Land-Art rockt

Das Projekt Nock-Art könnte mit Land-Art Bad Kleinkirchheim in Kärnten in den nächsten Jahren zu einem international bekannten Kunst-Zentrum verwandeln, mit Namen wie Andy Goldsworthy, Hamish Fulton oder Gottfried Bechtold.

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Im beschaulichen Bad Kleinkirchheim – wo es wunderbar zu Baden und zu Wandern ist, hat man erkannt, dass zur Soft Power des Tourismus auch Kultur gehört. Der Kärntner Tourismusverband sorgt bald für entsprechende Zerstreuung. "Therme, Bewegung und Kunstgenuss" – "drei Bausteine für Regeneration von Leib und Seele"… Klingt langweilig? Erstmal ja, aber was sich da konkret anbahnt, könnte ziemlich gigantisch werden. Wo heuer noch dem geduldigen Wanderer ungebrochene Natur-Schönheiten entgegen lächeln, dem Meditations-Anfänger die Stille zu laut zu werden droht, werden bald einige Irritationen in der Landschaft stehen.

Groß gedacht

"Nock-Art" nennt sich das Land-Art-Projekt am Fuße des Nationalparks Nockberge um die kleine Gemeinde Bad Kleinkirchheim herum. Keine Geringeren als z.B. Andy Goldsworthy, Hamish Fulton (der u.a. bereits das Gelände erkundete, wie auf den Fotos zu sehen) oder Gottfried Bechtold können sich entlang von sechs Wanderwegen auf über 50 Kilometern Gesamtlänge künstlerisch aus tun. Auch zeitlich wird groß gedacht, voraussichtlich am 20. September wird die Aktion mit einem "Walk" mit Hamish Fulton eröffnet. Ab dann werden über Jahre hinweg weitere Künstler sukzessive ihre Arbeiten bauen und ausstellen. Symposien mit den Künstlern, Kennern und Organisatoren begleiten die Projekte diskursiv.

Land-Art-Traum

Gerade sehr großflächige Natur-Kunstwerke, man denke an Andy Goldsworthys "Sheepfolds", machen einen imposanten Eindruck und erzeugen viel Medienrummel. Gleichzeitig ist das Erleben dieser Kunstform immer etwas sehr Einzigartiges – und damit fast schon Intimes: so still da, nur die Stimme des Windes, allein in der Natur. Viele Natur-Kunstwerke verändern sich stets mit den Witterungsverhältnissen ihrer Umgebung, vergehen oder verfärben sich. Man betrachtet sie von der persönlich gewählten Stelle aus, nicht vom vorgezeichneten Museums-Gang. Man erreicht sie oft nur durch körperliche Anstrengung, zu einer bestimmten Zeit, unter den momentanen Lichtverhältnissen.

Für diese individuelle, körperliche Natur-Erfahrung stehen insbesondere Hamish Fultons Arbeiten, dessen exakt geplante Wanderungen unter ganz bestimmten Anweisungen, z.B. meditativer Schrittzählung oder im Rückwärtsgang, zur Inneren Erkenntnis führen. Bilder solcher Massenwanderungen wirken wie stille Proteste gegen urbanes Rauschen. Seine Forderung: "Only art resulting from the experience of individual walks. An artwork may be purchased, but a walk cannot be sold". In seinem Schaffen verbinden sich Merkmale der avantgardistischen Land-Art, die Ende der 60er entstand, und der dekorativeren, oft ökologisch verpflichteten "Natur-Kunst". Die Avantgarden setzten ihre Kunstwerke – vom Steine-Rücken bis zu riesigen, mit Baggern bearbeiteten Arealen – an entlegene Winkel der Erde, um sie der Kulturindustrie unzugänglich und sie unverkäuflich zu machen. Ihrer Kunst ging es immer noch um die Kunst, während sie der Natur selbst gegenüber gar "respektlos" agierten, so Hamish Fulton.

Kuhfladen und DIY

"Respektlos" – doch wohl aber eher der Kunst gegenüber – zeigen sich Arbeiten des Schweizer Künstlers Not Vital: Kuhfladen in Bronze gegossen, gigantische Kuhzungen aus rostfreiem Stahl. Seine Kunstwerke verdeutlichen Spannungen zwischen Kulturen, Tradition und gegenwärtiger Situation und fußen auf langen persönlichen Reisen und Studien. Auf Partizipation baut das Performance-Kollektiv um AO& um Philipp Furtenbach aus Wien, wenn es sich als "Dienstleister" vorzüglich von Lebensmitteln, in der Natur auch gern von ganzen DIY-Dörfern gibt. In ihrer Auseinandersetzung und Verteilung von Raum und Ressourcen zeigen sie Defizite und Potentiale gesellschaftlicher Ökonomien auf.

Ob sich die Bad Kleinkirchheimer bereits bewusst sind, was sie da erwartet? Das Projekt beschreibt sich selbst als sehr idyllisch, klingt aber auch nach einem künstlerisch-landschaftlichen Großprojekt, das den verschlafenen Ort – umgeben von schöner Landschaft und bisher hauptsächlich mit Tourismus beschäftigt – zu einem international bekannten Zentrum für Land-Art und Natur-Kunst verwandeln könnte. Von "weitreichender Strahlkraft" träumt zumindest der Kurator Edelbert Köb und wir freuen uns auf den Herbst. Land-Art rockt. Bad Kleinkirchheim, wir kommen!

Zur Nock-Art in Bad Kleinkirchheim wurden u.a. folgende Künstler eingeladen: Gottfried Bechtold, Ingeborg Strobl, Lois Weinberger, AO& und Michael Strasser aus Österreich; Andy Goldsworthy und Hamish Fulton aus Großbritannien, Roman Signer und Not Vital aus der Schweiz sowie Daniel Knorr aus Rumänien.

Eröffnung der Nock-Art voraussichtlich am 20. September 2013 bei Bad Kleinkirchheim in Kärnten.

Weitere Infos unter www.anaberlin.com oder auf Facebook

Bild(er) ©

Johannes Puch

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