„Diese Kuh war nicht reitbar“

Vea Kaiser legt nach. Anlässlich des Erscheinens ihres zweiten Romans "Makarionissi" hat die österreischische Erfolgsautorin sehr offen mit uns geplaudert – von Homer bis Stalking, von Ronja von Rönne und Andreas Gabalier bis zur Kuh Miriam. Eine lesenwerte Interview-Odyssee.

Nachdem wir Veas Lokalkonzept diskutiert haben, fragte ich sie über Mythen um ihre eigene Person. Sie erzählte, dass sie oft für klein gehalten werde, woraufhin wir – frage nicht – irgendwie auf die Probleme des Online-Datings zu sprechen kommen. Wir steigen wieder ein bei …

… du wirst dieses Interview wohl gegenlesen wollen?

Nein, ich habe Tinder jetzt schon in mehreren Interviews verteidigt und ich verteidige es weiter! Ich werde öfters gefragt, wie es ist, so einen hohen Bekanntheitsgrad zu haben – weil das bei Schriftstellern vermutlich auch eher ein ungewöhnliches Phänomen ist. Ich antworte dann immer, dass das toll ist, weil man seine Meinung sagen kann und blabla.

Aber der größte Scheiß ist halt, wenn du Single bist. Lern mal Menschen kennen, die dich nicht vorher gegoogelt haben oder so. Da ist Tinder super. Ich war da unter Fake-Namen, hab gesagt, ich studiere Altgriechisch und verdiene halt ab und zu ein bissl Geld mit Texte-Schreiben … Dann hatte ich ein Date – und am Nebentisch saßen Menschen, die mich erkannt haben. Die haben natürlich sofort gecheckt, was da läuft – dass ich da grade versuche einem Menschen vorzuspielen, dass ich jemand anders bin (lacht). Aber jedenfalls ist Online-Dating cool, wenn man keine Lust hat, gleich seine ganze Biografie offenzulegen.

Sind eigentlich auch mal unangenehme Leute hinter dir her?

Ich bin aus meiner letzten Wohnung unter anderem deshalb ausgezogen, weil immer wieder ein Typ in meinem Stiegenhaus stand, der meinte, er sei der Freund meiner Nachbarin und stehe am Gang, um zu rauchen. Das ging wochenlang so und er wurde immer zudringlicher. Dann habe ich einmal die Nachbarin darauf angesprochen, dass ihr armer Freund immer nur am Gang steht. Sie sagte dann, sie habe gar keinen Freund. Dann hab ich gecheckt, dass der Hawi irgendwie rausgekriegt hat, wo ich wohn …

… es gibt da leider schon immer mal wieder sehr unangenehme Typen.

Und Frauen?

Da ist es eher klassischer „Hate“. Ich habe zum Beispiel zwei Journalistinnen, die in meinem Alter sind, Interviews gegeben. Journalismus, Literatur, Kunst – das ist so eine Männerdomäne und gerade deswegen wollte ich das besonders gut machen, habe mir da wirklich Zeit genommen und so weiter. Die haben mich beide dermaßen in die Scheiße geritten. Die eine hat alles verdreht, die andere ist – obwohl eigentlich ausgemacht war, dass sie ein Interview mit mir macht – mit einem Fotografen in mein Heimatdorf gefahren und hat dort einfach alle Leute, die sie auf der Straße getroffen hat, zu mir befragt.

Welche Fragen zu Feminismus werden dir oft gestellt?

Grade bei „Makarionissi“ kommt halt oft „Wie feministisch sind Sie eigentlich?“. Dann sage ich, dass ich immer feministischer werde.

Weißt du wie oft ich darauf angesprochen werde, dass ich ausschau wie ich ausschau? Wie oft passiert das einem männlichen Autor? Damit fängt es schon an, dass du dich immer für dein Aussehen rechtfertigen musst. Dann geht’s weiter zu so Sachen wie „Autorinnen als Mutter“. Wenn dann über Judith Hermann geschrieben wird: „Jetzt hat die ja ein Kind gekriegt, das merkt man dem Text an.“ Was ist das für eine sexistische Scheiße? Hast du eigentlich diesen Ronja von Rönne Text mitbekommen?

Ja, mehrere. Leider. Du meinst jetzt „Warum mich der Feminismus anekelt“ …

… dieser Text hat mich so aufgeregt. Dann habe ich darüber nachgedacht und muss sagen: Wenn ich 22 gewesen wäre und mich jemand gefragt hätte: „Wie stehst du zu Feminismus, magst du da nicht mal etwas drüber schreiben“, hätte ich es vermutlich auch gemacht. Jetzt bin ich 26, habe vier Jahre im Kulturbetrieb erlebt und verstanden, dass es den Feminismus nach wie vor so sehr braucht. Ronja Larissa von Rönne ist ja auch nur ein Opfer von irgendwelchen älteren Herren bei der Welt, die da ein manipulierbares Wutkind entdeckt haben, das man so was schreiben lassen kann. Die verrät sich selbst.

Ich glaube halt ihr Problem ist vor allem, dass sie nicht versteht, was Feminismus ist. Dass das Wesen von Feminismus kein feindseliges per se ist oder z.B. darin besteht, andere Frauen zu hassen, weil sie geschminkt sind etc.

Darüber regen sich doch heute wirklich nur noch Omas, 70+ und so Leute wie Sigrid Löffler auf. Bei Menschen ab 70 muss man sich halt auch fragen, wie viel sie noch von dem, was passiert, verstehen. Ich schätze alte Menschen sehr, aber Peter Handke sollte halt zum Beispiel auch nicht mehr schreiben.

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Bild(er) © Vea Kaiser: Ingo Petramer, Cover: Kiwi
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