»I Need You To Pencil In The Rest«, das dritte Album von Baswod, ist ein weiteres Argument dafür, auch einmal den Stillen etwas genauer zuzuhören.
Dass in der Ruhe die Kraft liegt, dass im Kleinen das wahre Große liegt, heißt im Umkehrschluss für uns jetzt auch: Im Leisen liegt das Laute, das Aussagekräfte, das Wort, das wirklich Gewicht hat. Vor allem, wenn die immer knapper und schlaffer werdende Aufmerksamkeitsspanne, diese fünfzehn Minuten nur mehr für jene reichen, die ihre Klappen am weitesten aufreißen, die am lautesten ihre billigen Botschaften in den Äther blasen.
Aber: Spätestens seit der Veröffentlichung von »Four«, dem zweiten Album von Baswod, sollte man mitbekommen haben, dass es mehr als nur lohnt den Leisen, in diesem Fall Dominik Linder, zuzuhören. Der eigentliche Kärntner und doch auch Wiener, der jetzt in Hamburg wohnt, hat damals, 2018, gar Erleuchtendes zu Tage gebracht und die Hörenden in diesen nie enden wollenden Strudel aus Melchancholie und Sehnsucht gezerrt. Zarter Indie-Pop mit der einfachen aber auch logischen Maxime der Reduktion: Klanglich und konzeptionell. Alle Songs waren einsilbig betitelt, nur »Sundays« und »City« zweisilbig. Geschenkt.
Der Rückkehrer
Und nun, ja, in zwei Jahren fließt viel Wasser die Donau und auch die Elbe hinunter, Linder hat den Brotjob an den sprichwörtlichen Nagel gehängt, sich auf die Musik konzentriert – und: er ist gesprächiger geworden, Beispiele folgen. Album Nummer drei heißt »I Need You To Pencil In The Rest«, die Stücke heißen etwa »Move To A Strange Place That’s Called Like An Unknown Actor«,»Fold Or All That We’ve Become Will Be So Far From What We Want«. Aufmerksame Lesende dürften über den Album-Titel gestolpert sein: Es ist ein Zitat von »My Backwards Walk« der traumhaft wahrhaftigen schottischen Gruppe Frightened Rabbit, deren Sänger Scott Hutchinson ja auf so dramatische Weise verstorben war, wenige Monate nachdem »Four« erschien.
Auch Baswod kehrt ein Stück weit zurück, auf diesem Album, das so introspektiv und auch introvertiert, und kehrt dennoch das Innerste nach Außen, in dem er einige Blicke in die Vergangenheit offenbart: Kindheitserinnerung, Aufwachsen, solche Dinge. Das große Thema, gleichzeitig eben dieser Dualismus von Innensicht und Außenwahrnehmung, ist die Identität. Wie viel gibt man von sich preis? Wie viel behält man lieber für sich? Zu einer fragilen Klanglandschaft, aufgenommen von Klavier, Gitarre, Cello sowie mit allen gewöhnlichen und ungewöhnlichen Rhythmusinstrumenten wie Tischen, Flaschen und Holzböden, entlockt Linder gar nicht so viel von sich selbst, sondern lässt immer wieder Leerstellen, Interpretationsspielraum. Ganz als müsste man den Rest selber ausfüllen.
Baswod stellt sich auf »I Need You To Pencil In The Rest« somit selbst zur Diskussion: Er liefert eine zart instrumentiere Dream-Folk-Schablone, in der sich jeder selbst projizieren kann.
»I Need You To Pencil In The Rest« von Baswod ist am 31. März 2020 bei Sarah Bart Records erschienen.