Elisabeth Oberndorfer kennt Medien aus jeder möglichen Perspektive – und jammert nicht über deren Zukunft.
Sie war stellvertretende Chefredakteurin, freie Journalistin, hat aber auch auf Auftraggeberseite als Projektmanagerin von Digitalkampagnen gearbeitet: Elisabeth Oberndorfer kennt das Mediengeschäft in und auswendig.
Als Auslandskorrespondentin im Silicon Valley wollte sie nicht länger über Kleinstbeträge für ihre Storys verhandeln, und hat den mutigen Schritt in die Magazingründung gewagt. Fillmore – das Magazin für Wirtschaft, Innovation und Lifestyle ist äußerst lesenswert schlägt die Brücke der Innovation aus dem Silicon Valley nach Österreich. Elisabeth hat uns erzählt, wie Medien 2014 gehen.
Anfang 2013 hast du dich entschieden, als freie Journalistin ins Silicon Valley auszuwandern und nun dein eigenes Magazin gegründet. Du wirst nun selbst mit potentiellen Marketern, Sponsoren und Kooperationspartnern verhandeln. Hast du dich in eine einfachere oder schwierigere Position begeben?
Das Gras ist zwar auf der anderen Seite immer grüner, aber mir ist schon klar, dass das die unbequemere Seite ist. Ich habe davor schon Erfahrungen in dem Bereich gesammelt, als stellvertretende Chefredakteurin eines Fachverlags, bei der Gründung des Frauennetzwerks Digitalista und bei einem kurzen Ausflug in die Werbebranche. Ich habe also schon einiges von der Management- und Vermarktungsseite gesehen, dass ich mir nicht einbilde, es wäre leichter. Ich hoffe nur, dass ich über mehrstelligere Beträge verhandle denn als einfache Journalistin.
In Österreich ist der aktuelle Diskurs zum Thema Medienlandschaft und Journalismus-Arbeitsmarkt eher negativ. Es gibt wieder Entlassungen bei Medienhäusern, man jammert, hat zu wenig Zeit für Stories, zu viel Ausbildung für zu wenig Stellen. Spürst du im Grundton einen Unterschied im Silicon Valley?
Absolut! Österreich ist vollkommen in der Schockstarre, und das schon seit Jahren. Als Medienfachjournalistin habe ich in Österreich das Jammern noch etwas lauter gehört, wenn ich mit Verlegern oder Vermarktern gesprochen habe. Ich finde zwar die "Kultur des Scheiterns" hier wird von den Medien größer zelebriert als sie ist, aber es stimmt: Hier experimentieren Unternehmen mehr. Wenn’s nicht klappt, wird die nächste Idee getestet.
Leider sind aber auch Printmedien in den USA noch sehr verschlafen, dennoch nicht so realitätsverweigernd wie in Österreich. Hier warten die Menschen auch nicht, dass sie jemand mit einer 40 Stunden-Stelle und Kollektivvertrag aufnimmt. Die soziale Unsicherheit und die hohen Lebenskosten sind meiner Beobachtung nach auch ein Grund, warum hier so viel Neues passiert. Wer hier überleben will, kann nicht abwarten, sondern muss sich ständig weiterentwickeln und neue Tätigkeitsfelder schaffen.
Cory Ford, ehemaliger Journalist und nun Start-up-Accelerator, meint Medienmanager müssten „sich von ihrer alten Kultur trennen und neue, disruptive Perspektiven zulassen“. Wie ist das in der österreichischen Medienlandschaft?
Es gibt ja einige neue Medien in Österreich und mir gefallen auch Medienprojekte wie Paroli. Dennoch frage ich mich immer, warum noch immer so viel auf Print gesetzt wird. Kürzlich bin ich auf Die Option gestossen, ein Magazin, dass sich durch Crowdfunding finanziert hat. Ich frage mich, warum sowas noch gedruckt werden muss, wo doch die Produktionskosten so hoch sind.
Die österreichische Medienwirtschaft beißt sich da selbst in den Schwanz: Medienmacher bauen Printprodukte, weil sie glauben, dort verdienen sie noch mehr als digital. Gleichzeitig verkaufen Mediaagenturen noch immer brav Print und ein bisschen Display oben drauf, weil die Magazine so schön produziert sind und die Onlineportale nur billige Ableger. Irgendwer der beiden Parteien muss endlich mal "disrupten" und sagen: Digital first. Vielleicht sehe ich das sehr naiv, weil ich sehr brainwashed bin von San Francisco. Ich glaube aber, dass nur mal jemand nach vor treten muss.
Und ich will damit nicht sagen, dass Print tot ist. Ich habe fast zehn verschiedene Magazine auf Papier abonniert. Zwar vor allem deshalb, weil ich derzeit kein Tablet besitze. Aber Printmedien haben nach wie vor ihre Daseinsberechtigung. Nur diese Glorifizierung von Print muss in Österreich einmal aufhören.
Um auf das Thema Innovation zurückzukommen: Ich kenne kein Medienunternehmen, dass ich als ganzheitlich innovativ bezeichnen würde, eher viele kleine innovative Puzzleteile, die aber noch keinen Sinn ergeben. Ich bin aber sehr gespannt, was zum Beispiel Vice in Österreich machen wird. Ich weiß, dass Fillmore als digitales Magazin nicht per se eine Innovation ist, aber die Ansätze, die ich in den verschiedenen Arbeitsbereichen wähle, werden innovativ sein. Fillmore ist quasi sein eigenes Innovation Lab mit guten Inhalten.