Andreas Klinger war mit dem Team von Garmz.com auf der Seedcamp Week in London, dem Finale eines europa-, wenn nicht gar weltweiten Wettstreits der besten Internet Start-ups, und wollte nach einer Woche Londoner Luft nur schwer wieder zurück auf österreichischen Boden.
Mitte September. Schwerst übermütig, aber gänzlich durcheinander, irrten wir als Wiener Landeier in dieser großen Stadt namens London herum. Wir waren zur finalen Seedcamp-Woche eingeladen. Um überhaupt dort hin zu kommen, mussten wir uns erstmal auf lokalen Mini-Seedcamps gegenüber knapp 1000 anderen Projekten durchsetzen und danach nochmals vor einer Investorenrunde in einem Interview bestehen.
Die Seedcamp Week muss man sich wie ein Bootcamp für Jungunternehmer vorstellen. Man wird zuerst freundlich empfangen, in den Ablauf der Woche eingeführt und dann drei Tage lang systematisch zerstört. Als Unternehmen, als Mensch, als optimistisch denkendes Wesen. In 40-minütigen Einheiten schickt man das /Who pays Who/ der Londoner Start-up- und Investor-Szene zu den Jungunternehmern und gibt aufbauendes, konstruktives, dekonstruierendes, schmerzhaftes und meist ziemlich knallhartes Feedback direkt mit der Röntgenbrille. Die, die es überstehen und gar gewinnen, bekommen 50.000 Euro und den Zugang zu einem der besten Netzwerke in der Internetszene Europas, geben dafür aber Prozent-Anteile ihres Unternehmens ab. In welcher Liga das Ganze spielt, vergisst man schnell. Man merkt es dann wieder, wenn man Sachen wie »You should be partner with Amazon« hört. »Amazon?« »Yes, call this guy.«. Oder: »We have questions about our work with media…« – »I am in charge of the digital media at Conde Nast, the publisher of Vogue. How can I help?«.
The big picture
London und vor allem Seedcamp ist ein riesiger Zirkus und es ist klar, dass wir die zu dressierenden Affen sind. Man hört von unglaublich erfolgreichen Leuten, dass man entweder zu wahnsinnig oder zu ambitioniert ist. 50% der Zeit rechtfertigt man dasselbe wie bei der Gruppe zuvor, 50% der Zeit versucht man, seine eigenen Fragen von diesen Experten beantwortet zu bekommen. Man sieht Experten-Panels von Leuten, die viel mehr Erfolg hatten, viel weniger komplexe Projekte machten und dennoch mehrfach fast gescheitert wären oder gar sind. Am Ende dieser Tage möchte man eigentlich am liebsten ein neues Projekt starten. Irgendwas kleines Simples oder gar Entspannendes. Gartenpflege fasziniert mich seither.
Kaum hatten wir uns mit dem Gedanken angefreundet, dass unser Unternehmen vermutlich nie Erfolg haben wird und wir eigentlich das falsche Konzept mit den falschen Leuten zum falschen Zeitpunkt mit sowieso zu wenig Geld machen, kommen die Organisatoren und erklären uns, dass wir morgen vor der Jury – den europaweit größten Risikokapitalgebern – auf dicke Hose machen sollen. »The big picture«, die große Vision. Das Projekt ist ja spitze und das sollen die auch mitkriegen. Start-up Sadomaso für Fortgeschrittene.
Also wie jetzt? Mit letzter Spucke das Ego zusammengeklebt und zurück ans Finanzmodell und die Präsentation gesetzt. Pizza bestellt und die halbe Nacht durchgemacht. Am nächsten Tag präsentierten wir die große Vision, für die wir in Österreich eigentlich nur ausgelacht wurden. Und setzten dann nochmal einen drauf und sagten einfach mal ganz dick: »We want to be the next Zara«. Kaum hat man‘s draußen, grinst man in sich rein weil man eine derartige Bombe fallen lassen hat, und blickt gespannt auf die Investoren. Die zucken nicht mal. Nüchterner Blick, kurze Notiz und als Antwort: »Aim bigger, you can«. Kinnlatte hinunter, Spucke zu Ende, Koffer gepackt. Next day it was official »Garmz.com has won at Seedcamp«. Und wir ziehen nach London.
Garmz.com will mit Hilfe des Internets die Modewelt verändern. Eine Community für junge Modedesigner und der Möglichkeit auf Produktion für jene Designs, die von der Community nachgefragt werden.