Kreiml & Samurai nehmen uns mit ihrem sechsten Album »Ranz oder gar nicht« auf einen rasanten Ausritt mit. Im Interview erzählen sie The Gap über Musik als Berufung, den Keller als Arbeitsort und den Ernst des Lebens.
Als Schweinehund kredenzten sie dabei einen musikalischen Einblick in das künstlerische Innenleben des Untiers. Doch Vorsicht ist geboten, denn dieses Mal sind sie besonders widerspenstig und vom Grant erfüllt. Denn in einer Welt, die immer teurer wird und deren Irrsinn täglich zunimmt, ist es an der Zeit, wachsam zu sein. Doch der Schweinehund ist ready und jederzeit bereit, den Hörenden, der Szene und auch allen Fans pointiert ins Gesicht zu springen. Am besten geht das natürlich mit einer neuen Platte und einer Tour. Wie gewohnt haben Kreiml & Samurai auch dieses Mal Rückendeckung von ihrem Wiener Label Honigdachs. Die Beats auf dem Album stammen aus der Feder von Alligatorman. Im Gespräch mit Kreiml & Samurai wollten wir herausfinden, wie es ihnen bei der Arbeit an »Ranz oder gar nicht« so ging.
»Ranz oder gar nicht« ist bereits euer sechstes gemeinsames Album. Und auch abseits davon haltet ihr euren musikalischen Output stets hoch. Dabei handelt euere Lyrics aber oft vom Prokrastinieren und dem Recht auf Faulheit. Stört die viele Arbeit nicht etwas beim Chillen?
Kreiml: Also es ist schon mal der falsche Ansatz, es als Arbeit zu bezeichnen. Denn es ist eigentlich eher eine Berufung anstatt eines Berufes und dadurch lässt sich das mit dem Chillen gut kombinieren.
Samurai: Uns macht es einfach Spaß und dadurch, dass wir da mehr arbeiten, können wir woanders weniger arbeiten. Aber ja, unsere Platten und das ganze Leben sind voll von ambivalenten Gefühlen. Es ist nicht immer alles schwarz oder weiß, sondern meistens gibt es viele verschiedene Facetten und Graustufen dabei. Für uns ist es ein Privileg und wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir als Musiker arbeiten dürfen.
Wie kam der aktuelle Sound auf dem Album zustande? Welche kreativen Einflüsse spielten eine Rolle beim Schreiben und Recorden?
Kreiml: Es lag an der Arbeitsweise an sich, die dieses Mal eine andere war als davor. Da wir alles mit Alligatorman gemeinsam im Studio gemacht haben. Er hat manches natürlich im Nachhinein nochmals überarbeitet. Aber es ist wirklich sehr viel im Studio Room 237 entstanden. Es ist immer, wenn wir dort waren, etwas weitergegangen. Und allein schon dieser Zugang zum Arbeitsprozess war ein anderer.
Samurai: Wir haben hauptsächlich Lieder gemacht, die für uns auf einer emotionalen und textlichen Ebene funktionieren. Vieles ist aus unseren Emotionen, die wir in der Situation empfunden haben, entstanden. Um ein Beispiel zu nennen: Beim Track »Spiele Leben« habe ich gerade Dostojewskis »Der Spieler« gelesen. Kreiml hat dann mit seinem Part angefangen und alles hat einfach gepasst. Zusätzlich hat es sich textlich gut gefügt und richtig angefühlt. Daneben gab es aber auch Themen, bei denen es für uns wichtig war, diese zu verarbeiten. Wie auf »Preiselbeerkompott«. Da ging es um eine Thematik, die in Wirklichkeit alle beschäftigt, aber zu der noch niemand einen Track gemacht hat. Ebenso wie bei den Themen, um die es auf »Oh du mein Österreich« geht. Das sind einfach Dinge, die einen schon ein Leben lang beschäftigen.
Kreiml: Vieles war dabei aber auch einfach aus dem Leben gegriffen, wie zum Beispiel der Track »Deppade Frog«, da geht es um Fragen, die einem immer wieder begegnen …
Samurai: … von Journalisten, die einem am Arsch gehen!
[Wir lachen]
Kreiml: Die Lieder waren weniger angelegt auf Rap-Bars. Die findet man natürlich auch auf dem Album, aber eher verpackt in Formulierungen, bei denen es um Dinge geht, die aus dem Leben gegriffen sind.
Samurai: Dadurch, dass wir das alles im Keller, einem Ort, an dem Raum und Zeit irgendwie verschwimmen und man ein bisschen außerhalb der Welt steht, aufgenommen haben, war da einfach genug Platz für unsere Emotionen und die Themen, die uns beschäftigen.
