New York City Vibe

Vampire Weekend fühlen sich pudelwohl in der Zitathölle Pop. Im Gespräch mit The Gap erteilt Ezra Koenig Retro eine klare Absage und erklärt, warum das neue Album in der Popvergangenheit schwelgt und trotzdem die Qualitätskontrolle besteht.

Simon Reynolds macht in seinem Buch "Retromania" eine interessante Unterscheidung zwischen subjektivem und objektivem Retro. Bei dem Einen handelt es sich um die Sehnsucht nach einem bestimmten Gefühl, während bei dem Anderen Stil und Handwerk wichtig sind. Welches von beiden trifft zu, wenn ihr etwas aus der Vergangenheit benutzt?

Ich denke, wir beziehen uns gerne auf Ideen und Gefühle. Wir benutzen immer das Wort Vibe, wenn wir über Musik reden. Es hat sehr viel mit Erinnerung zu tun und dem vagen Gefühl von einem Ort oder Ding. In unserer Musik gab es immer viele Anspielungen auf Erinnerung und Orte, weil wir eine Stimmung, eine kleine Welt, erschaffen wollen. Sicher kann man viele Vergleiche heranziehen, unsere Musik hören und sagen, sie zitiert dies und das. Mir gefällt der Gedanke, dass unsere Band in keiner anderen Zeit hätte existieren können. Wir wollen nicht, dass unsere Musik klingt wie aus den 60ern oder 80ern. Wir wollen, dass sie klingt, als könne sie nur heute entstehen. Jeder, der Musik macht, bezieht sich auf Vergangenes. Es ist unmöglich, das nicht zu tun. Sogar die futuristischste Person baut auf ihre Vorgänger auf. Uns ist sehr wichtig, dass unsere Musik modern ist – deswegen haben wir modern im Titel stehen. Wir sind an Retro nicht interessiert.

Ihr hattet diesmal mehr Zeit und konntet es euch leisten, Tracks noch einmal zu überdenken und zu Ende zu entwickeln. Kannst du beschreiben, wann du weißt, dass ein Song fertig und komplett ist?

Es ist hart. Manchmal muss man einen Schlussstrich ziehen und einfach sagen "wir haben unser Bestes gegeben". Es wird besser mit der Zeit. Das Wichtigste ist, zu warten, bis man von jedem Song begeistert ist. Bei uns schaffen es Songs nicht weit, außer wir glauben wirklich an sie. Wenn wir etwas schreiben, das wir ok finden, verbringen wir vielleicht ein paar Stunden damit, aber nicht mehrere Wochen oder Monate. Man muss einen Song wirklich lieben, um so lang an ihm zu arbeiten. Wenn wir also noch nicht das richtige Level erreicht haben, müssen wir auf mehr Ideen warten. Eine der wichtigsten Sachen in einer Band ist Qualitätskontrolle. Oft hören sehr talentierte Bands auf, sich um die Qualitätskontrolle zu kümmern und lassen ein paar mangelhafte Songs auf den Markt. Wir möchten von jedem überzeugt sein. Wenn ich jetzt auf drei Alben zurückblicke, hat natürlich jeder unserer Fans seine eigenen Lieblinge, aber es fühlt sich so an, als sei jeder Song der Lieblingssong von irgendjemandem. Weil es uns auch so geht. An irgendeinem Punkt war jedes Stück, das wir veröffentlicht haben, einmal unser Lieblingssong.

Also würdet ihr nie eine Compilation mit unveröffentlichten Sachen machen?

Da gibt es nicht so viele gute Songs. Wir haben ein paar für Soundtracks gemacht. Viele Fans mögen "Ottoman“ aus dem Film "Nick And Nora’s Infinite Playlist". Der hätte auf einem Album sein können. Er bekam dann so etwas wie ein zweites Leben, weil Kid Cudi darüber gerappt hat. Irgendwann können wir die Leute ein paar andere Sachen hören lassen, aber wir packen wirklich das Beste, was wir zu bieten haben, auf die Alben. Es ist nicht so, als würden wir etwas verstecken. (lacht)

„Modern Vampires Of The City“ erscheint am 13. Mai bei XL Recordings.

Bild(er) © Alex John Beck, Vampire Weekend
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