Ein ganzer Gletscher färbt sich rot. In seinem Inneren wachsen bösartige Mutanten heran. Vor diesem Hintergrund spielt Marvin Krens neuer Film »Blutgletscher«, ein Creature Feature, wie es der österreichische Film noch nicht gesehen hat. The Gap hat den Regisseur zum Gespräch getroffen.
Apokalyptische Zustände sind seine Spezialität. Erstmalig im Horrorgenre bewiesen hat sich Marvin Kren vor drei Jahren mit dem Zombie-Hit »Rammbock«. Dabei wollte er zunächst gar nicht ins Filmgeschäft geschweige denn ins Eck der Zombies und Mutanten, sondern Wirtschaft studieren, um gegen sein familiäres Künstlerumfeld zu rebellieren. Im Interview erklärt der 33-Jährige, wie er schließlich doch noch zum gegenwärtig auffälligsten Horror-Export aus Österreich wurde.
Was bedeutet es für dich, einen Horrorfilm zu machen?
Für mich ist Horrorfilme machen immer eine Möglichkeit, die Art von Geschichten zu erzählen, die mich interessieren. Das heißt, eine Art perverse Kinderfantasie mit einer Erwachsenenidee zu kombinieren und dabei beides so ernst wie möglich zu nehmen, die Monster genauso wie die Menschen und deren Umgang mit sich und ihrer Umwelt. Für mich funktioniert das wie ein trojanisches Pferd: Man erklärt den Leuten, dass sie jetzt Splatter und Spaß bekommen – und plötzlich sehen sie sich darin und werden mit Konflikten oder Gefühlen konfrontiert, mit denen sie nicht gerechnet haben.
Bevor du die Hamburg Media School besucht hast, hast du Europäische Wirtschafts- und Unternehmensführung studiert. Warum eigentlich?
Ich hatte schon sehr früh eine Kamera, aber niemals den Wunsch, Filmemacher zu werden. Ich komme aus einer Künstlerfamilie und deshalb war mir dieser Lebensentwurf suspekt. Darum habe ich mich dafür entschieden, Wirtschaft zu studieren. Ich habe aber recht schnell gemerkt, dass mich das nicht sonderlich interessiert. Nebenbei habe ich auch schon meine ersten Filme gemacht.
Deinen ersten Langfilm »Rammbock« verdankst du dem Kleinen Fernsehspiel des ZDF. Denkst du, dass dir der ORF für diese Idee auch die Türen geöffnet hätte?
Nein, auf keinen Fall. Ich finde, der ORF macht supermutige Sachen – schau dir »Braunschlag« an. Man darf ihn nicht unterschätzen. Aber es gibt so einen Schritt davor, den er nicht bedient. Und das ist dieser erste Schritt zur Talentförderung. Deswegen: God praise das Kleine Fernsehspiel, das so etwas möglich macht. Ich glaube, dass wir in Österreich auch so etwas brauchen.
»Blutgletscher« wird seine internationale Premiere beim Filmfestival von Toronto feiern. War die Vorarbeit von »Rammbock« für diese Connection ausschlaggebend?
Auf jeden Fall. »Rammbock« ist in der Genre-Community, die ich total zu schätzen gelernt habe – eine fantastisch vernetzte Community, die irrsinnig meinungsbildend im Netz ist – mit Kusshänden empfangen worden. Deshalb legen die gerade auch den Teppich für »Blutgletscher« hin. Die Erwartungen sind hoch, kaum jemand hat den Film bis jetzt gesehen. Mit Zombiefilmen ist es immer ein bisschen leichter als mit einem Monsterfilm. Es freut mich aber sehr, dass der Film auf einem Festival wie der Toronto Midnight Madness läuft. Das ist in diesen Kreisen der wichtigste Platz. Von dort aus geht es dann nach Sitges, zum Fantastic Fest in Austin und so weiter. Das ist ein schöner Start für den Film.
War es das Ziel, einen Monsterfilm der alten Schule zu machen?
Was uns interessiert hat, waren genau die Horror- oder Science-Fiction-Filme, die uns auch als Kinder interessiert haben. Jene, wo das Monstrum im Kopf des Betrachters entsteht. Denn das ist natürlich viel schrecklicher und abscheulicher als das Monster, das ein Grafiker an seinem Computer zeichnet. Dafür haben wir viele, meist alte Horrorfilme studiert, zum Beispiel »Tremors«, »The Blob«, »Dog Soldiers« oder die ersten drei »Alien«-Teile.