Once Upon A Time

Retro-Serien gab es schon immer. Im Zuge des neuen Serienbooms gewinnen sie wieder an Bedeutung. Aber warum interessiert uns das eigentlich so sehr?

Retro / Aber warum?

Es kommt nämlich nicht von ungefähr, dass gerade besonders viele Serien in den 1960er bis 1980er spielen. Neben Sixties-Serien wie »Mad Men« und »Masters Of Sex« spielen auch die an dieser Stelle schon besprochenen Period-Pieces wie »Halt And Catch Fire« oder »The Americans« in diesem Zeitraum. Sozialpsychologisch gilt es als gesichert, dass man insbesondere im Alter von 40 bis 60 den sehr emotionalen Blick auf die eigene Vergangenheit und ihre Lebenswelten richtet, sei es Mode, Musik oder andere Devotionalien. 1963 wurden die meisten Österreicher geboren, in den USA lag der Rekord bis vor Kurzem im Jahr 1959.

Was das alles mit den Jungen zu tun hat? Die meisten Menschen in der US-amerikanischen Film- und Fernsehbranche sind Babyboomer, die Medien (also sie selbst) reagieren darauf und machen »retro« zum kulturellen Phänomen, dem sich auch Jüngere nicht entsagen können. Nostalgie gibt es also eigentlich schon seit immer, existiert als Lebensgefühl aber erst, seitdem sich die vergangenen kulturellen Phänomene ins gegenwärtige Lebensgefühl integrieren können. Die NS-Generation konnte etwa ihre Retromanie nicht ausleben, die Jugend war (hoffentlich) nicht positiv besetzt.

Menschen geht es ja immer irgendwie schlecht, Retro soll diesen Mangel ähnlich wie beim »Self Tracking« lindern. Bei diesem Trend vermisst man sich selbst, weil der Körper als letzte Einflusssphäre des »kleinen Mannes« gilt. Während wir uns wegen all der modernen Geräte nicht mehr authentisch fühlen, verschaffen uns ausgerechnet diese Tools wieder ein bisschen Gewissheit über uns selbst. Ein Blick in die Vergangenheit erfüllt einen ähnlichen Zweck. Wenn Selbstverständlichkeiten nicht mehr selbstverständlich sind, hilft oft ein Blick in den Spiegel und ins Gestern.

Retro / Heute

Manchmal sind Retro-Serien sogar wie Geschichtsunterricht, den man wirklich sehen will, wie etwa dem sehr guten »Manhattan«. Sonst leben sie oft vom sozialgeschichtlichen Aspekt: »Downton Abbey« oder »Mad Men« vermitteln vergangene Lebenswelten von verschiedenen Figuren und erklären sie, wie sie frontaler Unterricht oder ein paar Tagebuchaufzeichnungen niemals leisten könnte. Natürlich halten sie sich nie einfach nur an Fakten oder sind vollständig akkurat. Das sind Serien nie. Immerhin sollen sie uns etwas über das Hier und Heute sagen.

Serien spiegeln die Gesellschaft wider, sie sind Kinder ihrer Zeit. In einer Zeit, in der Fortschritt nicht mehr funktioniert, ist Retro eben mehr als ein Trend. Die erstarkte US-amerikanische Serienlandschaft reagiert darauf mit erhöhtem Output. Dabei geht es aber meistens gar nicht darum, was wer wann entschieden hat, um den Lauf der Menschheitsgeschichte zu verändern. Es geht vielmehr darum zu zeigen, dass die Menschen immer schon gleich waren. Egal ob mit Smartphone oder ohne.

Seit 22. September läuft »Gotham« immer montags auf Fox. Freitags kann man »The Knick« auf Cinemax sehen. »The Knick« startet am 25. November auf Sky Atlantic HD.

Bild(er) © Gotham: Fox; The Knick: Cinemax; Manhattan: WGN America; Downton Abbey: ITV.
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