Kreiml: Die Welt war da unten weit genug weg, um das von oben Mitgenommene in Ruhe verarbeiten zu können. Wir hatten dieses Mal auch die Deadlines überhaupt nicht im Kopf.
Samurai: Ja, und dieses Mal ist die Albumproduktion so schnell gegangen wie noch nie.
Ich finde, dass man auf dem aktuellen Album eine deutlich wehmütigere Note heraushört als bei manchen vorangegangenen Werken. Liegt das am Zeitgeist? Empfindet ihr das selbst überhaupt, so?
Kreiml: Ich würde eher sagen, dieses Album ist inhaltlich gehaltvoller. Vielleicht impliziert das auch Ernster. Aber ich finde trotzdem, dass manche Themen ohne einen gewissen Schmäh nicht funktionieren. Es liegt sicher mitunter am Zeitgeist selbst und auch am Leben, das man durch das Älterwerden mittlerweile führt. Und auch daran, sich nicht ständig wiederholen zu wollen.
Samurai: Die Themen sind wahrscheinlich ernster. Und es gibt sicher auch Themen, bei denen man etwas aufpassen muss, um nicht aufs Glatteis geführt zu werden. Aber wir haben keine Angst davor, uns ernsten Themen zu stellen und unsere Meinung zu vertreten. Ich glaube aber, wir transportieren es mit einem gewissen Ranz. Also einem Schmäh und nicht oberlehrerhaft. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass wir uns nichts g’schissen haben. Vieles hat auch einfach mit unserer persönlichen Entwicklung zu tun.
Kommen wir zu den Produktionen. Ihr habt mit Alligatorman ein sehr stimmiges und auch melodisches Album geschaffen. Mir sind besonders die Intros inklusive harmonischer Samples aufgefallen. War das eine bewusste Entscheidung fürs Gesamtkonzept oder hat sich das aus den ausgewählten Beats ergeben?
Samurai: Das ist eindeutig Alligatormans Handschrift. Also diese Intros, das hat er in Eigenregie gemacht. Er hat da auch immer wieder sehr viel Effort hineingesteckt, um das Beste herauszuholen. Grundsätzlich hatten wir den Anspruch, dass es Lieder sind, die auf emotionaler Ebene, sprich also mit Melodie, gut funktionieren. Das war aber schon immer ein Ding, das uns im Vergleich zu anderen Hip-Hop-Künstlern oder Old-School-Hip-Hop-Künstlern unterschieden hat. Dadurch habe ich auch automatisch mehr gesungen. So ein paar Sachen sind einfach herausgesprudelt. Und das hat viel damit zu tun, wie Alligatorman als Engineer arbeitet.
Kreiml: Es war eben nicht so, dass wir Beats gepickt haben. Sondern der Beat ist in den meisten Fällen parallel entstanden. Und alles ist organisch zusammengewachsen.
Samurai: Wir hatten auch Jürgen Schallauer, den Bassisten von Franz Fuexe dabei und wollten einfach alle gemeinsam das Beste herausholen. An der Stelle danke auch an Alligatorman und Jürgen für die gute Zusammenarbeit.
Ihr habt für die »Ranz oder gar nicht«-Tour sieben Stopps geplant, davon ist einer in Deutschland. Was erwartet das Publikum bei euren Auftritten? Und wer von Honigdachs ist sonst noch dabei?
Kreiml: Also von den Auftritten kann man auf jeden Fall next Level erwarten. Wir wollen leiwand spielen, mit neuen Spompanadeln, und das neue Album mit Band präsentieren. Wir werden die ganze Tour mit Band spielen. Katharsis ist auch dabei, die haben gerade ihr Album »Drohmantik« veröffentlicht. Also, wenn man uns feiert, dann sollte man es sich Live auch geben.
Samurai: Es ist eine neue Ära, was unser Live-Ding angeht. Wir probieren gerade, das Ganze von Grund auf neu zu konzipieren. Aber natürlich mit unseren Grundwerten. Also, es muss schon alles ein hohes Energielevel haben und ordentlich reinhauen.
Kreiml: Damit sich Leute danach denken: »So eine Show in der Art habe ich noch nicht gesehen.«
Samurai: Also kommt vorbei und schaut es euch an
»Ranz oder gar nicht« von Kreiml & Samurai erscheint am 19. April bei Honigdachs. Die nächsten Konzerttermine des Duos lauten: 10. Mai, Wien, Arena — 11. Mai, Graz, PPC — 17. Mai, Salzburg, Rockhouse — 18. Mai, Steyr, Röda — 22. Mai, München (DE), Backstage — 23. Mai, Innsbruck, PMK — 24. Mai, Lustenau, Carinisaal.