Dass die Rechten vor der Hofburg aufmarschieren und drinnen feieren, hat auch historische Gründe. Ein Buch arbeitet die Geschichte des Kaiserforums auf.
Orte ohne klare Bestimmung machen Probleme. Liegen sie dazu nicht irgendwo am Stadtrand, sondern inmitten der Stadt verstärken sich die Probleme. So gesehen sind Hofburgareal, Kaiserforum oder einfacher gesagt: (fast) alles rund um den Wiener Heldenplatz irgendwie problembehaftet. Hauptwohnsitz der Habsburger, Stadt in der Stadt, Ort faschistischer Erweiterungsphantasien, Rotes Wien und schwarzer Symbolclaim, Bundesheer-Leistungsschau, OSZE-Zentrum, Waldviertler-Selbstdarstellung und rechter Akademikerball: bis heute bietet die Gegend zwischen Michaelator und Museumsquartier (ja, so weit reicht das Areal!) rasch die Möglichkeit zu allgemeiner Empörung.
Im Zuge eines mehrjährigen Forschungsprojektes haben sich die beiden Kunsthistorikerinnen Maria Welzig und Anna Stuhlpfarrer dem städtebaulichen Problemkind angenommen. Und auch wenn noch immer keine richtige Lösung in Sicht ist, haben die beiden Wissenschaftlerinnen zumindest für das 20. Jahrhundert Ordnung hineingebracht. Fröhlich und optimistisch war es hier recht selten, wie Stuhlpfarrer festhält. Vielleicht noch kurz nach Abdanken und Flucht der Familie Habsburg, als die leeren Orte zügig und praktisch umgedacht wurden. Und damals keineswegs nur als Museum, sondern auch als teils pittoreske Leistungsschau heimischer Wirtschaftsunternhemen.
Da ein Museum und da ein Museum
Große Spuren hat das alles nicht hinterlassen, auch das Interesse der Wirtschaft hat sich an diesen Orten nicht lange gehalten: ob Messepalast im heutigen MQ oder gleich direkt in der Hofburg. Die heutigen Souvenirläden zwischen Josefs- und Heldenplatz sind da nur ein müder Abklatsch. Warum eine KMU-Lösung gerade heute, wo Kohlmarkt und goldenes Quartier viele Wiener (k. u. K.-)Unternehmer alleine aufgrund horribler Mieten vertrieben haben, so überhaupt keinen Platz etwa als High End-Shops im Handwerksbetrieb haben, weiß man jetzt auch nicht sofort. Dass der Großteil des ehemaligen Habsburgareals museal genutzt werden muss, darüber herrscht erstaunliche Klarheit und seltsame Einigkeit.
Aber nur wegen Kunst- und Naturhistorischem, Sisi-Museum, Schatzkammer bzw. Mumok und Leopoldmuseum? Die Gegenwart schreibt die nicht unbedingt einleuchtende Museums-Euphorie weiter: Dass sich das Weltmuseum kleiner in die Welt wagen wird, als wie ursprünglich geplant, wird aktuell mit dem nomadisierendem Haus der Geschichte gleich wieder wettgemacht. So als ob hier, in diesem Areal, einzig und allein die Institution Museum quasi ein "natürliches" Mietrecht hätte.
Es fehlt die große Erzählung
Zugleich halten die beiden Wissenschaftlerinnen aber auch fest, dass dieser republikanischen Museumsinsel jegliche wissenschaftliche Erzählung fehlt. Die letzte historische Beschäftigung mit diesem etwas seltsam-sinnentleerten Raum stammt aus dem Kriegsjahr 1941, also aus einer Zeit, die eigentlich ganz was anderes mit diesem Herzstück der Stadt vorhatte, als eine nahezu pure museale Nutzung: der Flakturm in der Stiftskaserne, aber auch die Aufmarschphantasien der Nazis sprechen da Bände.