Bilder der Ausstellung „Faceless part I“ im Quartier21 mäandern zwischen Gesichtern als Leerstellen und Masken. "Alles was tief ist, liebt die Maske" (F. Nietzsche) – Eine Betrachtung über das Gesichtslose in der Kunst mit Bildergalerie.
Manu Luksch: Still aus "The Faceless Project" (© Manu Luksch)
Aus der Series "Less", 2004 von Sergei Sviatchenko (© Sergei Sviatchenko)
Frank Schallmaier: "Flash" (© Frank Schallmaier)
Asger Carlsen: "Hester (16)" (© A. Carlsen, Dittrich & Schlechtriem Berlin)
Levi van Veluw: "Sterling Wood", 2008 (© L. v. Veluw, Galerie Ron Mandos Amsterdam)
Marina Abramović: "Light Dark", 2006 (© M. Abramović, Galerie Krinzinger Wien)
Thorsten Brinkmann: "Lady Glittersky", 2009, C-print, 121 x 92 cm (c) T. Brinkmann, VBK, Wien 2013 and VG Bildkunst Bonn
Veljko Onjin: "Deer No. 7" aus der Serie "Deers", 2007 (© Veljko Onjin)
Rebel Yuths (© Rebel Yuths)
Brian Kenny: "Run", 2010 (© Brian Kenny)
Jun Takahashi für die Modekollektion von "Undercover" (© Undercover AW 2006/2007 Collection Guruguru)
Katsuya Kamo für Junya Watanabe Comme des Garcons, Herbst-/Winterkollektion 2008/2009 (© Comme des Garcons, Katsuya Kamo)
Shahram Entekhabi: "Das kleine Schwarze", 2003-2005 (© Shahram Entekhabi)
Verschwinden, Verschleiern, Maskieren – von Pablo Picasso über Bob Dylan bis Sido und der Doom-Techno-Szene – Maskierungen sind Medien-Strategien, die immer wieder gern genutzt werden, weil sie zweideutig sind. Wer sich maskiert, steht im Mittelpunkt, obgleich er sich selbst nicht preis gibt. Was da ist und nicht da ist, weckt Interesse, assoziiert Tiefe und Exklusivität.
Zwischen Gesichtern als Leerstellen und Masken mäandern Bilder der Ausstellung "Faceless part I“ im Quartier21. Kunst und Mode, in denen Gesichter versteckt, transformiert oder maskiert werden, reflektieren nicht nur ihre „eigene“ mediale Welt, sondern auch visuelle Strategien unserer Gesellschaft per sé. "Unsere instabile Identität sehnt sich nach einer Rückkehr der Maske, um diese wie in vergangenen Zeiten zum Schutz, zur Tarnung, als Requisit oder bloß zum Vergnügen zu tragen", so Bogomir Doringer, der die Ausstellung zusammen mit Brigitte Felderer von der Universität für angewandte Kunst kuratiert.
Fotografien und Collagen von Manu Luksch, Sergei Sviatchenko oder Frank Schallmaier zeigen gesichtslose, identitätslose Wesen, zum Teil überwachte, persönlichkeitslose Gestalten. Doch gerade das Fehlen eines Ausdrucks macht hier das Bedürfnis aus, hinter diese Lücke zu sehen – dem Gestaltlosen eine Bedeutung zu geben oder überhaupt wieder danach zu fragen. Der Anblick von "Nichts" wirft Fragen an den Betrachter zurück: Kann man in einer oberflächlichen Gesellschaft nur hinter der Maske tief sein?
Nietzsche und die Masken
Andere Künstler deuten im Gesichtslosen bereits etwas anderes, rätselhaftes an oder setzen die „Oberfläche“, die „Maske“ gar ganz in den Vordergrund, wie die Collagen von Veljko Onjin oder die Masken von Rebel Yuths. »Alles, was tief ist, liebt die Maske«, so Friedrich Nietzsche über die Funktion der Maske in der Kultur. „Die medialen Fratzen“, so Brigitte Felderer, “relativieren die Selbstwahrnehmung, konfrontieren uns mit unvergleichlichen Spiegelbildern, verführen zu übersteigerter Selbstkontrolle“.
Bei den Modefotografien der Designer Jun Takahashi und Katsuya Kamo wird ein anderer Ansatz deutlich: Das Gesicht ist da, verschwindet aber unter der Ganzkörperhülle; scheint ganz und gar bedeutungslos. Vielleicht geht es hier um die „Erholung“, die da Nietzsche auch schon ansprach – die Maske, um sich von sich selbst zu erholen und anderen ebenso die Möglichkeit dazu zu geben, sich vom ständigen Hinsehen zu erholen. Insbesondere dort, wo es ums Sehen und Gesehen werden geht, wie in der Mode, kann das nicht-Sichtbare Fragen über das eigentlich Sehenswerte auslösen; oder Oberflächlichkeit von wahrer Bedeutung differenzieren.
Burka x Mutanten
Die Ausstellung „Faceless part I“ schafft wohl gerade in der Vielfalt der dort versammelten künstlerischen Konzepte, Bedeutungsüberschuss und Tiefe – da wo eigentlich nichts oder offensichtlich keine Tiefe ist. Bilder und Fotografien sind in Themenbereiche wie Burka, Hooligan, Sex, Fetisch und Mutanten geordnet – das Präsentationskonzept wurde in Kooperation mit der Universität Mozarteum in Salzburg entwickelt. Zur morgigen Eröffnung kann man außerdem Performances von Addie Wagenknecht und Stefan Hechenberger, Feral is Kinky und Rebel Yuths sehen.
Der zweite Teil der Ausstellung, der am 27. September eröffnet wird, widmet sich der Neuerfindung der Privatsphäre. Unter www.facelessexhibition.com sind Besucher und Künstler eingeladen, "gesichtslose" Bilder hochzuladen. Nach Auswahl durch den Kurator Bogomir Doringer werden einige von diesen in "Faceless part II" präsentiert.
Die Ausstellung "Facelass part I" vom 4. Juli bis 1. September im Quartier21 im Museumsquartier, geöffnet jeden Dienstag bis Sonntag von 13 bis 19 Uhr
Ausstellungseröffnung am 3. Juli um 19 Uhr im Quartier21
„Faceless part II“ ab 27. September – Mitmachen und „gesichtslose“ Bilder hochladen auf www.facelessexhibition.com
Ausgestellte Künstler zur „Facelass part I" sind: Marina Abramovic, Thorsten Brinkmann, Asger Carlsen, Shahram Entekhabi, David Haines, Ren Hang, Ute Klein, Nienke Klunder, Manu Luksch, Slava Mogutin, Mustafa Sabbagh, Jan Stradtmann, Levi van Veluw, Maison Martin Margiela, Jun Takahashi, Katsuya Kamo.