Jungbrunnen Rockmusik: Skunk Anansie im Interview

Kurz vor ihrem ausverkauften Konzert in der Arena Wien haben wir Skunk-Anansie-Sängerin Skin und -Gitarrist Ace zum entspannten Talk getroffen. Dabei sprachen wir über ihr aktuelles Album, Konzertboykotts und den Jungbrunnen Rockmusik.

Ihr habt zuerst euer aktuelles Album „Anarchytecture“ erwähnt, wie seid ihr zufrieden damit?

Skin: Das Album hat alles, was man sich von einer Skunk-Anansie-Platte erwartet, tolle Riffs, Melodien, Abwechslungsreichtum, es wurde fantastisch aufgenommen und gemastert, und sogar das Artwork ist das beste, das wir jemals hatten.

Ace: Für uns ist das Album immer noch brandneu. Und wir erreichen damit immer noch neue Leute, die es bisher noch nicht gehört haben.

Was mir immer an Skunk Anansie gefallen hat, ist die Kombination aus kraftvollen Rocksongs wie „Weak“ und wundervollen Balladen wie „Secrectly“ oder „Death To The Lovers“ vom neuen Album.

Skin: Absolut, es gehört zu Skunk Anansie, dass wir viele unterschiedliche Arten von Songs und Genres bedienen. Auf dem aktuellen Album haben wir das erste Mal elektronische Elemente intensiver eingesetzt, dadurch bekommt es einen neuen Vibe und klingt viel spritziger. Wir möchten auf keinen Fall versuchen, die 90er-Jahre wiederzubeleben. Wir sind nicht nostalgisch, uns ging es immer mehr um neue Ideen und Einflüsse.

Wie hat sich das Schreiben und Aufnehmen des Albums von anderen Alben unterschieden?

Ace: Jede Platte ist wie eine Momentaufnahme. Es ändern sich die Lebensumstände, die Leute um einen herum, was in der Welt passiert, das alles ändert sich von Platte zu Platte. Im Gitarrenkoffer liegt dieselbe Gitarre, unsere Verstärker und Instrumente bleiben in etwa dieselben, aber unsere geistige Haltung verändert sich. Jede neue Platte repräsentiert uns in einem bestimmten Augenblick und ist eine Reflexion von uns. Das ist großartig, da man dadurch nichts bereut. Was damals war, das war, jetzt ist die Gegenwart.

Welche Themen waren euch bei den Texten besonders wichtig?

Skin: Es geht um viele Themen, die uns wichtig sind, es geht um Politik, um persönliche Beziehungen, um Sex, um Party. Ich denke, der Titel „Anarchytecture“ beschreibt es gut. Es geht um das Leben in Europa, wie man mit Themen wie Terrorismus, Bombenanschlägen und Gewalt umgeht, während man sein normales Leben lebt. Es geht darum, etwas aufzubauen, während man in einer Art anarchischen Situation lebt.

Ace: Es ist schon verrückt, man macht sich Gedanken über Themen wie Trump, Faschismus, Brexit und die Folgen davon, während man gleichzeitig daran denken muss, die TV-Gebühren oder Hypothekenrate zu bezahlen und die Kinder zur Schule zu bringen. Man kann nicht aufhören, sein tägliches Leben zu führen und muss sich mit beidem beschäftigen.

Wer kam auf die Idee des Albumtitels „Anarchytecture“?

Ace: Wir beide gleichzeitig. (lachen beide) Wir waren nicht zusammen in einem Raum, aber sogar im selben Hotel, glaube ich, und dachten uns jeder unterschiedliche Begriffe aus.

Skin: Ich kam mit „Anarchy“.

Ace: Und ich mit „Architecture“. Wir erfinden gerne eigene Begriffe, weil es die Leute zum Nachdenken anregt.

Skin: In diesem Falle gab es einen ähnlichen Begriff bereits, was wir aber davor nicht wussten. Es gab in den 70er-Jahren eine Bewegung mit einer anderen Schreibweise, die sich Anarchitecture nannte und sich kritisch mit moderner Architektur beschäftigte.

Arbeitet ihr schon an neuem Material?

Skin: Ich habe schon ein paar neue Ideen.

Ace: Ich auch, mein Handy ist voll mit Riffs. (lacht) Aber wir warten, bis wir die Tour beendet haben, wir arbeiten lieber in Blöcken und vermischen nicht gerne Dinge. Früher haben wir uns nie Pausen gegönnt, haben parallel geschrieben, aufgenommen und live gespielt. Heute gehen wir sechs Wochen auf Tour, gönnen uns dann mal eine Pause und arbeiten erst danach an neuem Material.

Ein ganz anderes Thema, kennt ihr österreichische Bands oder Musiker?

Ace: Ja, ich habe hier sogar eine Platte für die Band Demian produziert, ihr Album „Waves“. Und Kit, die waren mal Support bei unserer Tour. Sonst fallen mir momentan keine ein, kannst du ein paar Namen nennen?

Ich nehme an Falco ist euch ein Begriff. Er hätte dieser Tage seinen 60. Geburtstag gehabt, das wird überall gefeiert.

Skin: Natürlich! Aber ich wusste gar nicht, dass er gestorben ist.

Ace: Ja, schon vor längerer Zeit. „Rock Me Amadeus“ war auch in Großbritannien ein großer Hit.

Skin, ich habe ein Interview gefunden, dass du vor sieben Jahren dem Independent gegeben hast. Da gab es die Frage „What I see when I look in the mirror…“. Deine Antwort war: „I still see a 24-year-old rocker.“ Was würdest du heute antworten?

Skin: (lacht) Nun, die Rocker-Persönlichkeit in mir hat sich nicht wirklich verändert. Vielleicht bin ich nicht mehr so laut wie mit 24, aber ich sehe mich als dieselbe Person, nur reifer im Kopf. Aber in Wirklichkeit fühle ich mich immer noch wie 24.

Ace: Wir haben die Band im Alter von etwa 25 gegründet, daher fühlen wir uns, wenn wir heute zusammen spielen, immer noch so. Ich habe nun eine Familie und fühle mich viel älter, wenn ich in der Familie bin. Als Vater muss ich zum Elternsprechtag in die Schule und all diese Sachen. Obwohl die Lehrer immer wieder beeindruckt sind, dass ich in einer Band spiele … (lacht) Wenn ich dann zurück in die Band komme, bin ich auf einmal wieder 25. Musik hält einen jung, denke ich.

Skin: Ja, in einer Band zu sein, ist wie ein Jungbrunnen. Man ist mit gleichgesinnten Leuten zusammen und darf jung und unreif sein. Außerhalb der Band muss man dann wieder erwachsen sein. (lacht)

 

Das Interview mit Skunk Anansie hat am 18. Februar stattgefunden, kurz vor dem Konzert der Band in der Arena Wien – Fotos und einen Nachbericht davon findet ihr hier.

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