Sputnik, Laika, Gagarin: Der Wettlauf ins All startete in der kasachischen Steppe. Vom realen Weltraumbahnhof bis zur konstruktivistischen Utopie bietet der Bildband "Architektur für die russische Raumfahrt" einen Überblick über die architektonische Verwirklichung des sowjetischen Traums vom Weltall.
Die Zentrifuge in Swjosdny Gorodok (© Philipp Meuser)
Die Trainingshalle in Swjosdny Gorodok (© Philipp Meuser)
U-Bahnstation in Taschkent (© Philipp Meuser)
Montagehalle im Kosmodrom Baikonur (© Philipp Meuser)
Raumfahrtkontrollzentrum Koroljow (© Philipp Meuser)
Kur-Anstalt Druschba, Krim (© Philipp Meuser)
Museum für Kosmonautik in Kaluga (© Philipp Meuser)
Kammer zum Gedenken an die Opfer der Raumfahrt in Baikonur (© Philipp Meuser)
Trotz babyblauer Farbe sieht die Zentrifuge, die beim Kosmonauten-Training die physikalischen Kräfte bei Start und Wiedereintritt in die Atmosphäre simuliert, nicht besonders einladend aus. Auf dem Foto wirkt sie, als befände sie sich zentral in einem gedrungenen Raum; die blauen Streifen auf dem Boden scheinen einen Pfeil zu bilden, der auf den Betrachter zeigt und: „Du!“, schreit. Nichts für Menschen mit Flug- oder besser Drehangst.
Doch solche Menschen gab es in Swjosdny Gorodok, Heimat der Zentrifuge, vermutlich nicht. Der Wettlauf ins All war nur eine Spielart des Konkurrenzkampfes zwischen Ost und West zur Zeit des Kalten Kriegs: Die oft ideologisch bedingte Begeisterung für die Raumfahrt hatte, wie der Bildband zeigt, mehrere Konsequenzen: Einerseits mussten von architektonischer Seite amitionierte Lösungen für noch nie dagewesene Probleme wie „Wo ist in einem schwerelosen Raum oben und unten?“ gefunden werden. Andererseits hatte die Raumfahrtarchitektur, deren Formensprache mit dem Stichwort Sowjetmoderne assoziiert wird, gewaltige Auswirkungen auf das Design ziviler Stätten. So könnte die 1985 erbaute Kur-Anstalt "Druschba" auf der Krim rein otpisch auch die Basisstation von Aliens in einem Sci-Fi-Film sein. Sogar die Kammer zum Gedenken an die Opfer der Raumfahrt in Baikonur sieht aus wie eine Kapsel.
Ein Bildband lässt neben der Präsentation von teilweise eigens angefertigtem Bildmaterial weibliche und männliche Pioniere und Zeitzeugen zu Wort kommen und beleuchtet sowohl die übersteigerte Verehrung von Kosmonautinnen und Kosmonaturen als Helden der Moderne, als auch den heutigen Umgang Russlands mit seinem Erbe.
Am 30. April 2013 erschien Philipp Meuser (Hg.), Architektur für die russische Raumfahrt. Vom Konstruktivismus zur Kosmonautik: Pläne, Projekte und Bauten bei DOM Publishers.