Aber keine E-Books, das wäre ihm zu riskant. Am 19. Mai erscheint das neue Album „Upside Down Mountain“. Die Songs darauf könnte er glatt auch in der Badewanne geschrieben haben.
Der Grund für diese total aus der Luft gegriffene Annahme ist ein simpler. Conor Oberst klingt erstmals vollkommen entspannt und ausgeglichen. Natürlich ist er schon lange nicht mehr dieses schüchtern-ängstliche Indie-Wunderkind, zu dem er zu „I’m Wide Awake It’s Morning“-Zeiten 2005 von der Musikpresse und den für seinen Geschmack wohl viel zu hysterischen Fans hochstilisiert worden war. Aber mittlerweile scheint er angekommen zu sein. Irgendwo zumindest. Bei sich selbst vielleicht.
Conor Oberst hat geheiratet, er hat in seinem Heimatort Nebraska eine Bar eröffnet, in die er wahrscheinlich nicht nur unserer Redakteurin eingeladen hat, sondern alle, mit denen er an diesem Promo-Tag in Berlin über immer gleiche Themen gesprochen hat. Trotzdem, auch spät am Abend ist er immer noch so entspannt und ausgeglichen, wie er auf „Upside Down Mountain“ klingt. Einen sympathischen Humor hat der 34-Jährige auch, selbstironisch ist er. Und er gluckst dann leise bei seinen eigenen Witzen. Man muss irgendwie ständig aufpassen, dass man nicht unprofessionell wirkt vor lauter Liebe.
Conor Oberst, der Held einer Generation, für die er niemals einer sein wollte. Er schrieb einfach Songs. Damals waren das noch Teenage-Angst-Hymnen wie „We Are Nowhere And It’s Now“, „Lover I Don’t Have To Love“ und der wahrscheinlich schmerzlichste aller Akustiksongs „Lua“. Bei seinem Auftritt vor fast zehn Jahren in Wien machten sich Leute noch Sorgen darüber, wie lange er es wohl noch schafft. Die Bushaltestelle, der Kapuze die Emo-Frisur, die brüchige Stimme. Ja, das war eh Bright Eyes. Gehüpft wie gesprungen jetzt.
Die Stimme ist unverkennbar geblieben, aber die Angst ist weg. Conor Oberst ist selbstbewusster und lauter geworden. So laut es halt geht als Folk-Musiker. Die Songs sind schön hoffnungsvoll, so als würden sie einem sagen, hey, es ist ein neuer Tag, mach etwas daraus, carpe diem. „There are hundreds of ways“ und so. Natürlich ist es nicht so einfach, schließlich reden wir hier von Conor Oberst. Im Interview geht es später auch um staatliche Überwachung, um die Künstlichkeit der sozialen Medien und um das Unbehagen, das er deshalb empfindet.
Was motiviert dich, immer wieder ein neues Album zu machen?
Ich schreibe einfach ständig Songs und irgendwann habe ich dann wieder genug Material für eine neue Platte. Ich weiß, das ist keine sonderlich interessante Antwort.
Du hast also noch nicht alles gesagt, was gesagt werden muss?
Ich glaube nicht. Songs zu schreiben macht Spaß, ich kann da nicht ohne. Wohl oder übel mache ich weiter. Es gibt immer noch viel Geheimnisvolles für mich in meinem Songwriting. Der Moment, in dem mir ein Song zufliegt, ist einer der schönsten überhaupt. Ich mache ja Etwas aus Nichts.
Auf dem neuen Album geht es ums Sich-Niederlassen. Es hat so einen Innerer-Frieden-Vibe. Hast du deinen inneren Frieden gefunden?
(lacht.) Es geht in meinen Songs nie bloß um Von-Mir-Erlebtes. Ich meine, die Songs sind von mir, natürlich steckt da viel von mir drin, aber es geht mehr darum, Beobachtungen zu machen, zu sammeln, zu reflektieren. In meinem Kopf werden die Beobachtungen dann durchgemixt, sie gehen in mein Unterbewusstsein und dann kommen sie wieder heraus. Der kreative Prozess ist immer noch ziemlich magisch.