Österreich hat (ein bisschen) Stil

Ob Wien das Zeug zur internationalen Modestadt hat und wie die Zukunftsperspektive österreichischer Designer aussieht, dazu haben wir uns auf der Vienna Fashion Week umgehört.

Förderungen: mangelhaft

Seit sechs Jahren ist Peschev nun als Fashiondesignerin tätig. Ein Schwachpunkt in der österreichischen Designerszene ist für sie definitiv die fehlende finanzielle Unterstützung für Jungdesigner. Einen Schritt in die richtige Richtung mache zwar die AFA, die Austrian Fashion Association, die wurde aber erst 2013 gegründet – ob die AFA künftig langfristige Unterstützung für Nachwuchstalente bieten kann, wird sich noch zeigen. Auch der Designer Claus Tyler beanstandet die fehlende Unterstützung für Jungdesigner in Österreich, nicht nur aus finanzieller, sondern auch aus marketingtechnischer Sicht. Tyler kritisiert vor allem die schlecht nachvollziehbare Vergabe von Förderungen; es würde zu oft "auf das lahme Pferd gesetzt, während das gesunde erschossen wird."

Außerdem sind nationale Mode sowie Designer aus dem eigenen Land in Österreichs Magazinen sowie in der Werbung einfach zu wenig präsent. Zum Vergleich: In Deutschland hat fast jedes Modemagazin ein langfristiges Jungdesigner-Förderprogramm, das über mindestens zwei bis drei Saisonen geht. In Österreich werden dagegen aufstrebende Fashiondesigner zwar immer wieder kurz gepusht und erfahren auch mediale Aufmerksamkeit, geraten aber auch schnell wieder in Vergessenheit. Da vor allem bei jungen österreichischen Labels zumeist noch kein Geld für vernünftige Eigenwerbung da ist, erschwert sich natürlich die Etablierung. Deshalb gehen gerade Jungdesigner sehr schnell unter neben den großen Modediscountern, insbesondere, wenn auch diese mit Designerkollektionen werben.

Kauft mehr heimische Mode!

Ein weiteres Problem der österreichischen Fashionszene ist die Einstellung der Österreicher zur Mode aus dem eigenen Land. Dieser wird nämlich eher wenig Beachtung geschenkt, vor allem, seit der Siegeszug der großen Textildiskonter für einen kompletten Wertewandel in Sachen Mode gesorgt hat. In Paris zum Beispiel ist trotz der Fashion-Globalisierung das Verhältnis zur inländischen Mode vollkommen anders als in Wien: In Paris erfahren auch kleine Labels eine viel stärkere Beachtung und können sich deshalb langfristig halten, während in Wien eigentlich ein ständiges Kommen und Gehen kleinerer Designerstores herrscht.

Zukunft: Könnte gut werden

Es gilt also noch viel zu tun und zu verändern – sowohl bei den Wienern als auch von Seiten der Wirtschaft –, damit Wien zu einer richtigen Modestadt heranwachsen kann. Mit der Vienna Fashion Week wurde aber definitiv ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. Namhafte internationale Stylisten, auch für Jungdesigner leistbare Shows, ein vorurteilsfreies Publikum und Veranstalter, die nur wegen ihrer Liebe zur Mode im Organisationskomitee sitzen: mit diesen Voraussetzungen könnte Wien vielleicht auch bald zu einem Fixstern am Fashionhimmel werden – so prognostiziert der österreichbegeisterte Designer Juan Carlos Gordillo.

Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Praxis-Seminars am Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW entstanden.

Die Vienna Fashion Week fand dieses Jahr vom 7. bis zum 13. September im Museumsquartier statt – zum mittlerweile siebten Mal. Insgesamt 70 Designer aus aller Welt präsentierten ihre neuen Kollektionen, darunter unter anderem auch die Österreicher Andreas Eberharter und i>Claus Tyler.

Bild(er) © Copyright: 1: Thomas Lerch; 2-4: Rafaela Khodai
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