist definitiv die Eröffnungspremiere Eldorado. Das ist übrignes kompletter Zufall, dass es auch Eldorado (Anm. der Red.: wie die Spielstätte am Petersplatz) heißt. Marius von Mayenburg inszeniert erstmals in Österreich, er ist ein Dramatiker der jüngeren Generation und jetzt gerade ziemlicher Shooting Star. Er ist eigentlich Dramaturg an der Schaubühne in Berlin und hat zuletzt am Residenztheater in München inszeniert.

Sehr stolz bin ich auch, dass Milan Peschel bei uns "Blueberry Hill" inszeniert. Peschel war vor zwei Jahren in Cannes ganz groß, da aber als Schauspieler, er hat zuletzt am Deutschen Theater in Berlin inszeniert. Mario Salazar ist sein Leibautor, ein Chilene, der extra für uns in Wien dieses neue Stück geschrieben hat.

Und im Jänner widmen wir uns noch einmal einem alten Wiener Mythos, der "Proletenpassion". Das ist ein Stück aus dem Jahr 1976, von Heinz Kummer geschrieben. Damals waren Lukas und Willi Resetaris und Erwin Steinhauer dabei. Es geht dabei um den Widerstand aus Sicht des kleinen Mannes, und es wurde seit 25 Jahren nicht mehr aufgeführt. Wir haben das Stück neu geschrieben und die letzten 25 Jahre miteinbezogen, da kommt alles vom Börsencrash bis zum arabischen Frühling drin vor. Auch die Musik wurde neu geschrieben, unter der musikalischen Leitung von Eva Jantschitsch.

Werk X ist nun der gemeinsame Name der ehemaligen Garage X und des Palais Kabelwerk. Der Spielplan ist unter www.werk-x.at einsehbar.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...