I can’t help myself – Einhängen und Händchen halten am Kelly-Family-Konzert


Kann man für einen Abend wieder Kelly-Fan werden, wenn man fast zwei Jahrzehnte lang ausgesetzt hat? Eine von vielen Fragen, die der Besuch des gestrigen The-Kelly-Family-Konzerts in der Wiener Stadthalle anlässlich der »25 Years – Over The Hump«-Tour eindeutig beantworten konnte.

© Patrick Münnich

Kurz nach 19.30 Uhr eröffnet Joey Kelly im Glitzer-Glam-Outfit mit »Why Why Why« die Show. Auch der erste Song vom Erfolgsalbum »Over The Hump«, erschienen im Jahr 1994, dem im Rahmen der gleichnamigen Tour gehuldigt werden soll. Damals in den 1990ern sprach ich »Hump« noch mit deutschem U aus, und das Album der oft als »zottelig« verschrienen Musikfamilie mit Hausboot lief zum Leidwesen meiner Eltern im Repeat-Modus unseres Autoradios rauf und runter. Viel schlimmer fanden sie aber, so glaube ich, die Wutanfälle, wenn ich eine meiner Livekonzert-VHS-Kassetten vorführte und sie unter ständigem Pause-Drücken maßregelte, bei »der wichtigen Stelle« wieder nicht hingeschaut zu haben und noch einmal zurückspulte.

Sie war Paddy, ich Angelo

Ja, ich war ein Kellymonster. Mit neun Jahren hatte ich mich von der gleichaltrigen Petra begeistern lassen und mit ihr bis zur Perfektion und mit Federballschläger als Gitarre »An Angel« für die »Mini Playback Show« geübt. Sie war Paddy, ich Angelo. Der persönliche Fan-Zenit sollte dann aber doch mit einem anderen Event überschritten werden. 1995 durfte ich auf eines der Österreich-Konzerte in Wels fahren und zusammen mit meinen Eltern und meiner zwei Jahre jüngeren Cousine die The Kelly Family live sehen.

Als ich nur kurze Zeit später, quasi noch beschwingt vom Fan-Highlight meines bisherigen Lebens, von der Volksschule in die erste Klasse Unterstufe wechselte, verstand ich schnell – dank damals schon gut geeichtem Stimmungsbarometer für die In-Crowd – wie weit unten durch die Kellys bei den Coolen hier waren. Gerne würde ich behaupten, dass ich dennoch weiter zu ihnen stand, aber die Wahrheit ist: Ohne jegliches Rückgrat begrub ich meine Liebe für sie von einer Sekunde auf die nächste und schloss mich einfach direkt den Backstreet-Boys-Fans an.

The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich

Die semi-dramatische Frage des Abends lautet also: Wie wird sich das Wiedersehen 25 Jahre später anfühlen? Werden mich die Kellys zurücknehmen? Werde ich sie überhaupt zurückhaben wollen?

Persönliche Songmomente für alle Kellys

Aber selbst die Kelly Family tritt ja nicht mehr vollzählig auf. Unter anderem ohne Paddy, Barby und Maite stehen für die Reuniontour mit Patricia, Kathy, John, Jimmy, Joey, Angelo und Paul derzeit sieben der zehn Originalmitglieder auf der Bühne. Die erste Konzerthälfte folgt scheinbar akribisch der Songliste des Originalalbums von 1994, die zweite stellt eher die neuen zusätzlichen Lieder, wie unter anderem die Single »Fire«, in den Fokus.

The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich

Keine Scheu vor Emotionen, untermalt von live gefilmten Bildern des Publikums auf der Leinwand, kriegt heute wie damals jede und jeder Kelly den eigenen persönlichen Songmoment mit den Fans. Außer Kathy, die derzeit älteste unter den amtierenden Kellys, die an diesem Abend aus Krankheitsgründen stimmlich von Patricia vertreten werden muss. Das Publikum möge sie, so Patricia, bitte beim Singen von Kathys Songs unterstützen, wenn sie schwächle. Unschuldige Gags wie diese, sowie ehrlich anmutende Danksagungen an die über 25 Jahre treu gebliebenen Fans, führen durch den zweieinhalbstündig konzipierten Abend – drei Zugaben inklusive.

Fazit: »I can’t help myself« als Forever Mood

Die reichlichen Effekte wie unter anderem Luftschlangen, Glitter und Feuerarrangments, wobei Letztere einmal wie in regelmäßigen Abständen arrangierte brennende Blumenkästen aussahen, unterstützen dabei die ursprüngliche Stärke der Band, die in ihren Anfängen als Straßenmusizierende verwurzelt liegt. Bei Liveshows ein starkes kollektives Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Publikum erzeugen – das können sie nach wie vor. Persönliche Highlights diesbezüglich to watch: die Aufforderung, sich einfach bei den fremden Nebensitzenden einzuhaken bis hin zum noch intimeren Appell, gleich gemeinsam Händchen zu halten – für »Take My Hand« – den letzten Song des regulären Sets.

Beim Heimgehen las ich nochmal, was meine Mama mir vor dem Konzert auf Telegram prophezeit hatte: »Wird toll (Cry-Emoji)«. Darauf hatte ich ihr amüsiert geantwortet: »haha glaubst du ich weine?«, was sie daraufhin nochmals mit einem »Bin sicher!« unterstrichen wissen wollte. Was soll ich sagen: She was right. Schon bei den allerersten Tönen von »Why Why Why« in der Kombination mit Joey Kellys sportlererprobtem und dennoch liebevollem Kämpfergesichtsausdruck drückte es mich hinter den Augen. I can’t help myself! Bin nächstes Mal wieder dabei! Angelo forever!

The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich
The Kelly Family © Patrick Münnich

The Kelly Family war am 19. Dezember 2019 im Rahmen ihrer »25 Years – Over The Hump«-Arena-Tournee in der Stadthalle Wien zu Gast.

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