Juden zu beleidigen ist immer das Einfachste der Welt gewesen

Mit dem Begriff "Alibi-Moslems" hat Rapper Nazar ins Schwarze getroffen. In seinem neuen Box-Set ist außerdem ein Falco-Feature, ein überfälliger H.C. Strache-Diss und eine Nachricht an all die Heuchler da draußen versteckt. Auch im Interview macht er klar: Sich beugen, wozu?

Du siehst dich ja auch als Sprachrohr für Leute, die sonst keine Stimme haben. Du sagst trotzdem nicht zu jedem Shit deine Meinung.

Ich hab schon vieles gesagt, was andere bescheuert gefunden haben. Ich will meine Meinung sagen, weil ich Mitläufer und Schulterklopfer hasse. Ich weiß, dass es schlimm für mich ausgehen kann, aber das ist für mich kein Hindernis. Wir hatten aber nach dem Interview Anfragen von Bild, Spiegel, Stern, haben das abgesagt, weil ich wusste, was die da mit mir versuchen.

Und großer Fan von Obamas Außenpolitik bist du ja auch nicht, oder? Hat sich das mit der Bombardierung des IS gebessert?

Definitiv nicht. Es ist das Ziel Amerikas, in Länder einzumarschieren, sie von Grund auf zu vernichten. Danach versuchen sie eine US-freundliche Regierung aufzubauen. Und wenn das dann nicht funktioniert, kommen sie und sagen: "Wir sind die Weltmacht, wir müssen für Ruhe sorgen!". Und zerbomben das Land. Wie kannst du da was richtig gemacht haben? Als ich vor neun Jahren das letzte Mal im Iran war, meinten alle, sie hassen die Diktatur. Aber trotzdem will niemand, dass die Amerikaner sie befreien.

Kommen wir zum Album. Universal investiert 500.000 Euro, damit ist es die größte österreichische Produktion bis dato. Wie geht sich das aus?

Das ist natürlich ein unfassbar hohes Budget. Dabei geht’s ja nicht nur um die CD an sich. Videos, Promo, Plakate … Man kommt schon auf einen Weg, das wieder einzuspielen. Wir verkaufen allein cirka 5.000 Stück von den Boxen um 40 Euro. Es ist also kein Wahnsinnsrisiko. Die Jungs im Büro sitzen nicht da und schwitzen. (lacht)

Fühlst du dich mit dieser Mammut-Produktion jetzt auch in Österreich angekommen?

Teils. Es gibt Interviews wie mit euch, wo man merkt, dass ihr das macht, weil ihr es wollt. Und dann gab es Leute, bei denen man merkt: Okay, die können das Nazar-Interview nicht absagen, weil sie auch eins mit Robbie Williams kriegen wollen. Das Popfest war sowieso ein unvergesslicher Moment in meinem Leben. Ob die Akzeptanz wirklich da ist? Wird man nach dem Album sehen. Ob ich dann Möglichkeiten bekomme, wie sie Gabalier oder Stürmer bekamen? In Amerika haben Rapper ihre eigene Wodka-Marke und machen Werbung für Mercedes und Chrysler. Davon sind wir Welten entfernt. Das will ich. Oder wenn ich in eine Talkshow komme und von dem Wichser der dort sitzt nicht mit "Yo Yo Yo!", sondern mit Respekt begrüßt werde – DANN kommen wir ansatzweise dorthin.

Wie bist du eigentlich an die Falco-Spuren gekommen? Angeblich über Popfest-Kurator Wolfi Schlögl?

Nicht angeblich, Tatsache. Der gute Wolfi – der übrigens mit mir nur Kontakt haben darf, weil seine Frau auch Iranerin ist (lacht) – hat mich im Studio besucht, um mich zu überreden, beim Popfest zu spielen. Da sind wir auf Falco gekommen. Er hat das alles in die Wege geleitet.

Wieso die große Vielfalt an Produzenten auf "Camouflage"?

Dieses Mal sind es tatsächlich 15 oder 16. Der Sound vom letzten Album war cool, aber eintönig. Den Produzenten O.Z. hab ich damals in der Schweiz entdeckt. Kam mit dem rosa Laptop seiner Schwester und hat darauf seine Beats gemacht. Heute macht er Zeug für P. Diddy, Jay-Z, Drake … und der Typ ist bei mir einfach mal so unter Vertrag. Ich hab damals ja auch als einer der Ersten mit dem Trap-Sound angefangen, viel Kritik dafür geerntet. Heute will ich aber einen anderen Sound. Heut bin ich woanders.

Und wo bist du?

Das Album ist sehr ausgewogen. Hier mal ein Insider: Ich hab Max Herres "Unplugged"-Album zu Tode gehört, in der Dusche gesungen, bis die Nachbarn angeklopft haben. Ich wollte auch so was machen. Daraus wurden dann nur drei Nummern, ich hab mir da zuviel zugetraut. Außerdem noch viele Instrumentals, Live-Einspielungen, tiefe und böse Synths.

Wo siehst du dich bei diesem Gedisse zwischen Straßen-Rap vs. Hipster-Rap?

Ich hab immer versucht, vielseitig zu sein, sowohl aggressive Kanaken-Musik und auch Themen-Songs und Balladen. Und ich hab auch gar nichts gegen Hipster oder deren Musik. Ich hab auch als einer der ersten Cro öffentlich gut gefunden. Nicht nur, weil das Geld bringt, sondern wegen der Musik. Hier in Wien krieg ich von dieser ganzen Hipster-Szene auch kaum was mit. Gibt es die überhaupt? Ich kenn da eigentlich nur dich … (Gelächter, auch aus dem Hintergrund)

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Bild(er) © Michael Breyer, Universal
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