Wir sind doch eh voll emanzipiert und aufgeklärt. Halt nicht in der Musikbranche, wie ein Film von Astrid Dynesen jetzt zeigt.
In deinem Film spricht Amanda Palmer auch über das Wreckingball-Video von Miley Cyrus und ob solche übersexualsierten Musikvideos Empowerment oder Degradierung sind und wie schwer es im Pop-Business ist die richtige Balance zu finden. Wie siehst du das?
Zunächst einmal finde ich es sehr wichtig, dass wir als Verbraucher mit diesem slutshaming und dem Verteufeln der Künstlerinnen, die sich selbst in sexualisierter Weise auszudrücken, aufhören. Frauen sollte es erlaubt sein, gleich sexuell aggressiv in ihren Künstlerrollen aufzutreten wie Männern und einige Künstlerinnen tun dieses tatsächlich subversiv, um genau das zu manifestieren.
Zweitens müssen wir uns bewusst sein, dass viele der offen sexualisierten Bilder von Frauen, die unsere Medienkultur überschwemmen von einer kapitalistischen Werbe-und Musikindustrie, die dieses Bild replizieren, erstellt werden, denn es ist Teil eines problematischen, aber sehr erfolgreichen Geschäftsmodells, das funktioniert, weil wir es nicht in Frage stellen, kritisieren oder es boykottieren. Die Art, wie Frauen dargestellt werden, vor allem in der Mainstream-kommerziellen Pop-Industrie, gibt den Eindruck, dass der einzige Schlüssel für Frauen, um Erfolg in der Musikbranche zu erlangen, ihr Körper und sexuelle Auftritte seien. Das sendet eine sehr ungesunde und beunruhigende Botschaft an junge Frauen und Männer.
Wenn es um Miley , Madonna und Gaga geht , finde ich nicht unbedingt, dass sie unser Bild von Frauen ruiniert haben. Menschen neigen dazu, zu vergessen, dass sie damit ja auch unser Bild von dem, was als akzeptables Verhalten für Frauen von der Gesellschaft gesehen wird, erweitert haben; Miley durch ihren Bruch mit dem Bild von ihr als unschuldigem Disneygirl, Gaga durch den Einbau von Queer- und Avantgarde-Elemente in ihre künstlerische Ausdrucksweise und Madonna durch das Aufbrechen sexueller Tabus.
Diese Frauen sind alle erfahrene Künstlerinnen, aber das wird oftmals von den Medien und deren Fokus auf alles außer ihrer Musik und ihrer künstlerischen Agenda untergraben. Und ich glaube tatsächlich, dass, auch wenn möglicherweise einige weibliche Pop-Ikonen als mehr oder weniger deprimierende Beispiele der Macht der Musikindustrie und der erniedrigenden Behandlung von Künstlerinnen zu betrachten sind, als interessante Nebenwirkung mehrere wichtige Diskussionen über Geschlecht, Rasse und Alter durch die Existenz dieser Künstler in der Branche dabei entstanden sind. Also meiner Meinung nach kann man diese Künstlerinnen nicht einfach als Unterhaltungsobjekte degradieren – sie haben auch die Diskussionen über die Art und Weise wie wir Frauen in der Branche beurteilen, inspiriert.