Partielle Auferstehung einer Legende

Am 23. März gastiert der ehemalige Bassist der legendären Post-Punk-Band Joy Division und spätere Mastermind von New Order Peter Hook mit seiner aktuellen Formation The Light im Flex, um das Meisterwerk einer ganzen Generation „Unknown Pleasures“ live zum Besten zu geben, während seine ehemaligen Bandkollegen Bernard Sumner und Steven Morris ihre eigenen Wege gehen und ebenfalls die Songs von Joy Division und New Order live vermarkten. Gerald C. Stocker stellte dem Musiker im Vorfeld seines Auftritts in Wien ein paar Fragen.

Wenn wir die Musik heute wieder spielen, muss man in Betracht ziehen, dass der Großteil des Publikums nicht die Chance hatte, Joy Division live zu sehen, und somit auch diesen damaligen Livecharakter nicht kennt. Deren Referenzpunkte sind die Studioalben. Und so arbeite ich heute mit der Band hart daran, gewissenhaft den Studiosound und gewisse Aspekte der Liveshows zu vereinen. Ich denke, wir werden von Mal zu Mal besser.

Natürlich vermisse ich Ian. Natürlich sollte er heute immer noch da oben stehen, um mit mir gemeinsam seine Songs zu singen. Aber das Wichtigste ist, dass niemand von uns auch nur irgendwie versucht, so wie Ian zu sein. Weil das niemand kann. Wir fokussieren uns auf unseren Job und geben unser Bestes.

Wie empfindest Du das Publikum der aktuellen Tour? Sind das vorwiegend alte Fans oder auch jüngere Menschen im Alter deines Sohnes? Und was erzählst du denen, wenn sie dich über Joy Division fragen, außer natürlich, dein Buch zu lesen?

Hook: Also um ehrlich zu sein, habe ich schon gedacht, dass das Publikum einer älteren Generation angehören würde, so wie ich. Aber ich bekam einen echten Schock, als ich sah, dass das Publikum vom Alter her sehr gemischt war. Ich habe Leute gesehen, die jünger waren als mein Sohn, der gerade mal 23 Jahre ist, aber dann auch wieder Leute, die älter als ich sind – und ich bin immerhin schon 57. Es ist fantastisch zu sehen, dass diese Musik Menschen aller Generationen und Herkünfte anspricht. Wenn mich Menschen über Joy Division fragen, versuche ich ihnen die Wahrheit zu sagen, und die beste Antwort, die ich geben kann, steht nun mal in meinem Buch geschrieben.

Wie ist es für dich mit deinem eigenen Sohn in der Band zu spielen? Kannst du in ihm ein wenig den Blueprint von dir selbst erkennen?

Hook: Es ist ein wunderbares Gefühl, die Konzerte gemeinsam mit meinem Sohn zu spielen. Es macht großen Spaß, ihn dabei zu haben. Er ist ein großartiger Bassist auf seine eigene Weise und arbeitet hart, dass er alles richtig macht. Er ist so leidenschaftlich. Er stellt die Setlisten zusammen, und er weiß ganz genau, was das Publikum hören will. Er kann das von den Reaktionen der Leute ablesen. Er erinnert mich tatsächlich manchmal in seiner Art wie er den Bass spielt an mich. Ganz tief unten hängend, wie es sich gehört.

Wie bewertest du die beiden Filme über Joy Division – „Control“ von Anton Corbijn und „24 Hour Party People“ von Michael Winterbottom? Steckt darin ein Fünkchen Wahrheit oder bedienen sie irgendwelche falschen Mythen?

Hook: Also, das sind zwei ganz unterschiedliche Filme. „24 Hour Party People“ ist mehr eine Komödie, ein leichtherziger Blick auf die Arbeit von Factory Records. Wo hingegen „Control“ viel seriöser mit dem Thema umgeht und mehr auf die Band und im speziellen auf Ian fokussiert ist. Ich denke, es sind beides großartige Filme. Ich mag sie beide. Es ist schwer, meinen persönlichen Favoriten herauszupicken, weil sie, wie gesagt, so unterschiedlich sind. Aber ich würde sagen, dass ich mich selbst mehr in „Control“ erkennen kann, weil der Regisseur Anton Corbijn die Zeit rund um Joy Division mit uns miterlebt hat, und uns deshalb alle gut kennt. Er hat aus „Control“ ein sehr akkurates Porträt gemacht. In „24 Hour Party People“ hab ich mich selbst nicht wieder erkannt, aber es ist dennoch ein guter Film und in gewissen Momenten sehr witzig. Steve Coogan ist ausgezeichnet in seiner Rolle als Tony Wilson.

Gibt es eine Chance auf neues Material von Dir? Oder besteht sogar die Möglichkeit, dass du eines deiner früheren Sideprojects wie Monaco, Revenge oder Freebass wieder reaktivierst? Und ist der Bruch mit deinen früheren Bandkollegen von New Order ein finaler?

Hook: Ja, ich würde sagen, dass traurigerweise dieser Bruch zwischen mir und den Anderen ein finaler ist. Ich glaube, es gibt jetzt kein zurück mehr. Es läuft zurzeit auch noch eine Klage im Bezug darauf, wie sie von ihrer Seite eine vermeintliche Reformation auf geschäftlicher Ebene betrieben haben. Und es sieht nicht so aus, als würde diese Klage ein baldiges Ende finden. Es ist leider sehr dumm, aber so ist nun mal das Leben. Ich denke, es wird kein neues Material von einem der oben genannten Projekte geben. Aber ich bin immer noch sehr stolz darauf, was wir gemacht haben.

Eines Tages möchte ich gerne neue Songs mit meiner neuen Band schreiben, weil das großartige Musiker sind. Der Rest der Band hat schon neue Ideen und mit Demoaufnahmen angefangen. Aber da wir zurzeit so intensiv mit der Tour beschäftigt sind, weiß ich nicht, wann wir das nächste Mal Zeit haben, daran weiter zu arbeiten. Aber die Demos klingen gut. Deshalb hoffe ich, dass wir bald Zeit finden werden, daraus etwas zu machen. Ich möchte unbedingt mit diesen Jungs was herausbringen.

Danke für das Interview und bis bald beim Konzert in Wien.

Hook: Danke auch. Wir sehen uns.

Bild(er) © Peter Hook (Foto: Tom Cockram)
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