Das Theatercombinat übersetzt Katastrophen in Körpersprache. Das bringt die Darsteller an ihre Grenzen und Besucher in Unsicherheit.
Die Zeit, in der Demokratie-Prediger einen ‚Tanz aufführten‘, sprich überreagierten, ist vorbei. In Syrien herrscht seit drei Jahren Bürgerkrieg. Machtkämpfe in der Ukraine und Ungarn lassen ‚europäische Werte‘ wie Demokratie, Freiheit, Reform und Subjekt wie große Fragezeichen aussehen – was bedeuten sie für ‚die‘ und für uns?
Das Theatercombinat aus Wien performt seit Jahren zu diesen Themen. Unter der künstlerischen Leitung von Claudia Bosse werden in Installationen, Ausstellungen und (Sound-) Performances werden diese Themen und moderne Katastrophen untersucht – Krieg, Revolution, Terrorismus. Donnerstag bis Sonntag, jeweils ab 20:30 Uhr, führt das Theatercombinat im Tanzquartier seine Performance „What about catastrophes?“ dazu auf. Die Darsteller beziehen sich hier insbesondere auf persönliche Interviews, die Bosse seit 2011 mit Menschen aus den Städten New York, Kairo, Tunis, Frankfurt, Zagreb, Tel Aviv, Brüssel und Beirut führte. Die Besucher können sich zwischen den Performern frei bewegen und dort zwischen Körpern, Videoprojektionen und Soundsamples ‚eintauchen‘.
„People are beasts“
Unter den Soundsamples könnten etwa solche Interview-Ausschnitte zu hören sein – die zeigen, wie stark die Gefühle und Definitionen über Demokratie auseinander gehen, je nach Herkunft und politischen Erfahrungen:
Vladimir Tatomir, Kulturschaffender aus Zagreb, Kroatien, meint zu ‚Demokratie‘: „People are beasts, they live in packs. They hardly ever act individually, they act in groups und groups aren’t democratic, they are hierarchical. They are always based on Alfe males and females.“ Für einen Frankfurter Philosophen ist der arabische Frühling wiederum Demokratie „per excellence, weil man die ganze Zeit gedacht hat, dass die dort zur Demokratie ja sowieso nicht fähig wären. Das wäre dort ja eine islamistische Welt, wo Fundamentalismus herrsche, Religion, Kopftücher usw.“
Körper in Katastrophe
Aber wie kann man sich das vorstellen – abstrakte Begriffe und Systeme wie Demokratie und Terrorismus durch Tänzer performt? Es darf zu erwarten sein, dass die Darsteller – wie bereits zur Performance letzten Juni – ihre Körper so selbstlos und teils schockierend einsetzen, dass dies mindestens starke Gefühle auslöst und so die schwierigen Themen irgendwie sinnlich erfahrbar machen – was oft mehr bedeutet als trockene Theorie.
„What about catastrophes?“ ist Teil des Projekts „Katastrophen (11/15) ideal paradise“ Die Gruppe internationaler Künstler, Tänzer, Performer und Theoretiker untersucht, spielt, performt und arrangiert noch bis Ende 2015 „die Strukturen des Zusammenbruchs“.
„What about catastrophes?“ von Claudia Bosse und dem i>Theatercombinat vom 10. bis 13. April jeweils ab 20:30 Uhr im i>Tanzquartier, Halle G, Wien.