Wild Beasts verweigern sich mit ihren bunten Synth-Bomben dem klassischen Britpop und klingen dabei trotz F-Wort kultivierter denn je.
»Don’t confuse me with someone who gives a fuck/ In your mother tongue what’s the verb to suck?« Huch. Falsett-Barde Hayden Thorpe muss sich schon im ersten Track "Wanderlust" irrsinnig ärgern. Über britische Musikerkollegen, die ihre Aussprache amerikanisieren nämlich. Alex Turner von den Arctic Monkeys tut dies neuerdings. Hatte dieser früher noch einen unverkennbaren Sheffield-Akzent, macht er mittlerweile einen auf Yankee. Warum sich die Wild Beasts daran persönlich so derart stören, ist aber eigentlich total unwichtig, solange sie sich mittels wuchtiger Synth-getragener Popmusik abreagieren. Das tun sie auch. Und zwar auf großartige und zeitgemäße Weise.
Gegenwartskunst
Thorpes verträumte Kopfstimme wechselt sich weiterhin mit Tom Flemings schwermütigem Ian Curtis-Bariton ab, der gemeinsam mit den dominanten post-punkigen Drums dafür sorgt, dass es nicht allzu glamourös zugeht auf »Present Tense«. Ein bisschen künstlerischer Negativismus gehört dazu. Der ist mit einem anfänglichen Rant und F-Wort nicht so einfach abgetan. Erfreulicherweise. Die schönsten melancholischen Eruptionen versprechen Songs wie »Mecca« oder »A Simple Beautiful Truth«, bei denen Thorpes Vocals mit kraftvoll-dumpfen Instrumenten kollidieren, oder noch besser, die ganz raren zweistimmigen Parts. Da funkelt und staubt es in allen Farben des Pantone-Fächers. Ein Holi-Festival im Kopf quasi. Oder halt weniger cheesy – Fauvismus in der Gegenwart.
Britischer Post-Realismus
Moderner Britpop geht langsam ohnehin ein bisschen ein. Der karge Gitarrenrock der Backstein-Blokes rund um die englischen Musikzentren London und Manchester interessiert kaum mehr jemanden im aktuellen Popdiskurs. Die britische Musikelite macht in letzter Zeit lieber mit Synths, Pomp und ganz großen Gesten. Sie besteht unter anderem aus Delphic, Everything Everything und eben Wild Beasts, nennen kann man das dann Post-Realismus. Eh wieder ähnlich wie bei Matisse und den Fauves. »Present Tense« ist darunter vielleicht ein klitzekleines Meisterwerk, ein »La Danse« oder so.
"Present Tense" erscheint am 24. Februar via Domino Records.