Die Diagonale ist nicht nur Treff für die altgediente Filmbranche, sondern auch Bühne für Menschen, die gerade dabei sind, in dieser Fuß zu fassen. The Gap präsentiert fünf junge Filmschaffende, die bei der Diagonale mit Arbeiten vertreten sind.
Eric M. Weglehner
Bei der Diagonale vertreten mit: »À mes côtés«
Für ihn persönlich handle der Film von der Selbstaufopferung für eine andere Person, bei der die eigenen Bedürfnisse und Wünsche vernachlässigt würden, sagt Eric M. Weglehner. Ein ebenso zentrales Motiv sei das Loslassen eines geliebten Menschen oder einer Beziehung – »was vielleicht irgendwann die Überwindung der Verletzungen und das erneute Aufeinander-Zugehen ermöglicht«. In »À mes côtés« ist es Jana, die nach einer Abtreibung ihr Leben und ihre Beziehung zu Aaron neu zu ordnen versucht. Gedreht wurde in Paris, wo Hauptdarstellerin Chiara Kahn zu Hause ist und wo sich Hauptdarsteller Phillipp Laabmayr für ein Jahr im Zuge eines Austauschprogramms aufhielt. Vor allem in formaler Hinsicht habe sich Weglehners Zugang – geboren 1992 in Linz, Ausbildungsstationen: FH Salzburg, Schule Friedl Kubelka und aktuell Filmakademie Baden-Württemberg – weiterentwickelt: »Mittlerweile interessiert mich vor allem ein naturalistischer Stil, bei dem hauptsächlich Handkamera verwendet wird, die als situativer Beobachter agiert. Unmittelbarkeit und eine Art dokumentarische Wirkung finde ich im szenischen Film sehr spannend.« (mf)
7. April, 17 Uhr, KIZ Royal Kino 1 — 8. April, 20:30 Uhr, Schubertkino 1 — im Programm »Kurzspielfilm 4«
Fanny Sorgo
Bei der Diagonale vertreten mit: »Tako Tsubo«
Von Einordnungen wie »Nachwuchs« oder gar »Jugend« fühlt sich Fanny Sorgo nicht angesprochen: »Die Wege von Menschen sind sehr unterschiedlich – ich finde es merkwürdig, da so viel am Alter festzumachen. Eine 50-jährige Frau, die ihren ersten Film macht, kann viel mehr ›Nachwuchsregisseurin‹ sein als eine 23-jährige. Alter hat da weit weniger Einfluss als der Background der Leute.« Der Animationsfilm »Tako Tsubo«, den sie gemeinsam mit der bildenden Künstlerin Eva Pedroza umgesetzt hat, ist Sorgos erster Film, doch ihre künstlerische Arbeit spannt sich von Text über Musik bis hin zu Performance. Diese Breite ist ihr wichtig, sie will sich nicht auf eine Disziplin festlegen lassen und arbeitet am liebsten »aus der Sache heraus«. Genauso wenig sollen sich ihre Arbeiten auf eine einzige Interpretation reduzieren lassen: »Wenn etwas nur eine eindeutige Message hat, würde es mich gar nicht mehr interessieren, das überhaupt umzusetzen. ›Tako Tsubo‹ kann Menschen zum Beispiel auf ganz verschiedene Weisen abholen, berühren oder auch abstoßen.« (bf)
8. April, 14 Uhr, Schubertkino 2 — 9. April, 17:30 Uhr, Annenhof Kino 5 — im Programm »Innovativer Kurzfilm 7«
Anna Gaberscik
Bei der Diagonale vertreten mit: »Edelweiss«
»How wonderful it must be, to be like an ›edelweiss‹.« Mit diesem Statement endet der gleichnamige Dokumentarfilm der Regisseurin, Anti-Rassismus-Trainerin und Autorin Anna Gaberscik. Geboren in Brooklyn, New York City, lebt und arbeitet sie nun in Wien. Ihren Film bezeichnet sie als »kritischen Liebesbrief an ein Land, das ein besserer Ort für jene werden muss, die es seit Jahren zu einem besseren Ort gemacht haben.« Der Film sei ein Appell an uns alle, unseren Blick auf jene Geschichten zu werfen, die nicht genug Aufmerksamkeit bekommen, und auf jene Menschen, die in der österreichischen Gesellschaft nicht angemessen repräsentiert werden oder für die es keine Möglichkeit zur Teilhabe gibt. Gabersciks Motivation kam dabei durch ihre eigenen Erfahrungen als Schwarze Person in Österreich. Doch auch die Geschichten anderer Betroffener, das Gefühl von »Nicht-Zugehörigkeit« und Ablehnung sowie die Frage nach der Definition österreichischer Identität bildeten die Grundlagen des Films. Der Titel, der sich auf die kleine, weiße Nationalblume bezieht, kratzt an eben jener Definition: »Die Absicht dahinter war es, das, was wir als österreichisch ansehen, zu hinterfragen und herauszufordern. Österreich lässt sich nicht allein durch das Weißsein zusammenfassen und veranschaulichen.« (la)
