Pantheistisches Musiktheater

Sigur Ros‘ Frontmann Jonsi war vergangenen Samstag in der Arena. Die Bühne wurde bei ihm zur Arche Noah.

Tiere hat man in den letzten beiden Jahren eigentlich schon zu Genüge gesehen. Auf T-Shirts haben sie uns verfolgt und auch in Bandnamen sind sie derzeit ungefähr so präsent, wie das "The"-Bands Anfang der Nuller Jahre waren. Bei Jonsi bevölkern sie Bühne von der ersten bis zur letzten Sekunde. Ständig huschten da Ameisen, dort Eulen, mal Schmetterlinge oder ein süß hin gekritzeltes Rehkitz über den Schirm. Überhaupt war Natur bei dem Konzert des Sigur Ros Sängers das bestimmende Thema, selbst die kostümierten Bandmitglieder wirkten wie Schamanen, die sich im Auftrag von einigen Waldgeistern aufmachten ein Welt- und Musiktheater auf die Bühne zu stellen. Mutter Erde winselt leise, Jonsi verstärkte sie.

Dabei war es beeindruckend wie Jonsi die ausverkaufte Arena fesselte: kein Mucks kam aus dem Publikum, als die Band in einem Song eine lange Pause einlegte und erst als Jonsi sichtbar von seinem Mikro zurückwich, brach der Saal in Jubel aus. Man muss nun derartiges Naturtheater nicht mögen – insbesondere dann, wenn es den Klischees von Jonsis "Heima" Island als ein Land der Feen und Geysire so widerstandlos in die Hände spielt –, aber als genau diese geschlossene Welt funktionierte das Konzert allerdings prächtig. Mitsamt den Visuals und inklusive natürlich wirkenden, gelblichen Leuchten rund um die Bühne. Nur zweimal brach die moderne Technik hörbar in das Konzert ein: als sich Jonsi kurz vor der Zugabe an den Stimmeffekten zu schaffen machte und einen Loop wild cuttete; und ganz am Ende als die Band mit einer anschwellenden Noiseflut die aufgestauten Gedankenbündel fortspülte. Da war die Inszenierung beendet; Katharsis gehört zu jedem guten Naturtheater.

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