Hasspostings vor die Twitter-Zentrale sprühen. Patrioten ihre Rechtschreibfehler vorhalten. T-Shirts und Kopftücher mit Parolen bedrucken. Die Kunst kennt viele Arten, auf rechte Hetze zu antworten. Manche schockieren, die meisten haben Schmäh.
Hilfe zur Selbsthilfe oder: Grammar-Nazis und Gewand
In Deutschland gingen 2014 und 2015 bundesweit die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) auf die Straße, gaben sich als Schlägertrupp der Pegida. Als direkte Reaktion darauf wurden im Oktober 2014 die „HoGeSatzbau“ ins Leben gerufen, die „Hooligans gegen Satzbau“. Das ist eine völlig gewaltfreie, dafür umso bissigere Gruppe aus Berlin. Sie macht es sich zur Aufgabe, „sogenannte Rechts-Schreibung“, also Tippfehler in hetzerischen und vorurteilsbehafteten Kommentaren selbsterklärter Patrioten bloßzustellen. Daneben versuchen sie auch immer wieder, „Populismus, Meinungsmache, Fake-News und Verrohtheit“ mit Fakten abseits des DUDEN zu widerlegen.
Die beispielhaften Blogposts von HoGeSatzbau lesen sich sehr lustig. Fraglich ist, ob AfD-, FPÖ- und stockkonservative Wähler wirklich zum Umdenken bewegt werden können, wenn Grammar-Nazis sie vor allem auf ihre Unachtsamkeit oder Rechtschreibschwächen reduzieren. HoGeSatzbau agieren aber nicht nur im Web, wie dieses Video zeigt:
HoGeSatzbau finanziert sich durch Spenden, eine Kooperation mit der Amadeu-Antonio-Stiftung und den Webshop „Dudenstern“. Hier verticken sie Gewand im Retro-Look mit ironischem Inhalt („Triumph des Wissens“) oder Rechts-Schreibung („Linkes Komponistenpack“, „Weit Pauer“, „Korrekturensohn“), alles natürlich in gotischen und ähnlichen Schriftarten.
Überhaupt spielen Klamotten, gerade in Verbindung mit Popkultur, eine Schlüsselrolle in allen politischen Strömungen und Subkulturen. Die Jusos in Mecklenburg-Vorpommern gründeten beispielweise das populäre Satireprojekt „Storch Heinar“ als Kampfansage an das Nazi-Streetwear-Label Thor Steinar. Die Ostdeutschen vertreiben auch Storch-Heinar-Gewand in Thor-Steinar-Optik.
Etwas subtiler geht es die Nazi-Aussteiger-Initiative Exit an. 2011 brachte sie, als Szene-Firma getarnt, bei einem Rechtsrock-Festival Leiberl mit dem Motto „Hardcore Rebellen – National und Frei“ unter die Leute. Der Clou: Nach der ersten Wäsche verschwand der rechte Aufdruck. Zum Vorschein kam der Satz: „Was dein T-Shirt kann, kannst du auch – Wir helfen dir, dich vom Rechtsextremismus zu lösen“, Kontaktdaten von Exit inklusive. Eine ähnliche Trojaner-Taktik wendet „Hass hilft Die unfreiwillige Online Spendenaktion“ an. Für jedes Hassposting, auf das Partner der Initiative antworten und diese verlinken, wandert ein Euro an Exit und eine Asyl-NGO.
„Hass hilft“ wird von fischundfleisch mitfinanziert. Die Blogging-Plattform steht in der Kritik, rechte Hetze allzugerne selbst zuzulassen (Stichwort Clickbait), etwa hier, hier und hier. Das führt uns nach Österreich, wo Strache-Kopftücher und Frauenpower Rechte auf die Palme bringen.