5. April, 20:30 Uhr, KIZ Royal Kino 2 — 7. April, 22:15 Uhr, Schubertkino 2
Lisa Hasenhütl
Bei der Diagonale vertreten mit: »Von Drachen und Hasen«
Am Filmemachen gefalle ihr besonders, so Lisa Hasenhütl, wie sich durch die Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Personen eine Idee zum Leben erwecken lasse – und wie man selbst mit sehr persönlichen Geschichten oft allgemeine Wahrheiten erzählen könne. »Sehr persönlich« ist auch das Stichwort für ihre neue Doku »Von Drachen und Hasen«. Die 1988 geborene Grazerin versucht darin, ihrem Vater, einem Erfinder, der stets in sein neuestes Projekt vertieft ist, wieder etwas näherzukommen. »Ich war mir nicht immer sicher, ob ich den Spagat schaffe, mir gegenüber ehrlich und ihm gegenüber fair zu sein. Und ob die Momente, die mit einem Augenzwinkern gemeint sind, wohl auch beim Publikum so ankommen«, erzählt sie von den Herausforderungen dieses eben sehr persönlichen Films. Grundsätzlich sei sie in ihrer Arbeit gerne verspielt – was man auch am Format der Desktop Documentary erkennt, das sie für »Von Drachen und Hasen« gewählt hat. Oder sie gehe dorthin, »wo’s ein bissi wehtut«, und versuche dann, das mit einem gewissen Humor aufzubereiten. »Gesellschaftliche Themen wie Opportunismus, Klassismus oder Sexismus interessieren mich da genauso wie die Frage, was Autobahnbäume wohl den ganzen Tag so denken.« (mf)
6. April, 21 Uhr, Annenhof Kino 5 — 8. April, 11 Uhr, Schubertkino 1 — im Programm »Kurzdokumentarfilm 3«
Marie Luise Lehner
Bei der Diagonale vertreten mit: »Im Traum sind alle Quallen feucht«
Leser*innen von The Gap ist Marie Luise Lehner vermutlich am ehesten als Teil der Punkband Schapka bekannt. Nach »Mein Hosenschlitz ist offen. Wie mein Herz.« bei der Diagonale 2022 folgt dieses Jahr ihr nächster Kurzfilm: »Im Traum sind alle Quallen feucht«. Gleichzeitig ist bereits die Produktion ihres ersten Langspielfilms angelaufen. Auch »Wenn du Angst hast, nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst« überzeugt allein schon mit dem grandiosen Titel. Kein Wunder, denn beim Schreiben habe Lehner »eine gewisse Leichtigkeit«. So habe sie auch ihr Studium an der Filmakademie – erst Drehbuch, dann Regie – unter anderem durch ihre Romane finanziert. Film zu studieren, müsse man sich nämlich erst einmal leisten können. »Es ist ein Privileg das machen zu können. Das Studium an der Filmakademie ist wahnsinnig elitär aufgebaut.« Solchen Flaschenhälsen möchte sie in der eigenen Arbeit entgegentreten. Sowohl darin, wie sie Abläufe am Set strukturiert (»Ein Film sollte als Zusammenarbeit begriffen werden und nicht als ›Ich alleine mit dem Kopf durch die Wand‹.«), als auch darin, welche Geschichten sie erzählt (»Ich will queere Geschichten aus einer Innenperspektive erzählen und nichts erklären müssen – Dinge einfach auch setzen.«). Und nicht zuletzt durch ihre Arbeit bei emanzipatorischen Vereinen wie FC Gloria und Die Regisseur*innen. (bf)
6. April, 17 Uhr, Annenhof Kino 6 — 7. April, 14 Uhr, Schubertkino 1 — im Programm »Kurzspielfilm 3«
Die Diagonale 2024 findet von 4. bis 9. April in Graz statt. Nähere Informationen zum Programm sind unter www.diagonale.at zu finden. Unsere gesammelte Diagonale-Berichterstattung findet ihr hier.