Keine falsche Scham

Moby erzählt im Interview über sein neues Album „Innocents“, das Wesen des Menschen, sein eigenes Äußeres und die Ruhe des Alters.

Du hast das Cover zu "Innocents" gemacht. Was bedeuten die Masken?

Im Grunde geht es darum, dass sich Menschen verstecken. Sobald wir älter werden und bereits als Jugendliche unterdrücken wir spontane Reaktionen. Normalerweise tun wir das aus Angst und Scham. Wir alle tun so, als seien wir jemand, der wir gar nicht sind. Für mich soll die Maske also diese Menschen nicht gefährlich wirken lassen, sondern sie zeigt ganz einfach Menschen, die sich selbst schämen und deshalb dahinter verstecken. Aber kreativer Ausdruck evoziert viele Interpretationen und für mich ist jede gleichberechtigt und bedeutsam.

Das ist ja eine zentrale Idee der Postmoderne – die sog. Inkommensurabilität kultureller Phänomene – die je nach anderen Maßstäben funktionieren und deshalb nicht wertend vergleichbar sind…

Das stimmt. Mein ganz einfaches Verständnis von Postmoderne ist… Mhhh, ich sollte mich wirklich noch einmal ernsthafter damit auseinander setzen… Ich kann das jetzt nicht wortgewandt formulieren, aber mein Verständnis davon ist, dass alle Formen arbiträr sind [Anm. der Redaktion: eigenwillig, eigensinnig, auch beliebig]. Wenn man dies auf die Psychologie überträgt, dann führt dich das schon fast in den Essentialismus – also von der Betrachtung der Form zur Betrachtung der Funktion von etwas dahinter. Und das Kriterium, nach dem eine Form bewertet wird, richtet sich im Idealfall danach, ob es den Bedürfnissen der Individuen entspricht. Diese Vorgehensweise wird auch schon in den Institutionen unserer Gesellschaft implementiert, aber in vielen Fällen, denk ich mir: nein, diese Institutionen bringen uns eigentlich viel Übel.

Aber du hast eine Institution aufgestellt, die ziemlich großartig ist; und zwar Mobygratis – eine Website, auf der du Indie-Filmemachern deine Musik kostenlos zur Verfügung stellst. Warum?

Als ich auf die State University of New York ging – eigentlich eine Universität für Darstellende Kunst, aber ich studierte Philosophie dort – waren viele meiner Freunde dort Filmstudenten, die heute Indie-Filmemacher sind. Und die haben immer geklagt, wie schwierig es ist, Lizenzen für Filmmusik zu bekommen, insbesondere wenn du kein Budget hast. Ich wollte einfach meinen Freunden damit helfen. Außerdem – und das ist auch ein sehr wichtiger Grund – sehe ich gern, wie Menschen meine Musik in ihren Filmen einsetzen. Meine Musik bekommt ein völlig neues Leben dadurch und das ist wirklich befriedigend.

Du hast eine "Moby’s Album Inspirations"-Playlist auf Spotify erstellt. Streamst du selbst auch Musik?

Da bin ich old-fashioned. Ich höre immer noch über meinen iPod (lacht). Ja, es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten heute, Musik zu hören und es ist wirklich spannend – besonders als Musiker, denn man weiß ja nie, wie die Leute deine Musik hören.

"The Perfect Life" klingt wie der optimistischste Song, den du je geschrieben hast. Wie ist der entstanden?

1995 war ich mit The Flaming Lips auf Tour und Wayne Coyne und ich sind seitdem Freunde. Als ich diesen Song schrieb, erinnerte er mich an ihn und er hat ihn dann eingesungen. Das Lustige an dem Song ist – obwohl ich nicht zu viel verraten will –, dass er sicherlich der fröhlichste Song auf dem Album ist, aber die Lyrics sind eigentlich sehr, sehr dunkel. Darin liegt die Ironie des Songs.

"Innocents", das neue Album von Moby, erscheint am 27. September via WEA Records

Bild(er) © Moby
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