Klez.e sind nach sieben Jahren mit »Disintegration« zurück

Klez.e erblicken nach sieben Jahren Abwesenheit wieder das Scheinwerferlicht. Ihr viertes Album »Desintegration« ist ein Meisterwerk. Ganz so wie dessen großes Vorbild.

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© Andreas Hornoff

Der Albumtitel kommt einem bekannt vor: Wer »Disintegration« von The Cure nie gehört hat, hat die 80er auch nie verstanden. Desillusionierter und authentischer hat das viel zu bunte Jahrzehnt nie geklungen. Viele Bands hätten es ohne den 1989er-Monolith nie gegeben. Tobias Siebert, Mastermind von Klez.e und in den letzten Jahren Produzent von vielen Künstlern unterschiedlicher Qualität wie Juli, Kettcar oder der Gruppe Sport, war damals noch auf der vermeintlichen Dark Side of the Mauer, tief im Osten. Seine Band wurde 13 Jahre später gegründet. Sie macht Musik, die man damals wohl Independent genannt hätte, und kommt sieben Jahre nach dem großen Vorgänger »Vom Feuer der Gaben« wieder an die Oberfläche – nur um gleich einmal vieles in den Schatten zu stellen, was der deutsche Indie-Pop bislang in Richtung vielschichtige Melancholie versucht hat. Schwarz, bis es was Dunkleres gibt.

© Andreas Hornoff

Dystopisch-düsteres Kopfkino

Textlich zeigt sich die Band auf »Desintegration« – das, so kitschig es auch sein mag, tatsächlich einmal das deutsche »Disintegration« sein könnte – reduziert, bedacht und in Einklang mit Atmosphäre und Instrumentierung. Mit luzid-aufgeräumten sowie sphärischen Gitarren und druckvoll-einnehmendem Schlagzeug erzeugt das Kopfkino mit dystopisch-düsteren Versatzstücken. Isolation als Schicksal, Schwermut als Hoffnungsschimmer in langen In- und Outros. Sätze wie »So trägt ein fettes Herz kranke Kinder in die Welt« untermauern Stimmungsbild und Bildungsauftrag: den Bericht von ebenjener Auflösung der Gesellschaft, von der Ablehnung, überhaupt so sein zu wollen, wie wir erwarten, dass andere sein sollen – wenn etwa Flüchtlingen traditionell-konservative Werte aufgezwungen werden, gegen die man sich selbst verwehrt. Das funktioniert nur ohne moralinsauren Zeigefinger, an den Klez.e auch nicht denken.

Mitgedacht haben sie aber sehr, denn nur so ist ein Konzeptalbum machbar, dessen Sinn und Sinnlichkeit fernab jeglichen Zwangs zum Single-Hit erstrahlt. »Desintegration« ist ein Album, das vor allem in seiner eigentlichen Form gehört werden sollte, ohne Desintegration des Selbst. Ein Album, so wahrhaftig wie kaum ein deutsches Werk mit sphärischem Pop. Weil wahre Schönheit oft nur aus Düsterheit entsteht.

»Desintegration«, das vierte Album von Klez.e, erscheint am 13. Jänner 2017 bei Staatsakt bzw. Caroline International.

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