Multireal zwischen Spiel und Nichtspiel

"Elder Scrolls Online" erzählt nicht wie der Witcher. Aber es steckt voller erinnerungswürdiger Geschichten. Sie entstehen aus dem unplanbaren Miteinander der Spieler.

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Kurz nach "The Witcher 3" ist mit "ElderScrolls Online: Tamriel Unlimited" ein zweiter Rollenspielriese in den Ring gestiegen um Konsolenspieler über den Sommer hinweg und weit darüber hinaus zu beschäftigen. Mutig. Denn „The Witcher 3“ ist als erstes Spiel seit „GTA 5“ dem Hype gerecht geworden und hat Rollenspiel-Geschichten auf ein ganz neues Level gehoben. Aber online ist eben nicht gleich offline und so setzt „Elder Scrolls“ dem weißhaarigen Miesepeter dann doch einiges entgegen.

Die ersten Stunden in der gewaltigen Welt Tamriel sind dann aber doch ein bisschen ernüchternd, wenn ich gerade noch durch mit dem Witcher den Untergrund von Novigrad aufgemischt habe, um dann mit einem Schiff auf die pittoresken Skellige-Inseln überzusetzen.

Grafisch kann online eben genau so wenig mithalten wie beim klassischen Geschichten-Erzählen. Da entdecke ich zwischen im Wind wehenden Birkenästen einen verlassenen Gebäudekomplex und treffe, unter Anspannung nach einem Monster suchend, auf einen alten Bekannten aus den Vorgängerspielen, dort stürme ich als mutiger Retter in der Not in ein Goblin-Camp, das bereits von elf anderen Spielern auseinandergenommen wird, die mir die Quest-Items vor der Nase wegschnappen. Und dem Lagerkommandanten muss ich dann auch nur noch einmal mein Schwert auf den Helm hauen bevor er zusammenklappt – die restlichen Jungs und Mädels haben ihn schon ausreichend bearbeitet. Dafür spawnt er auch schon wieder, während ich noch die Habseligkeiten seiner gefallenen Untertanten in meinen viel zu kleinen Beutel stopfe.

Derlei Vergleiche sind natürlich unfair, auch wenn sie aufgrund der zeitlichen Nähe der Release-Tage und der Genrezuweisung auf der Hand liegen. Aber ab Level 10 beginnt sich das Bild von „Elder Scrolls Online“ zu drehen und das Spiel entfaltet mehr und mehr sein gewaltiges Potenzial: Das Miteinander. Online at it’s best.

Auf Facebook und in Foren rekrutieren Gilden Mitglieder, Spielende werben mit ihren Handwerklichen Fähigkeiten und virtuelle Vampire bieten Bisse gegen Gold. Und ab dem ersten Ausflug in ein Mehrspieler-Verließ schreibt „Elder Scrolls“ seine ganz eigenen Geschichten. Unabhängig von jedem Skript, konfuser als die Abenteuer des Hexers aber eben auch menschlicher; weil MMORPGs (was für eine schöne Abkürzung) sukzessive die Grenzen des Magic Circles zwischen Spiel und Nicht-Spiel untergraben und perforieren und so einzigartige, multireale Erlebnisse kreieren.

Abenteuer, in denen mich ein katzenhafter Assassine in tiefstem Berlinerisch über die Vorzüge von Zweihandwaffen aufklärt, während wir eine gewaltige Höhle von fetten Spinnen befreien und in denen sich dann plötzlich unsere Heilerin in Luft auflöst, weil ihr Freund die Katze entwischen hat lassen. Es ist alles einen Tick surrealer und dann doch wieder echter. Weil sich das alles eben nicht auf die Virtualität beschränkt und daher auch nicht unbedingt den Spielregen folgt. Faszination online eben. Und „ESO“ bietet eine gefährlich gute Gelegenheit sich darauf einzulassen.

»Elder Scrolls Online« ist bereits für Xbox One, PS4 und PC erschienen.

Bild(er) © Bethesda
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