Jack White und Band gaben Anfang Juli ein phänomenales Konzert in London, wir waren mit dabei.
Wie auch immer es anstellt, Jack White ist eine jener Musikerpersönlichkeiten, die es schaffen, mit dem ersten Ton, den sie auf der Bühne anschlagen, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. So auch passiert Anfang Juli im altehrwürdigen Londoner Hammersmith Apollo (aktuell Eventim Apollo), ein alter Konzertsaal mit Galerie und Stuckdecke und fantastischer Akustik. Nur wenige Konzerte gibt Jack White III, wie er sich nennt, zur Promotion seines aktuellen Albums „Lazaretto“ in einem intimeren Rahmen wie diesem vor etwa 5.000 Leuten. Der nächste London-Gig etwa wird im Herbst in der drei- bis viermal so viele Zuschauer fassenden O2-Arena stattfinden.
Speed und Virtuosität
Bereits als sich der blaue Bühnenvorhang hebt, ist der Jubel des Publikums ohrenbetäubend und erfährt noch eine Steigerung, als die Band den ersten Song „Sixteen Saltines“ in den Saal katapultiert. White und seine fünfköpfige Band generieren eine Energie, die ich zuletzt bei Nick Cave oder vor längerer Zeit bei den Raconteurs, ebenfalls eines seiner vielen Projekte, gespürt habe. Der charismatische Frontman ist Showman durch und durch, tobt auf der Bühne umher, als wäre er auf Speed und schwitzt dabei Virtuosität aus jeder Pore.
Natürlich ist es nicht White alleine, seine nicht minder virtuose Band erzeugt mit viel Spielfreude den nötigen Druck, allem voran Drummer Daru Jones und der von The Mars Volta bekannte Keyboarder Ikey Owens. Herausgestochen ist auch die junge Geigerin Lillie Mae Rische, nicht nur weil sie die einzige Frau in der Band ist, sondern auch, weil sie stimmlich vielen Songs eine zusätzliche Klangfarbe verleiht, etwa bei „Would You Fight For My Love?“, eines der Kernstücke des neuen Albums.
Blue Stripes
Auch die optische Komponente spielt stets eine wichtige Rolle bei Whites zahlreichen Projekten. Während bei den White Stripes alles in rot-weiß-schwarz getaucht war, sind es nun Blautöne, die Cover-Artwork, Pressefotos und das Bühnenbild dominieren. Nebst einem Vintage-Fernseher, der passend zur Musik optische Störsignale sendet, prägen drei sargförmige Lichtskulpturen, die sich während der Show heben und senken und wohl die „III“ in Whites Namen symbolisieren, das Bühnenbild.
Wie gut, dass der Vollblutmusiker auch in Sachen Songwriting an all seinen Projekten maßgeblich beteiligt ist, so dass das Live-Programm eine tolle Mischung repräsentiert aus Songs seiner beiden Soloalben, einer großen Menge an White Stripes-Nummern sowie Material von The Dead Weather („Blue Blood Blues“) und den Raconteurs, etwa „Steady As She Goes“, eines der Highlights des Abends. Und es ist nicht nur das Material unterschiedlicher Projekte, das seine Konzerte spannend macht, sondern auch der Einsatz vielfältiger Musikstile. Denn wer sonst vermischt Blues, Garagenrock, Folk, Punk, Country, Honky Tonk, irre Instrumentaltracks und in höchste Tonlagen strebende Gitarrensoli zu einer solch stimmigen Collage?
Die Schlussnummer war erwartbar, mit „Seven Nation Army“, der von Fußballfans weltweit okkupierten Stadionhymne, läuten bzw. stampfen White & seine Band einen außergewöhnlichen Konzertabend in London aus.