Kistenweise Schachtelsätze

Seine scharfzüngigen Wortgeflechte zur österreichischen Gesellschaft verpackt Josef Winkler schon seit über 30 Jahren in seine Schachtelprosa. Für den Steirischen Herbst hat er sich aufs Experimentierfeld gewagt und zum ersten Mal einen Text fürs Theater geschrieben.

Beim Schreiben haben Sie da an die Aufführung gedacht? Hatten sie ein konkretes Bild davon im Kopf?

Nein, daran hab ich nicht gedacht. Es war meine Aufgabe einen Text zu verfassen und ich wusste nur, dass er, dann wenn das alles klappt, auf die Bühne kommen wird. Und ich wusste, dass dann die Sätze – denn das tu ich in meiner Prosa ganz gern – nicht unendlich lang sein sollen, weil sonst ist es schwer zu sprechen oder man versteht es nicht. Und das muss ja nicht sein. Insofern war es für mich eine Herausforderung von der Sprache und vom Stil her, weil ich mich ja auf das Minimale beschränken und mich zurückhalten hab müssen.

Nach einer Inszenierung von Tina Lanik mit dem Titel "Tintentod" aus dem Jahr 2001, ist das erst ihre zweite Arbeit für die Bühne, richtig?

Das von der Tina Lanik, diese Tintentod Geschichte, das waren Texte, die sind aus meinen Büchern zusammengesetzt worden, und es hat vier oder auch fünf ähnliche Aufführungen gegeben. Im Wiener Schauspielhaus und in Klagenfurt. Aber das waren alles Texte, die ich nicht extra dafür geschrieben habe. Das ist also beim Steirischen Herbst jetzt das erste Mal, dass mich jemand dafür ermutigen und ermuntern hat können und dass ich mich dann auch hingesetzt habe und etwas entstanden ist.

Was hat es mit dieser Skulptur von Marcel Jean auf sich? Das war ja ein wichtiger Ausgangspunkt für diesen Text.

Ich war vergangenes Jahr im Mai in New York und war im Moma, und da ist mir dieser Kopf besonders aufgefallen. Und als ich diesen schwarzen Kopf mit dem Filmband um den Hals gesehen hab und diese Augenlider wie Reißverschlüsse, da wusste ich in derselben Sekunde, dass ich irgendwie und irgendwann etwas damit werden machen können, aber selbstverständlich wusste ich da noch nicht, dass die Geschichte, die dann später entstanden ist, für den Steirischen Herbst sein wird. Der Titel des Textes ist ja auch derselbe wie der, der Skulptur.

Plump gefragt – worum geht’s denn eigentlich bei dem Monolog?

Es geht um so einige Kindheitgeschichten, die ich mit sehr surrealen Bildern und Sätzen diesmal versuche aufzuspießen. Das Surreale hat mich sehr interessiert und es ist ein Text, der mit allen Inhalten, auch Kindheit und Umweltkritik, die auch drinnen ist, sehr auf Sprache und Wortspiele und auf surreale Formulierungen konzentriert ist.

Haben sie eine spezielle Beziehung zum Steirischen Herbst, oder zur Steiermark selbst? Politisch ist sie ja etwas näher an Kärnten herangerückt.

Wenn man so auf Kärnten runtergeschaut hat, hab ich eines immer gesagt – "Wie wäre denn wohl die Steiermark, Tirol, Salzburg oder Oberösterreich mit einem Jörg Haider fertig geworden?" Das war keine besondere Kärntner Spezialität denk ich mir, aber ich bin da kein Gesellschaftsanalytiker oder so.

Etwas anderes noch – bei einer Lesung in Oberösterreich, hat eine Frau zu mir gesagt ‚wir Oberösterreicher waren schlau, wir haben die beiden gefährlichsten Politiker weggeschickt‘. Und ich hab naturgemäß zu ihr gesagt ‚wären die beiden nur in Oberösterreich geblieben, dann wäre der Welt und dem Land möglicherweise, und sehr wahrscheinlich sogar, Unendliches erspart geblieben.‘ Im Großen wie im Kleinen, und das Kleine ist noch groß genug, und es ist nicht zu bewältigen.

Der Steirische Herbst wird am 25. September mit "Specter of the Gardenia" und einer Feier offiziell eröffnet. Karten gibt es hier.

Bild(er) © 2: Heta Multanene 3: Lisi Specht 4: Manfred Werner
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