Perlen der Vergangenheit

„Schnitzelbeat“ ist zurück. Und im Gepäck sind wieder zahlreiche musikalische Raritäten aus dem österreichischen Underground der 1960er.

War es dadurch, dass die erste Compilation schon draußen war, nun einfacher für dich Material zu bekommen?

Ja und nein. Die Wertentwicklung einzelner Releases, die auf „Schnitzelbeat Vol. 1“ wiederveröffentlicht worden sind, war bereits vor dem Erscheinen der Compilation ziemlich rasant. Manche Tracks könnt ich mir heute also wahrscheinlich gar nicht mehr leisten. Da die Trash Rock Archives die wichtigsten österreichischen Veröffentlichungen aber ohnehin schon seit Jahren erfasst haben, ist das aber alles nicht weiter schlimm. Im Zuge der medialen Berichterstattung sind auch tatsächlich einige Sammler auf mich zugekommen, die noch mehr ultra-obskures oder unveröffentlichtes Material aus der österreichischen Beat- oder Rock-’n’-Roll-Ära in ihren Archiven hatten. Fraglos ein toller Synergieeffekt.

Woher nimmst du die Leidenschaft all die alten Platten zu sammeln? Wann wurde sie geweckt?

Das ist eine gute Frage. Wikipedia bezeichnet das Sammeln ganz allgemein als „eine systematische Suche“ zwecks „Beschaffung und Aufbewahrung von Dingen oder Informationen“. Das beschreibt eigentlich ziemlich genau das Tätigkeitsfeld und die Aufgaben der Trash Rock Archives: Das Aufstöbern und Sichern relevanter Materialien zu österreichischer Popgeschichte, wobei die gemeinnützige Ausrichtung der Arbeit eben hohe Relevanz hat.

Die Trash Rock Archives sind zu einer Zeit entstanden, als die Auseinandersetzung mit heimischer Musikhistorie noch nicht wirklich als “hip” oder “zeitgemäß” subsumiert wurde und eher als Betätigungsfeld bierbäuchiger „Austropop“-Papas belächelt worden ist. Es war wichtig den Anfang zu machen und immer wieder darauf hinzuweisen, dass es auch in Österreich tolle, lebendige Subkulturen gegeben hat, die es wert sind, erforscht zu werden. Zu wissen, dass man hier echtes Neuland betritt und gleichzeitig nachhaltige Spurensicherung betreibt, hat die Leidenschaft schon immer beflügelt.

Die Sammlung der Platten läuft vor allem über euer Kollektiv „Trash Rock Archives“. Wie groß ist mittlerweile eure Sammlung? Schon Raumprobleme?

Die physische Sammlung der Trash Rock Archives umfasst zur Zeit etwa 6.000 Vinyl-Tonträger sowie ca 1.000 Autogrammkarten, Zeitungsberichte, Plakate, Flyer zu österreichischer Popgeschichte ab den 1950er Jahren.

Was die Lagerung betrifft: Ja, klar. Da muss man sich laufend was überlegen. Aber ich denke, das sind Probleme, die eh jeder Plattensammler kennt. Irgendwann brauchst du halt ein zweites Expedit-Regal, dann ein drittes, ein viertes und so weiter.

Deine Partyreihe „Accordia – 1. Österreichischer Schallplatten-Club“ kennt man aus dem Rhiz. Kann man deine Auflegereien auch noch in anderen Wiener Lokalitäten bewundern?

Eigentlich spiele ich überall dort, wo Rare Tunes-DJ-Kultur geschätzt wird. Meine ersten DJ-Sets hatte ich mit 16 Jahren im Karlsplatz-Cafe. Damals ausschließlich mit 60s-Reissues und Repros. Mittlerweile bin ich doppelt so alt und habe schon sehr, sehr viele obskure und seltene Releases auf Flohmärkten und Börsen gefunden, auf Parties aufgelegt und manchmal auch wieder gehen lassen.

Record diggen hat einen sehr hohen Suchfaktor und hat mein Leben ziemlich in Beschlag genommen. Seit 2013 gibt es die, von euch angesprochene monatliche Veranstaltungsreihe im Wiener Rhiz. Meistens am letzten Freitag im Monat. Wer noch nicht da war, hat was verpasst.

Welches historische Kapitel der österreichischen Underground-Musikszene willst du unbedingt noch angehen und für die Öffentlichkeit ausgraben?

Da gibt es natürlich eine ganze Menge. Chronologisch möchte ich mit der Schnitzelbeat-Serie bis in die Mid-70er gehen: Die Sub-Genres Proto-Punk, Psychedelic Rock, Dialekt-Welle und Incredibly Strange Music bieten sich spontan für kommende Volumes an. Ich arbeite aber laufend an mehreren Releases gleichzeitig und hab mir angewöhnt, im Vorfeld nicht allzu viel auszuplaudern. Lasst euch einfach überraschen.

„Schnitzelbeat #2 – You Are The Only One“ (Raw Teenage Beat And Garage Rock Anthems From Austria 1964-1970) ist ab 18. September 2015 erhältlich, als LP (16 Songs) bei Digitone und CD (20 Songs) bei Konkord. Ebenfalls am 18. September könnt ihr um 21.00 Uhr zur Release-Party im Rhiz, im Rahmen des monatlichen Accordia-Schallplattenclubs.

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