Als wäre es ein Mötley-Crüe-Konzert – Konzertfotos: Feist im Wiener Gasometer

In der recht locker gefüllten Konzerthalle des Wiener Gasometers ließ Feist ihr Publikum gestern Abend sehr nahe an sich heran. Das gewohnte Konzertformat brach sie dabei ein wenig auf.

Die sanften, aber alles andere als leichten Songs des aktuellen Albums »Multitudes« verarbeiten Verlust und Trauer. Für ihre Live-Umsetzung hat Leslie Feist ein besonderes Setting gewählt: Den ersten Teil des gestrigen Konzerts bestreitet die kanadische Musikerin ganz ohne Band in einem kreisförmig begrenzten Bereich mitten im Publikum.

Es ist eine Konstellation, die eine*n sehr dicht ranlässt und so eine ganz spezielle Aufmerksamkeit erzeugt, aber auch eine gewisse Zurückhaltung seitens des Publikums. Feist selbst spricht von »politeness« – und wünscht sich ein Ausrasten, »als wäre es 1985 und ein Mötley-Crüe-Konzert«. Es gelingt nur bedingt.

Die Band wartet

Dass der Jubel auch weniger beherrscht sein kann, zeigt sich, nach Feists Wechsel aus dem Publikumsbereich auf die Bühne des Gasometers, wo ihre Mitmusiker schon auf sie warten. Besonders beindruckend: wie die Künstlerin dabei mit »I Took All of My Rings Off« von einer gut inszenierten Spoken-Word-Performance in den vollen, teils durchaus rauen Bandsound findet. Im Anschluss daran macht das mitreißend vorgetragene »My Moon My Man« den großen Unterschied hinsichtlich Stimmung deutlich.

Wie gut Feist ihr Publikum im Griff hat, zeigt sich immer wieder im Verlauf des Abends, wenn sie dieses zum Beispiel bei Songs wie »Sealion« und dem für die aktuelle Tour neu arrangierten »1234« wie einen großen Chor dirigiert. Oder ihm mit Anekdoten und Einsichten ans Herz greift, etwa über die universelle Treffsicherheit des Shrug-Emojis – egal, wo gerade der Schuh drückt. Durchaus relatable, durchaus schön, auch wenn der Konzertabend erst in seiner zweiten Hälfte so richtig überzeugt.