Mit 16 Nominierungen gilt die TV-Serie „Mad Men“ als Topfavorit bei den diesjährigen Emmy Awards. Die nun in die vierte Staffel gehende Produktion von Superstar Matthew Weiner erfreut sich höchster Beliebtheit – und das wohl aufgrund einer Pseudonostalgie unserer überforderten Zeitgenossen.
Fangen wir von vorne an: „Mad Men“ dreht sich um eine erfolgreiche Werbeagentur und deren Akteure Anfang der Sechziger. Lässige, nonchalante Businessmänner bringen sogar noch mit einem geringen Maß an Kreativität große Firmen mit Werbekampagnen zum Erfolg. Ihre Sekretärinnen werden gleich am ersten Arbeitstag zum Frauenarzt geschickt, damit ihnen die Pille verschrieben wird (was sich auch als sehr gute Idee herausstellt) und die Ehefrauen sitzen brav mit Kindern zuhause und rufen im Büro nur an um ihre Männer zu fragen, was sie gerne zu Abend essen möchten.
Dass das alles nicht so weiter gehen kann und die Frauen in ihrer Rolle nicht glücklich sind, ist zwar offensichtlich, einzelne Figuren wie etwa die Sekretärin Peggy steigen auch in der Karriereleiter auf, wirklich revolutionäre Selbstverwirklichung wird jedoch nicht vorgelebt. Das will die Serie auch nicht: „Mad Men“ lebt von einem Realismus, der vorgibt nicht romantisieren zu wollen, es aber trotzdem tut, und zwar genau durch die perfekte ästhetische Aufmache. Deswegen kommt „Mad Men“ bei den Kritikern erstaunlicherweise sehr gut weg – gelobt werden die großartigen Kostüme und die Kamera, das hat schon alles seine Berechtigung.
Warum aber gerade eine wöchentliche Zeitreise in die Sechziger und die damaligen Rollenbilder so beliebt ist, fragen sich wenige. Zu verlockend ist anscheinend der kleine Eskapismus im Serien-Wunschtraum – sowohl auf männlicher als auch auf weiblicher Seite. Die Linien waren klar vorgegeben – über das Unglück kann hinweggesehen werden, das gehört schließlich auch zu einer guten Serie.
Da mag über dämliche konsumverherrlichende Serien wie „Lipstick Jungle“ oder „Private Practice“ zurecht gestänkert werden – die Frauen zelebrieren hier aber ihre kapitalistischen Neurosen und ihre Gefangenschaft im Karrierezwang wenigstens fast gleichberechtigt mit den Männern. Somit schaden die Tussi-TV-Produktionen dem aktuellen Frauenbild noch weniger als die seriös wirken wollende Produktion „Mad Men“.
Dass genau jetzt der Rückblick auf die Sechziger in Serienform so beliebt ist, sagt wahrscheinlich recht viel über den Wunsch nach klareren gesellschaftlichen Strukturen aus. Die Vergangenheit bietet aber sicher nicht die Lösung.