Maispace – Mögen Robin Hood und Jesus

Teilen ist das neue Zauberwort im Rauschen der Kreativen. Maispace feiert und diskutiert genau das. Heuer unter dem Slogan „Futur Perfekt“. Georg Russegger und Bernhard Tobola erklären im Interview wie Teilen die Welt verändern wird.

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Mehr als nur Geplapper … Sharing ist längst ein wirtschaftliches Erfolgsmodell, z.B. Etsy oder mit Open Source Software. Unternehmen nutzen die anfangs als autonome, kleine Tauschgesellschaften gedachten Konzepte. Sharing als Lebens- und Wirtschaftsmodell beeinflusst nicht nur real-politische Verhältnisse, sondern unsere ganze Wahrnehmung. Vom Web 2.0 bis Car2go – mit irgendwem scheinen wir immer und überall verbunden, doch wie genau?

Maispace beschäftigt sich Ende April mit dem Teilen. Da wollten wir gleich eine Scheibe Klugheit von den Maispace-Machern abhaben.

Mögt ihr Robin Hood? Und Jesus?

Georg Russegger: Klar 😉 Beide sehr tolle Heldentypen die im Laufe glorifizierender Erinnerungskultur als Kämpfer für das Gute im Menschen und für das propagieren des Teilens stehen. Wie auch immer ideologisch dazu Position bezogen wird, bleibt freigestellt. Der Grundansatz geht in Ordnung hat aber wenig mit unseren Überlegungen zu tun. Weder nehmen wir von den Reichen und verteilen es an die Armen, noch wollen wir als Märtyrer des Sharing Gedankens aufs Kreuz gelegt werden.

Teilen ist ja nicht ganz neu. Was kann man von Genossenschaften, Kommunen, Kolchosen und Kibbuzim lernen? und was nicht?

GR: Teilen ist ein integraler Bestandteil menschlicher Organisationsformen. Die von dir genannten Beispiele spiegeln das wieder, sind aber exemplarisch zu sehen. Wenn wir das Thema entwicklungsgeschichtlich ansehen wollen, dann sehe ich das Neolithikum als Ankerpunkt für den Ursprung der Sesshaftigkeit und des gemeinsamen Nutzens und Teilens. Der primäre Vorteil in organisierter Sesshaftigkeit war die Arbeitsteilung und somit die Möglichkeit, Ressourcenüberschüsse zu erwirtschaften. Dieser Überschuss hat Freiräume für kulturelle Entwicklungen geschaffen.

Eine neue Situation lässt sich durch die verstärkte Nutzung von Computer- und Netzwerktechnologien beobachten. Hier haben wir es mit "Peers" zu tun, die sich an sich nur lose also zufällig zusammenschliessen. Bei "Peer to Peer"-Netzwerken, wie diese von Musiktauschbörsen in Internet bekannt sind, ist jeder Knotenpunkt eine Empfängereinheit, aber auch ein dezentralisierter und austauschbarer "Peer". Armin Medosch hat hierzu einen Text für die Maischrift verfasst, die zur Veranstaltung am 30. April aufliegen wird. Es zeigen sich im Netz andere Regeln und Normen der Kooperation und des Teilens, die wir in andern Kulturtechniken des Tauschens in dieser Form noch nicht gekannt haben. Wenn wir uns nun diese Tauschgeneration ansehen, sollten wir uns fragen welche Kultur des Teilens diese Gesellschaft anstrebt und welche Tauschformen hierbei auf breiter Basis zum achtsamen Umgang mit Ressourcen und Medien angeregt werden.

Offen bleibt wie unter diesen Entwicklungsbedingungen langfristig unseren Bezug zur Welt verändert wird, welche Werte und Verantwortungsmodelle hierbei etabliert werden. Dazu fehlt aktuell ein klarer Bezug zwischen Menschen. Die Kernthese für mich lautet deshalb: Ohne Beziehung kein Teilhaben. Doch welche Beziehungen haben wir zu den Dingen von Anderen, von Freunden und Fremden? Wir sind dazu aufgerufen zu teilen und doch stecken wir noch im Kinderstadium dieses neuen Teilungsbewusstseins. Falls Sharing die Welt verändert haben wird, werden wir auch unsere Beziehungen zur Welt verändert haben müssen.

Ist Teilen auch was für Künstler, Musiker, Filmemacher? Oder lassen das die großen Egos ganz oft gar nicht zu?

GR: Egoismus darf sein, doch bitte mit einer gesunden Portion Altruismus. Menschen sind verschieden und die Ideologie des Teilens kommt sicher bei vielen unterschiedlich an. Mit dem Sharing-Bewusstsein speist sich eine tiefe Überzeugung: Wir haben nur diese eine Erde als Ressource und unser ökologischer Fußabdruck ist einfach zu groß, um mit dieser Welt im Einklang zu sein. Teilen ist aus diesem Grunde keine Frage der Überzeugung oder des Egos, sondern ist hoffentlich bald die Leitformel für den bewussten Umgang mit unserer Lebenswelt. Kreative haben die Möglichkeit dies mit ihren Ideen, Konzepten, Entwürfen und Erzeugnissen klar zu machen und zu forcieren. Gerade kreativ-künstlerisch tätige Personen sind den allgemeinen Entwicklungen von Gesellschaft und Kultur immer einen Schritt voraus und deshalb richtet sich Maispace an genau diese Gruppen.

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